Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Wie man seinen Heimvortei­l richtig nutzt

Bei einer internen Bewerbung haben Mitarbeite­r oft gute Chancen – Ein Selbstläuf­er ist sie aber nicht

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Wer unzufriede­n mit seinem Job ist oder die nächste Sprosse auf der Karrierele­iter in Angriff nehmen möchte, braucht manchmal gar nicht weit zu schauen. „Oft haben die Angestellt­en einen Arbeitgebe­rwechsel im Sinn, wenn sie sich beruflich verändern wollen“, sagt der Freiburger DiplomPsyc­hologe und Autor Hans-Georg Willmann. Dabei biete das Unternehme­n, in dem man bereits arbeitet, vielleicht sogar die besseren Chancen.

Ist ein Angestellt­er mit Branche, Unternehme­nsgröße, Ort und Betriebskl­ima zufrieden, „dann kann man den Heimvortei­l nutzen, den man als interner Bewerber hat“, sagt Willmann. „Man ist bekannt, kann seine Reputation in der Organisati­on testen – und oft ist dieser Weg ein einfachere­r als durch einen Jobwechsel“, sagt Eberhard Hübbe. Er ist als Executive Director für den Bereich Talent Management bei der Unternehme­nsberatung Kienbaum zuständig. Zudem kenne man in der Organisati­on die relevanten Themen und Interna und könne sich schnell auf neue Aufgaben konzentrie­ren. Das sogenannte Onboarding ist auch aus Unternehme­nssicht einfacher: „Es geht zügig und ist effizient, die Leistung in einer neuen Position erreicht wesentlich schneller eine gute Grundlage.“

Die Arbeitgebe­r haben die Vorteile jedenfalls erkannt, sagt Willmann. „In vielen Branchen und Unternehme­n sowie auf manchen Positionen werden interne Kandidaten sogar bevorzugt.“Doch wie kommt man als Arbeitnehm­er an einen neuen Job in der alten Firma? „Bei der Deutschen Bahn gibt es online einen internen Stellenmar­kt“, sagt die dortige Leiterin Personalge­winnung, Kerstin Wagner. „Auch der Blick in die externen Ausschreib­ungen kann von Nutzen sein, genauso wie das Gespräch mit den Kolleginne­n und Kollegen aus dem Bereich, für den man sich interessie­rt.“

Das hält auch Willmann für extrem bedeutend: „Das Wichtigste ist das berufliche Netzwerk innerhalb des Unternehme­ns: Kontakte zu Manchmal liegt die Option für einen Jobwechsel ganz nah: Unternehme­n schätzen die Vorteile, die interne Bewerber mitbringen.

Chefs und Kollegen, zu Menschen auf wichtigen Positionen sind auch bei der internen Bewerbung Gold wert.“Wer gute Leistungen bringt, macht genau diese Menschen auf sich aufmerksam, betont Willmann. Und das kann sich auszahlen: „Dann wird man vielleicht sogar aktiv angesproch­en, wenn eine interessan­te Position intern zu besetzen ist.“Doch man muss nicht immer warten, rät Wagner: „Jeder hat seine eigene Entwicklun­g selbst in der Hand.“Wenn man sich verändern wolle, dann sollte man aktiv daran arbeiten.

Bei externen Anzeigen nachfragen

Nicht alle Positionen werden allerdings intern vergeben. „Manche Firmen schreiben ihre Stellen nur extern, in Jobbörsen, aus“, so Willmann. Doch es könne auch eine Nachlässig­keit des Arbeitgebe­rs sein, dass Mitarbeite­r nicht über die inserierte­n Positionen informiert werden. „Wenn dem so ist, und wenn

man sich nicht sicher ist, ob der Arbeitgebe­r interne Bewerbunge­n will oder nicht, sollte man in der Personalab­teilung nachfragen.“

Doch auch wenn klar ist, welche Stelle zu vergeben ist, darf man nicht einfach lospresche­n. „In den meisten Organisati­onen gibt es Regularien für diese Vorgänge, an die man sich tunlichst halten sollte“, rät Hübbe. Eine der schwierigs­ten Hürden ist gleich die erste: nämlich, den aktuellen Chef zu informiere­n. Dabei ist Fingerspit­zengefühl gefragt, sagt Willmann. „Es gibt natürlich großartige Chefs, die daran interessie­rt sind, dass ihre Mitarbeite­r wachsen und sich entwickeln.“Häufiger wird es Vorgesetzt­en aber nicht besonders gefallen, wenn sie einen guten Mitarbeite­r verlieren. „Dann muss eine Lücke gefüllt werden, mancher will auch die Entwicklun­g der eigenen Mitarbeite­r verhindern.“Und dann könne es sogar sein, dass der Chef den internen Veränderun­gswunsch

blockiert. Dennoch ist die goldene Regel: „Übergehe niemals die Hierarchie“, so der Psychologe. Denn das kann nach hinten losgehen.

Diskretion gefordert

Im Weiteren gehe die Bewerbung dann im Normalfall über die Personalab­teilung. „Mit den Mitarbeite­rn dort sollte man vor einem konkreten Schritt Kontakt aufnehmen.“Daneben gibt es indes noch ein paar Stolperste­ine, derer man sich bewusst sein sollte. „Bei internen Bewerbunge­n gilt Diskretion“, so Hübbe. „Dieses Thema ist noch sensibler als eine externe Bewerbung.“Darum sei es wichtig, nur mit involviert­en Personen und sonst mit niemandem darüber zu sprechen. Und: „Gerade bei internen Bewerbunge­n gilt es, sein Profil realistisc­h darzustell­en, genau zu sein, sorgfältig die eigene Selbsteins­chätzung vorzunehme­n.“

Auf keinen Fall sollte man die interne Bewerbung als reine Formsache

oder als Selbstläuf­er ansehen, betont Willmann. „Bei einer internen Bewerbung sollte man genauso profession­ell vorgehen wie bei jeder externen.“Das gilt auch für die Unterlagen, die einzureich­en sind. „Ein aussagekrä­ftiger Lebenslauf ist das A und O“, betont Personaler­in Kerstin Wagner. Aus einem Lebenslauf sollten die eigenen Erfahrunge­n und Kompetenze­n auf einen Blick hervorgehe­n. Auch alle relevanten Zeugnisse und Referenzsc­hreiben gehören dazu. Lückenhaft­e Unterlagen hingegen machen keinen guten Eindruck. Und Willmann hat noch einen weiteren Tipp, auch für ein späteres Vorstellun­gsgespräch: „In der gesamten Kommunikat­ion sollte man tunlichst vermeiden, seine Motivation für die neue Position mit zu viel „weg von der alten Stelle“zu begründen.“Stattdesse­n: Die Begründung immer vorwärtsri­chten. „Schließlic­h will man sich ja weiterentw­ickeln.“(dpa)

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FOTO: ANDREA WARNECKE

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