Schwäbische Zeitung (Laupheim)
„Jetzt gehen wir den Aufstieg zur B 30 richtig an“
Jahresinterview Teil eins: Landrat Heiko Schmid über Straßen, Digitalisierung und die neue Kreisbrandmeisterin
BIBERACH - Dem Landkreis Biberach geht es prächtig, die Wirtschaft boomt, die Einnahmen sprudeln. Grund genug, viele Projekte umzusetzen und zu planen. Personell wird es im Jahr 2019 im Landratsamt einige Veränderungen geben, eine neue Kreisbrandmeisterin ist gefunden. Wie schätzt der Biberacher Landrat das kommende Jahr ein und wie zufrieden ist er bisher? Redakteurin Tanja Bosch hat mit Heiko Schmid gesprochen.
Herr Schmid, jetzt haben Sie die Hälfte Ihrer zweiten Amtsperiode hinter sich. Vier Jahre sind vergangen, vier weitere folgen. Gibt es etwas, das Sie zu diesem Zeitpunkt schon gerne erreicht hätten?
Zunächst: es wurde schon viel erreicht, wenn ich an die Flüchtlingsaufnahme, den Ausbau unserer Berufsschulen oder auch der Hochschulen denke oder an unser Abfallwirtschaftskonzept, die Verbesserung des ÖPNV, den Seniorenplan, um nur wenige Beispiele zu nennen. Natürlich wäre ich gerne schon in vielen Bereichen weiter. Thema Kliniken: da dachte ich vor sechs Jahren, dass der Neubau in Biberach heute schon stehen würde. Ich hätte auch das zweite Recyclingzentrum in Biberach gerne schon in Betrieb. Auch der Breitbandausbau könnte schneller vorangehen. Froh bin ich darüber, dass wir bei der B 312 so gut unterwegs sind, und jetzt gehen wir den Aufstieg zur B 30 richtig an. Ich hoffe, dass wir in 2019 einen wichtigen Teilschritt weiterkommen und die Lösung mit dem Tunnel voranbringen.
Und neben dem B-30-Aufstieg, welches sind die größten Herausforderungen fürs kommende Jahr?
Eine große Herausforderung ist nach wie vor die Gesundheitsversorgung im Kreis. Auf unserer Agenda stehen aber auch die Straßen, Radwege und Schienen, natürlich die Digitalisierung und wir wollen den ÖPNV noch attraktiver, barrierefreier, günstiger machen. Des Weiteren wollen wir mit der Schulentwicklungsplanung loslegen, die etwas für Unruhe gesorgt hat. Unsere Zielsetzung ist hierbei ganz klar: Neben dem großen Berufsschulzentrum in Biberach wollen wir die dezentralen Standorte Riedlingen und Laupheim stärken und zukunftsfest machen.
Das Feuerwehrwesen hat den Kreis auf Trab gehalten, zwei Kreisbrandmeister sind aus persönlichen Gründen gegangen. Mitte Dezember hat der Kreistag Charlotte Ziller gewählt. Sie wird am 1. März ihr Amt antreten und hat angekündigt, neue Impulse zu setzen. Wie werden Sie versuchen in diesem Bereich Kontinuität hineinzubringen?
Ich freue mich sehr auf die Zusammenarbeit mit Frau Ziller und bin glücklich, dass wir noch zum Jahresende eine Wahl im Kreistag treffen konnten. Es stehen Veränderungen an, auch was den Kreisfeuerwehrverband und den Kreisfeuerlösch- verband betrifft. Die neue Kreisbrandmeisterin, die insbesondere auch das Amt für Brand- und Katastrophenschutz leitet, nimmt dabei eine begleitende und nicht unerhebliche Rolle ein. Der Kreistag und ich haben schon eine gewisse Erwartung an die Kommandanten, Frau Ziller mit offenen Armen zu empfangen und sie tatkräftig zu unterstützen.
Die Worte Digitalisierung und Breitband fallen ziemlich oft. Es sind Begriffe, die für viele doch sehr abstrakt sind. Wie bringen Sie das Thema auf den Punkt?
Ich habe schon festgestellt, dass unter dem Begriff Digitalisierung jeder etwas anderes versteht. Fakt ist: Die Digitalisierung betrifft alle gesellschaftlichen Bereiche und jeden. Sie wird alles radikal verändern und hoffentlich auch vieles leichter machen. Digitalisierung geht weit über schnelles Internet hinaus. Es geht auch um die Zukunftsfähigkeit des Landkreises und auch darum, den Bürgern Wege zum Amt zu ersparen. Wir wollen, soweit es rechtlich möglich ist, die Daten laufen lassen, nicht die Bürger. Um die Veränderungen bewältigen zu können, braucht es ein Breitbandnetz, das wir als Kreis in den nächsten vier Jahren für mehr als 30 Millionen Euro mit Zuschüssen von Bund und Land von Gemeinde zu Gemeinde aufbauen wollen. Insgesamt wird mit unserem Backbone-Netz ein Investitionsvolumen von 300 bis 500 Millionen Euro begründet.
Ist der Landkreis Biberach im Vergleich zu anderen Kreisen zu langsam, wenn es um schnelles Internet geht?
Wir sind nicht schlechter als andere Landkreise, aber wir haben schon ein bisschen Zeit verloren. Bereits vor mehr als acht Jahren haben wir einen sogenannten Breitbandatlas herausgebracht, der die weißen Flecken aufdeckte. Damals konnten wir allerdings nicht selbst Hand anlegen, weil es keine Fördermöglichkeiten zum eigentlichen Bau für den Kreis gab. Jetzt sieht das anders aus und wir übernehmen die Planung und den Ausbau. Innerhalb der Ortschaften übernehmen dann die Städte und Gemeinden den Ausbau. Es ist eine Herausforderung und Verpflichtung zugleich, es geht um gleich- und höchstwertige Lebensverhältnisse im ganzen Landkreis. Für die Menschen. Für die Betriebe. Wir müssen alle die Füße voll aufs Gaspedal drücken.
Teuer wird auch das Thema Mobilität im Kreis, wenn ich da an die B 312, B 311, den Aufstieg zur B 30 und die Elektrifizierung denke. Wie schnell können diese Projekte tatsächlich realisiert werden?
Die Planungen der Ortsumfahrungen Ringschnait, Ochsenhausen, Erlenmoos und Edenbachen entlang der B 312 kommen gut voran. Derzeit läuft das Raumordnungsverfahren und wir haben mit dem Land vereinbart, dass wir auch bis zum Planfeststellungsverfahren tatkräftig und mit mehr als zwei Millionen Euro finanziell unterstützen. Bei der B 311 gibt es eine klare Perspektive, dass das Land noch vor 2025 mit der Planung beginnen will. Die Stadt Riedlingen hat sich jetzt endlich auch dem Grunde nach für die Ortsumfahrung mit der B 311 ausgesprochen. Beim Aufstieg zur B 30 werden wir im kommenden Jahr Klarheit haben. Denn diese 1,9 Kilometer, um die es sich dreht, haben es in sich – topografisch wie auch politisch. Die Elektrifizierung der Südbahn ist im Bau. Die Region arbeitet intensiv an der Regio-S-Bahn auf der Südbahn, Donau- und Illertalbahn. Alles läuft momentan sternförmig auf Ulm zu, aber Bad Schussenried und Riedlingen dürfen nicht vergessen oder gar abgehängt werden.