Schwäbische Zeitung (Laupheim)
„Es braucht Mut und Entscheidungsfreude von uns allen“
OB Gerold Rechle über gewachsenes Vertrauen, die Neugestaltung der Stadtmitte und die Themen Parken und Verkehr
LAUPHEIM - Was will Gerold Rechle tun, damit das Versorgungszentrum für Ober- und Untersulmetingen doch noch am Wunschstandort realisiert werden kann? Wie geht es in der Frage Rathaussanierung oder -neubau weiter? Diese und andere Fragen hat Roland Ray im ersten Teil des Silvester-Interviews mit Laupheims Oberbürgermeister erörtert.
SZ: Herr Rechle, das Jahr, in dem Sie Laupheimer OB wurden, geht zu Ende. Wo sind Sie, wo ist die Stadt 2018 entscheidend weitergekommen?
Rechle: Entscheidend war, dass es gelungen ist, in Gemeinderat, Verwaltung und Bürgerschaft durch transparente Prozesse und eine umfassende Informationspolitik gegenseitiges Vertrauen wachsen zu lassen. Dadurch ist eine Aufbruchstimmung erzeugt worden, die es uns ermöglicht, gemeinsam viele und auch sensible Projekte anzugehen. Sehr erleichtert bin ich, dass uns zusammen mit dem Landkreis der Durchbruch bei der Einrichtung eines Zentrums für Älterenmedizin im künftigen Gesundheitszentrum Laupheim gelungen ist.
Bei welchen Themen ging es aus Ihrer Sicht nicht so voran wie erhofft?
Beim Versorgungszentrum für Unterund Obersulmetingen. Und dies, obwohl wir mehrfach, auch zusammen mit den Vertretern beider Ortschaften, Gespräche mit den zuständigen Behörden geführt haben. Leider wird nach wie vor zu sehr geltendes Recht in Sachen Hochwasserschutz und Überschwemmungsflächen vorgeschoben, statt zusammen mit der Stadt nach pragmatischen und vertretbaren Lösungen zu suchen.
Was wollen Sie in der Sache weiter unternehmen?
Fakt ist, dass ein großer Bedarf an Nahversorgung für rund 3500 Einwohner vorhanden ist und unverändert nachhaltiges Interesse von Investoren bekundet wird. Deshalb werden wir als nächsten Schritt zu Beginn des neuen Jahres alle für ein Bebauungsplanverfahren maßgeblichen Behördenvertreter zu einer Ortsbesichtigung einladen. An den Regierungspräsidenten und den Landrat wird dazu eine persönliche Einladung ergehen. Unterstützend könnte auch die von Ortsvorsteher Elmar Dehler initiierte Online-Petition wirken, um den großen Bedarf für die beiden Ortschaften aufzuzeigen und den Handlungsdruck zu erhöhen.
2019 soll der Gemeinderat Farbe bekennen, ob das Rathaus saniert oder ein neues gebaut wird. Wo steht aktuell das Verfahren für den Architektenwettbewerb?
Ich bin zuallererst sehr froh und dankbar, dass der Gemeinderat den Grundsatzbeschluss gefasst hat, das Gebäude grundlegend anzugehen. Denn dies ist unabdingbar, um moderne Serviceleistungen für unsere Bürger und adäquate Arbeitsplätze für unsere Mitarbeiter schaffen zu können. Aktuell werden von der Verwaltung die notwendigen Unterlagen für den europaweiten Archi- tektenwettbewerb zusammengestellt. Dazu gehören insbesondere das konkrete Raumprogramm sowie Zusammensetzung und Modalitäten des Preisgerichts. Voraussichtlich im Februar soll darüber der Gemeinderat final entscheiden, sodass dann die Wettbewerbsaufgabe „Sanierung oder Neubau“ausgeschrieben werden kann.
Ganz gleich, welche Lösung es wird: Rathausmannschaft und Stadtbibliothek brauchen für die Zeit der Bauarbeiten ein Ausweichquartier. Die Bücherei kommt in der König-Wilhelm-Straße 7 unter; die Verwaltung, wie zu hören ist, in der früheren Rentschler-Zentrale in der Mittelstraße. Ist schon alles unter Dach und Fach?
Zu möglichen Übergangslösungen für die Stadtverwaltung möchte ich zum jetzigen Zeitpunkt nichts sagen und auch nichts bestätigen. Ich werde in Bälde einen Vorschlag zur vorübergehenden Unterbringung von Verwaltung und Bibliothek in die Ratsgremien einbringen. Noch im alten Jahr sind hierzu die wesentlichen Konditionen wie Mietdauer, Mietzins und Übernahme von notwendigen Investitionen verhandelt worden. Nach heutigem Stand ist angedacht, dass nach einer gewissen Umbau-phase der räumlichen Optionen die Stadtbibliothek im vierten Quartal 2019 und die Stadtverwaltung im Frühjahr/Frühsommer 2020 umzieht.
