Schwäbische Zeitung (Laupheim)
EU rätselt über US-Strafzölle
An den Aktienmärkten war 2018 nichts zu verdienen – und was das für 2019 heißt
BRÜSSEL (dpa) - Ob US-Präsident Donald Trump Sonderzölle auf Autoimporte aus Europa einführen wird, ist laut EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström weiter unklar. „Niemand weiß das“, sagte die Schwedin am Sonntag. Für den Fall der Fälle arbeite sie jedoch weiter an einer Liste mit US-Produkten, auf die Ausgleichszölle verhängt werden könnten.
FRANKFURT - Das Jahr 2018 war turbulent an den internationalen Finanzmärkten. Es verhieß ein gutes wirtschaftliches Umfeld für die Börsenund Aktienkurse. Doch die Risiken haben Anleger verunsichert. Zudem hat sich der wirtschaftliche Aufschwung abgeschwächt. Auch der Ausblick in das kommende Jahr hat sich etwas eingetrübt.
Warum ging es in diesem Jahr am Aktienmarkt so drunter und drüber?
Zunächst sah es gut aus: Ein kräftiges Wirtschaftswachstum rund um den Globus. Eine US-Notenbank, die langsam wieder Normalität einkehren lässt und von ihrer Nullzinspolitik abrückt. Und ein wirtschaftlicher Schub in den USA durch die von Donald Trump eingeführte Steuerreform. All diese Faktoren ließen die Kurse an den amerikanischen und in Folge auch an den internationalen Börsen steigen, der Dax kletterte zu Jahresbeginn sogar auf ein Allzeithoch.
Allerdings kündigten sich schon zu dieser Zeit auch Risiken an. So wurde das ganze Jahr von nicht abebbenden Diskussionen um den Brexit begleitet. Sie werden auch Anfang 2019 anhalten – und mit ihnen die Unsicherheit. Vor allem aber liefen Drohungen und Strafzölle im Handelskrieg zwischen den USA und China wie Schockwellen um den Globus. Sie sorgten immer wieder dafür, dass die Anleger lieber Deckung suchten. Zumal gerade eine Exportwirtschaft wie die deutsche die Folgen eines Handelskrieges deutlich spüren würde.
Wer waren die größten Verlierer?
Unter anderem die Aktien der deutschen Autokonzerne. Hersteller wie Daimler und BMW betreiben große Autowerke in den USA. Und sie produzieren dort eine Menge Fahrzeuge für den internationalen – insbesondere auch den chinesischen Markt. Deswegen litten sie zeitweise erheblich unter dem Säbelrasseln der beiden wirtschaftlichen Großmächte. Daimler und BMW haben ihre angestrebten Jahresprognosen kassieren müssen – und beide haben das mit dem Handelskonflikt zwischen den USA und China begründet. Hinzu kam, dass die Autobranche hierzulande auch noch die Nachwehen des Dieselskandals zu meistern hatte. Der ab September geltende neue Prüfstandard für Abgasemissionen machte der Branche obendrein das Leben schwer. Die Papiere des Stuttgarter Autobauers haben im Jahresgalt verlauf rund ein Drittel ihres Wertes eingebüßt. Volkswagen und BMW traf der Frust der Anleger weniger hart – sie verloren in etwa so viel wie der Durchschnitt des Daxes insgesamt.
Deutlich schlechter verlief das Börsenjahr für die beiden deutschen Großbanken, also die Deutsche Bank und die Commerzbank: Beide Titel sind im Dax beziehungsweise MDax die größten Verlierer. Ihre Aktienkurse haben sich im Lauf des Jahres halbiert, zum Jahresende hin haben sie ihre Tiefstände erreicht.
Einer der größten Verlierer am deutschen Aktienmarkt war im Börsenjahr 2018 Ceconomy. Die Titel der Konzernmutter der Saturn- und Mediamärkte sind im ersten Jahr ihrer Unabhängigkeit um rund Dreiviertel eingebrochen, sie kosteten am Jahresende nur noch etwas über drei Euro. Der Dax insgesamt hat das schlechteste Jahr seit 2008 hinter sich – er sackte um gut 18 Prozent ab.
