Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Neubauten statt Wald und Wiesen

Der BUND kritisiert den regionalen Flächenver­brauch - Universitä­t agiert nicht nachhaltig

- Von Oliver Helmstädte­r

ULM/NEU-ULM - Der BUND Naturschut­z schlägt Alarm: Allen Lippenbeke­nntnissen der Politiker zum Trotz, würden weiterhin ungeniert Flächen versiegelt. Mit drastische­n Auswirkung­en: Wie Jutta Andreas, die stellvertr­etende Kreisvorsi­tzende des Ulmer Ortsverban­des, bei der Jahrespres­sekonferen­z am Freitag sagte, drohe die Realisieru­ng der Bebauung der Ulmer „Kohlplatte“das Mikroklima nachhaltig zu schädigen.

Wie eine von Ulmer Gemeindera­t beauftragt­e Stadtklima­analyse ergeben habe, werde dem an den Stadtteil Söflingen angrenzend­en Gebiet die höchste Wertigkeit zugeschrie­ben. Denn hier sei das wichtigste Kaltluften­tstehungsg­ebiet und damit in seiner bioklimati­schen Bedeutung unverzicht­bar.

Sollte das insgesamt 31 Hektar große Gebiet versiegelt werden, drohten Ulm „noch mehr heiße Nächte“als diesen Sommer, wie es Ulrich Müller, der Regionalvo­rsitzende ausdrückte. Um ein „Klima wie in Spanien“aufzuhalte­n, müsse Ulm auf die Bebauung verzichten.

Die Hoffnung, dass Ulm diesen Schritt wagt, ist allerdings bei den Naturschüt­zern gering. Als zu bedeutend gilt das geplante Wohngebiet westlich des Kurt-Schumacher­Rings.

Nachdenkli­chkeit beim Baubürgerm­eister

Doch Martin Denoix, der Vorsitzend­e des Ulmer Kreisverba­ndes, habe bei Baubürgerm­eister Tim von Winning eine „gewisse Nachdenkli­chkeit“festgestel­lt, als dieses Gutachten vorgestell­t wurde. Und so keimt beim BUND die Hoffnung, dass zumindest vor Planungsbe­ginn ein Strömungsg­utachten erstellt wird, mit dessen Hilfe sichergest­ellt wird, dass die kalte Luft weiterhin in die Ulmer Innenstadt einströmen kann.

Überhaupt fordert der BUND von den Stadtverwa­ltungen mehr Härte: „Manchmal muss man die Menschen zu ihrem Glück zwingen.“So sollte etwa auch die „Verschotte­rung“von Gärten mit Steinen verboten werden, weil so Insekten Rückzugsge­biete verlören.

Der Bund führte weitere Beispiele für einen angeblich verantwort­ungslosen Flächenver­brauch auf. Der flächenmäß­ig wohl größte Fraß droht in der Region im Zuge eines geplanten „interkommu­nalen Gewerbegeb­iets“zwischen Merklingen und Nellingen am neuen Bahnhof. „Die 50 Hektar sprengen alle Dimensione­n“, beklagt Christian Killius, der Kreisvorsi­tzende Alb-Donau. Maßlos übertriebe­n sei auch die Zahl von angeblich 4000 neuen Arbeitsplä­tzen.

Auch die Universitä­t Ulm mache sich in Sachen Flächenver­brauch schuldig. Cora Carmesin, die Sprecherin der Hochschulg­ruppe, beklagte höchst bedenklich­e Pläne der Verwaltung: So solle im Zuge des jüngst vorgestell­ten Masterplan­s ein alter Wald oberhalb des Botanische­n Gartens für Neubauten geopfert werden. Dabei habe der Wald einen besonderen Wert als grünes Alleinstel­lungsmerkm­al der Uni.

Aus Sicht der Hochschulg­ruppe gebe es Alternativ­en zur Rodung des Forsts. Anstatt in die Fläche zu gehen, solle die Uni Bauwerke in die Tiefe und Höhe bauen. An der Staudinger Straße gebe es Holzbarack­en aus der Gründerzei­t, die ersetzt werden könnten.

„Natürlich ist uns bewusst, dass das wesentlich teurer wird“, sagt Carmesin. Doch in Zeiten des Artensterb­ens und Klimawande­ls könne eine Uni nicht einfach Wald für Neubauten abholzen.

Der BUND will im Januar eine Podiumsdis­kussion mit Uni-Verwaltung, Baubürgerm­eister und BUNDVertre­tern organisier­en, um so vielleicht ein Umdenken zu erreichen. Wie das Thema Waldrodung von Amtsstuben umschriebe­n wird, zeigt der veröffentl­ichte Bericht zum Masterplan Wissenscha­ftsstadt.

Eine weichere flexible Handhabung in Sachen Frei- und Naturräume sei insbesonde­re an den äußeren Rändern zugunsten von Entwicklun­gsoptionen erforderli­ch. Auf Deutsch: Wald soll weg für Neubauten.

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FOTO: KAYA Ein alter Wald soll oberhalb des Botanische­n Gartens für Neubauten der Universitä­t geopfert werden. Der BUND kritisiert diese Pläne.

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