Beständig wird der Ruf nach mehr Parkplätzen in der Innenstadt laut. Bei den Haushaltsberatungen haben Sie Ihre Überlegungen dazu skizziert und Verhandlungen zu möglichen Parkhaus-Standorten angedeutet. Gibt es Ergebnisse?
Ich gehe davon aus, dass wir drei Parkhäuser an der Peripherie der Innenstadt sowie ein dazu passendes Parkleitsystem benötigen, um unsere Innenstadt signifikant entlasten zu können. Mit dem Bau des Parkhauses Rabenstraße, das den unteren Bereich der Mittelstraße mitversorgen soll, wird 2019 begonnen; die Vergabe hierzu findet im Januar statt. Für ein zweites Parkhaus/Parkdeck am nördlichen Rand hat die Stadt in den letzten Wochen ein Zugangsgrundstück in mittelbarer Nähe des Rathauses erwerben können. Auch hier wird 2019 eine Konzeption erstellt und die weitere Vorgehensweise in den Gremien beraten. Eine dritte größere Parkmöglichkeit ist im Bereich der Bronner Straße angedacht. Hierzu müssen aber nochmals grundsätzliche Erwägungen angestellt werden, in welcher Entfernung zum Marktplatz sie angeordnet werden soll. Ergänzt um die bereits vorhandenen Parkflächen am Kulturhaus und an der Bühlerhalle, auf die ein Parkleitsystem ebenfalls besonders hinweisen muss, könnten dann aus allen Richtungen kommend adäquate Parkplätze angeboten werden. Für alle künftigen Parkhäuser und -garagen gilt allerdings, dass sie ausreichend gut für die Entwicklung der E-Mobilität in unserer Stadt ausgerüstet sein müssen.
Zur Neugestaltung der Stadtmitte und für ein umfassendes Mobilitätskonzept braucht es aber gewiss mehr als Parkhäuser...
In der Tat. Ein Nahziel lautet, die mehr als 10 000 Fahrzeuge pro Tag, die direkt durchs Stadtzentrum und über den Marktplatz fahren, deutlich zu reduzieren. Die Neugestaltung der Kapellenstraße und eine damit verbundene Entschleunigung zur Stadtmitte hin einschließlich Geschwindigkeitsbegrenzung wird dazu der erste Schritt sein. Um möglichst viel Durchgangsverkehr erst gar nicht im Stadtzentrum zu haben, erfolgt nach heutigem Stand ab 2020 der Bau der Nord-West-Tangente zusammen mit dem Landkreis. Die Voraussetzungen für eine Südspange werden aktuell im Rahmen der beauftragten Verkehrsplanung und im Zuge der bevorstehenden Erschließung des Baugebiets „Am Mäuerle“untersucht. Entscheidend wird aber nach wie vor sein, ob es gelingt, rückläufige Mittel des Bundes aus der Umsetzung der Verkehrswegeplanung über das Land für den Anschluss der L 259 an die B 30 (Anschluss Laupheim-West) zu generieren.
Trotz dieser Bemühungen sei die skeptische Frage erlaubt: Kann in Sachen Verkehrslenkung im Stadtzentrum tatsächlich entscheidend mehr gelingen als bei früheren Anläufen? Straßen und Häuser kann man schließlich nicht verrücken.
Ich bin fest davon überzeugt, dass mit der aktuellen Verkehrs- und Mobilitätsplanung auch innerstädtisch Wirkungsvolles gelingen kann. Allerdings braucht es dazu Mut und Entscheidungsfreude von uns allen. Ich denke dabei auch über Einbahnregelungen für neuralgische Straßenbereiche wie das Nadelöhr am oberen Marktplatz/Hasenstraße oder die Abt-Fehr-Straße nach. Insgesamt freue ich mich auf einen spannenden Prozess in den nächsten Monaten, den wir auch mit der Lokalen Agenda Verkehr und allen Bürgerinnen und Bürgern besprechen wollen. Dazu gehört aber auch, wie wir uns den weiteren und durchgängigen Ausbau unseres Radwegekonzepts und den barrierefreien Ausbau des ÖPNV vorstellen.
„Ich bin fest davon überzeugt, dass mit der aktuellen Verkehrs- und Mobilitätsplanung auch innerstädtisch Wirkungsvolles gelingen kann.“
OB Gerold Rechle will das Stadtzentrum von Verkehr entlasten