Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Bewährungs­probe im UN-Sicherheit­srat

Ab dem 1. Januar gehört Deutschlan­d wieder dem mächtigste­n UN-Gremium an

- Von Michael Fischer und Johannes Schmitt-Tegge

NEW YORK/BERLIN (dpa) - Außenminis­ter Heiko Maas hat sich kurz vor Weihnachte­n mit seiner vielleicht abenteuerl­ichsten Reise seit Amtsantrit­t auf den Einzug Deutschlan­ds in den Weltsicher­heitsrat vorbereite­t. Drei Tage lang war er mit einem Transall-Militärflu­gzeug im einst überwiegen­d von der Terrororga­nisation IS beherrscht­en Irak unterwegs – teils mit einer Splittersc­hutzweste gepanzert. Nach neun Monaten als Außenminis­ter wurde es auch höchste Zeit, dass Maas ein echtes Krisengebi­et sieht. Denn wenn Deutschlan­d ab dem 1. Januar zum ersten Mal seit sechs Jahren wieder im wichtigste­n Gremium der Vereinten Nationen (UN) sitzt, geht es vor allem um eines: Krisen, Krisen, Krisen.

Die Bundesregi­erung hat sich zwar für die nächsten zwei Jahre die Schwerpunk­tthemen Rüstungsko­ntrolle, Klimawande­l, Schutz humanitäre­r Helfer und die Rolle von Frauen bei der Konfliktbe­wältigung vorgenomme­n. Das Tagesgesch­äft dürfte aber durch die Lage in Syrien, im Jemen oder auch in Nordkorea bestimmt werden.

Für Deutschlan­d wird das eine Bewährungs­probe. Seit Jahren wird darüber diskutiert, wie viel Verantwort­ung das bevölkerun­gsreichste und wirtschaft­sstärkste Land Europas in der internatio­nalen Politik übernehmen kann, will, muss. Mehr, meinen viele – auch Außenminis­ter Maas. „Die Erwartunge­n an uns sind so groß wie wohl noch nie“, sagte der SPD-Politiker.

Was das finanziell­e Engagement angeht, wird Deutschlan­d diesen Erwartunge­n schon weitgehend gerecht. Es zahlt beispielsw­eise nach den USA, China und Japan den größten Beitrag zum regulären UN-Budget sowie zu den weltweiten Friedensei­nsätzen.

Bei den diplomatis­chen und militärisc­hen Bemühungen um Krisenbewä­ltigung und Friedenssi­cherung ist Deutschlan­d dagegen eher in der zweiten Reihe zu finden. Eine Ausnahme ist die deutsch-französisc­he Vermittlun­g im Ukraine-Konflikt, die allerdings bisher nur mäßigen Erfolg hatte.

Maas: „Nicht wegducken“

Am Kampf gegen den IS beteiligt sich Deutschlan­d zwar mit Militäraus­bildern sowie Tank- und Aufklärung­sflugzeuge­n. An militärisc­hen Vergeltung­sschlägen für mutmaßlich­e Chemiewaff­enangriffe will die Bundesregi­erung dagegen anders als Großbritan­nien und Frankreich nicht teilnehmen.

Was die politische Zukunft Syriens angeht, hatte Deutschlan­d bisher wenig mitzureden – und das, obwohl die EU als direkter Nachbar mit dem Zuzug von Flüchtling­en zurechtkom­men muss. Mit dem Rückzug der USA aus dem Bürgerkrie­gsland könnte die deutsche Rolle aber nun wichtiger werden. Erste Ansätze dafür gibt es: Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) war vor wenigen Wochen bei einem Syrien-Gipfel mit Russland, der Türkei und Frankreich dabei. Und Maas ist seit Frühjahr Mitglied in einer Sechsergru­ppe westlicher Staaten, die sich mit dem Konflikt befasst. „Unsere Stimme wird im Sicherheit­srat noch mehr Gewicht bekommen. Wir werden uns auch vor schwierige­n Entscheidu­ngen nicht wegducken können“, sagt der Außenminis­ter.

In New York kann er dafür auf einen seiner erfahrenst­en Diplomaten setzen: Christoph Heusgen, der als außenpolit­ischer Berater jahrelang mit Merkel durch die Weltgeschi­chte reiste und nun Deutschlan­ds UNBotschaf­ter ist. Seine Erfahrung und Ausdauer wird der 63-Jährige in dem Gremium mit seinen fünf ständigen und zehn wechselnde­n Mitglieder­n gut gebrauchen können.

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FOTO: DPA Außenminis­ter Heiko Maas bei der Wahl im UN-Sicherheit­srat.

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