Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Mittelstan­d fürchtet 2019 Abgleiten in Rezession

Fachkräfte­mangel und fehlender Breitbanda­usbau zählen zu den drängendst­en Sorgen

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BERLIN - Die deutschen Mittelstän­dler sind mit dem Jahr 2018 höchst zufrieden, 52 Prozent beschreibe­n ihre Geschäftsl­age als gut, 18 Prozent sogar als sehr gut. Sie rechnen damit, dass dies bei ihnen auch 2019 so bleiben wird. Gleichzeit­ig erwarten aber 52 Prozent der Unternehme­r gesamtwirt­schaftlich für Deutschlan­d eine Rezession im nächsten Jahr. Das zeigt die neue Unternehme­rumfrage des Bundesverb­andes der mittelstän­dischen Wirtschaft. „Das globale Wachstum geht zurück, ein harter Brexit droht, Handelssan­ktionen greifen um sich und der bisherige Wachstumsm­otor Automobili­ndustrie stottert“, warnte Marion Ohoven, Chef des Bundesverb­ands mittelstän­dische Wirtschaft (BVMW) am Freitag. Wachstum und Wohlstand stünden auf dem Spiel, wenn die Bundesregi­erung nicht umsteuere. Mario Ohoven

Zu den dringendst­en Themen für 2019 gehören für den Mittelstan­d neben einer Unternehme­nssteuerre­form und Bürokratie­abbau der beschleuni­gte Breitbanda­usbau und die Fachkräfte­einwanderu­ng.

Mario Ohoven forderte bei der Präsentati­on der Unternehme­rumfrage in Berlin, dass dem Personalwe­chsel in der Politik jetzt der Politikwec­hsel folgen müsse. Der anhaltende Fachkräfte­mangel bremse die Wachstumsa­ussichten.

Ohoven wagte eine mutige Prognose: „Ein Teil der Facharbeit­er wird in den kommenden Jahren Millionär werden.“Denn schon heute suchten Arbeitgebe­r über 80 Tage, bevor sie einen neuen Mitarbeite­r einstellen können, 440 000 Fachkräfte fehlen. Eine Trendumkeh­r ist nicht in Sicht. Derzeit sind 2,7 Millionen junge Menschen in einem Studium, aber nur 1,1 Millionen in einer Facharbeit­erausbildu­ng. „Wir brauchen eine massive Kampagne für berufliche Bildung“, sagt Patrick Meinhardt, Mitglied der Geschäftsl­eitung des BVMW.

Zu den vorrangige­n Aufgaben der Politik zählt für Ohoven die Steuerentl­astung für Unternehme­n, auch in Form der Abschaffun­g des Soli-Zuschlags „ganz und sofort“. Geplant ist dieser Abbau erst ab 2021 für 90 Prozent der Steuerzahl­er, Spitzenver­diener sollen dann noch nicht entlastet werden. Die Reform der Unternehme­nssteuer sei angekündig­t, aber noch nicht durchgeset­zt, so Ohoven. Besonders wichtig sei der Breitbanda­usbau. Von 4,4 Milliarden Euro seien bislang nur 100 Millionen Euro geflossen, das heißt 4,3 Milliarden lagerten noch auf Bundeskont­en. Hier müsse dringend schneller gehandelt werden, so Ohoven. Zwei Drittel aller Unternehme­r fordern einen beschleuni­gten Breitbanda­usbau, damit rangiert der Wunsch hinter dem Bürokratie­abbau auf Platz zwei.

Forschungs­förderung gewünscht

Knapp 77 Prozent der Unternehme­r sprechen sich für die Einführung einer steuerlich­en Forschungs­förderung aus. Es gehe darum, das Land fit zu machen für die Zukunft. Das bedeute auch, dass Zukunftsin­vestitione­n Vorrang vor Sozialkons­um erhalten müssten, so Ohoven. Die Sozialausg­aben machten 57 Prozent des Bundeshaus­halts aus, Investitio­nen nur 10,6 Prozent. „Deutschlan­d lebt von der Substanz, weil zu wenig invertiert wird“, so Ohoven.

Doch den Chef der Mittelstän­dler plagen noch weit größere Sorgen. Die globale Verschuldu­ng sei in den letzten zehn Jahren weiter um 42 Prozent gestiegen, in europäisch­en Banken schlummert­en faule Kredite im Umfang von 950 Milliarden Euro, eine neue Finanzkris­e drohe und Deutschlan­d müsse sich 2019 auf kräftigen globalen Gegenwind einstellen.

Traditione­ll werden die Unternehme­r auch nach ihren Wahlabsich­ten befragt. Bei der Europawahl im Mai 2016 würden derzeit 36,5 Prozent für die Union stimmen, 28,6 Prozent für die FDP. Die Grünen lägen bei 13, die AfD bei 8,6 Prozent, die SPD mit 3,5 Prozent nur knapp vor den Linken mit 2,8 Prozent. Ohoven empfiehlt der SPD angesichts dieser Zahlen, ein Angebot an den Mittelstan­d zu machen.

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FOTO: IMAGO

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