Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Nur Kobayashi vor Eisenbichler
Sensationszweiten Markus Eisenbichler fehlen zum Sieg in Oberstdorf nur 22 Zentimeter
OBERSTDORF (lin) - Markus Eisenbichler aus Siegsdorf hat den deutschen Skispringern beim Auftakt der Vierschanzentournee am Sonntag den ersten Podestplatz beschert. Eisenbichler musste sich in Oberstdorf nach Sprüngen auf 133 und 129 Meter nur dem Favoriten Ryoyu Kobayashi geschlagen geben. Der junge Japaner lag am Ende 0,4 Punkte vor Eisenbichler. Auch Karl Geiger (12.) und Stephan Leyhe (13.) überzeugten an der Schattenbergschanze.
OBERSTDORF - Dass er es kann, bekommt Markus Eisenbichler auch diesen Winter Woche für Woche höchsttrainerlich bestätigt. Meistens greift Werner Schuster dann zu Vokabeln wie „Potenzial“und „extrem“, gerne fällt auch das Wort von der „besten Technik im Team“. Verbunden waren derlei Urteile zuletzt allerdings immer mit einer Frage: der, wieso es der 27-jährige Skispringer vom TSV Siegsdorf im Wettkampf nicht hinbekommt, all das zu zeigen.
Hat er jetzt, punktgenau zum Start der 67. Vierschanzentournee in Oberstdorf. 133 und 129 Meter bedeuteten Platz zwei; die 0,4 Punkte, die Saison-Dominator Ryoyu Kobayashi besser gewesen ist, sind 22 Zentimeter am Schattenberg. Im Jubeln übrigens hatte der Japaner null Chance gegen Markus Eisenbichler. Urschreien – oberbayerisch, Marke „Alles muss raus“– folgte glaubwürdig ein: „Am liebsten tät’ ich grad heulen, aber ich reiß’ mich noch a bissl zamm. Ich glaub’, die Emotionen kommen, wenn wir im Hotel sind.“
„Tage zu Hause waren Gold wert“
Die Analyse kam vorher, Markus Eisenbichler kann auch sachlich: Zwei „konstante Sprünge“habe er zu Tale gebracht, „nicht mal sauguad, aber konstant stabil“. Dass der Bundestrainer von „eineinhalb guten Wettkampfsprüngen“sprach, beim zweiten Versuch offenbar noch Luft gesehen hatte – geschenkt! Einmütig wurde das zweite Kräftemessen in Engelberg vor zwei Wochen als „Knotenlöser“ausgemacht, erstmals diese Saison waren aus Möglichkeiten dort Meter – und ein sechster Platz – geworden. Dann kam der Kurzlehrgang in Lillehammer, „ruhig trainieren“konnte Markus Eisenbichler da, „zulegen“. Weihnachten schließlich, „die Tage zu Hause, die waren Gold wert, das war genau das Richtige. Bissl auf dem Berg gewesen, einfach mal abschalten, und dann war ich mit vollem Akku wieder da.“
Leer waren vor ausverkauften Rängen, schon die Qualifikation hatten 15 500 Zuschauer verfolgt, auch die Akkus der übrigen deutschen Springer nicht. Zwölf waren am Start, sieben erreichten nach der tourneespezifischen K.o.-Runde den Finaldurchgang der besten 30. Auch Karl Geiger, in der Hierarchie des Winters aktuell Vierter und bester DSV-Starter. Als „soliden Wettkampf“hatte der Oberstdorfer sein Tagwerk erlebt; 129 und 128 Meter wiesen die Ergebnislisten für ihn aus. Machte Rang zwölf nach „zwei Sprüngen auf gutem Niveau. Noch nicht die optimalen, aber ich bin echt happy damit.“Nicht endgültig geklärt übrigens waren am späten Sonntagabend die genaue Phonzahl, als Karl Geiger sich vom Balken abstieß, und die Zahl der Geigers (im Allgäu kein wirklich seltener Nachname) unter den 25 500.
Wellinger gibt sich „selbst die Kopfnuss für den Sch ...“
Stephan Leyhe 13., Richard Freitag 16., David Siegel 17., Pius Paschke 21., Constantin Schmid 24. – da war die Zufriedenheit mal mehr (der Baiersbronner Siegel), mal weniger (der Wahl-Oberstdorfer Freitag) ausgeprägt. Heftig zu hadern, diesen Part allerdings musste Andreas Wellinger übernehmen. Schon als Qualifikationszehnter hatte der Olympiasieger konstatiert, dass er zwar „näher dran, dass es stabiler“sei. Aber: „So ganz leicht geht’s noch nicht – da fehlen noch die Sprünge auf hohem Niveau, dass es mit der Leichtigkeit besser wird.“114,5 Meter hatten dieses Niveau auch am Sonntag nicht, „weil ich einfach sauber spät war“. Ausgeschieden, Tournee-Ambitionen passé, „die Kopfnuss für den Scheiß hab’ ich mir soeben selber gegeben“.
Weniger drastisch die Selbstkritik Severin Freunds. Der OberstdorfSieger von 2015, mit 118,5 Metern letztlich 36., weiß um die Schwere eines Comebacks nach zwei Kreuzbandrissen. „So einen Tag wie heute“, gestand er, „hätt’ ich mir trotzdem nicht unbedingt gewünscht. Aber es war einfach der Sprung.“
Kein guter. Wo eineinhalb doch gereicht hätten ...