Wer stand bei diesen Verlusten noch gut da?
Auf der Gewinnerseite hieß es in diesem Jahr: Des einen Leid ist des anderen Freud. In besonderem Maß dies für die Branche der Finanzdienstleister. Denn die Commerzbank musste ihren Platz im Dax räumen und stieg zu den kleineren Börsenunternehmen im MDax ab. Ihren Platz im Dax nahm der Zahlungsabwickler Wirecard ein. Pünktlich zum Dax-Aufstieg erlebten auch die Papiere des Münchner Unternehmens einen Höhenflug, konnten dieses Niveau aber nicht halten. Die Schwankungen im Jahresverlauf waren groß – von knapp 200 Euro im Höhenrausch bis gut 130 Euro zum Jahresende, dennoch: Mit einem Aufschlag von über 40 Prozent ist Wirecard der eindeutige Dax-Jahresgewinner. Ein gutes Jahr war es mit Zugewinnen von bis zu zehn Prozent noch für Aktien von RWE, der Deutschen Börse und Adidas.
Sind die Erwartungen der Analysten vom Jahresanfang eingetreten?
Eindeutig: Nein! Viele Analysten hatten zum Jahresende 2018 den Dax bei Ständen von bis zu 14 000 Punkten gesehen. Vorausgesetzt hatten sie bei ihren Prognosen, dass die meisten Volkswirtschaften mehr oder minder unbehindert weiter wachsen würden. Vor allem das Jahresende aber hat die Prognosen durch stark fallende Kurse an den internationalen Börsen über den Haufen geworfen. Hinzu kam schließlich noch der Haushaltsstreit mit Italien – auch den hatte in dieser Form wohl niemand auf dem Zettel. Mit einem Dax unter 11 000 Punkten zum Jahresende hatte keiner der Analysten und Volkswirte gerechnet.
Und was sagen sie für das kommende Jahr voraus?
Für das kommende Jahr zeigen sich die meisten Volkswirte verhalten optimistisch. Sie teilen damit die Auffassung von Notenbanken wie der Fed in den USA und der EZB im Euroraum. Sie alle gehen davon aus, dass der Wachstumstrend in den USA, aber auch in Europa, grundsätzlich intakt bleibe, er sich nur abgeschwächt habe. EZB-Chef Mario Draghi fasste das zum Jahresende in die Worte: Es gebe Anzeichen „für ein schwächeres Wachstum, aber nicht für ein schwaches Wachstum“. Wie um dies zu unterstreichen hat die Fed zum Jahresende die Zinsen noch einmal angehoben. Einen solchen Schritt machen Notenbanker nur, wenn sie Wirtschaft und Konjunktur als einigermaßen robust einschätzen. Das würde für höhere Aktiennotierungen im kommenden Jahr sprechen. Sollten sich allerdings die Risiken weiter verschärfen und materialisieren, hätten sie das Potenzial, für erhebliche Störungen zu sorgen – eine Rezession inbegriffen.
Wie sollten Anleger sich nun verhalten?
Vor allem: vorsichtig. Denn die meisten Ökonomen sehen mindestens in der ersten Jahreshälfte noch Gegenwind für die Konjunktur kommen. Deswegen wird die Wirtschaft wohl noch etwas an Fahrt verlieren. Zudem bleiben die politischen Risiken auch über den Jahreswechsel hinaus hoch. Es steht nach wie vor die Gefahr eines ungeregelten Brexits im Raum. Im Handelsstreit zwischen den USA und China gibt es zwar eine Annäherung. Doch 2018 hat gezeigt, dass der amerikanische Präsident sich vor allem durch Unberechenbarkeit auszeichnet. Die Drohung eines Handelskrieges ist zwar etwas gemindert, aber noch nicht vom Tisch.