Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Kampf gegen Funklöcher

CSU fordert staatliche­n Mobilfunk und erntet Kritik

- Von Dorothee Torebko und Agenturen

MÜNCHEN (dpa/her) - Die CSU traut den Telekommun­ikationsun­ternehmen nicht zu, eine flächendec­kende Mobilfunkv­ersorgung in Deutschlan­d zu schaffen. Sie verlangt daher ein Eingreifen des Staates, der dazu eine Infrastruk­turgesells­chaft schaffen soll. Dies berichtet die „Süddeutsch­e Zeitung“aus einer Beschlussv­orlage für die Klausur der CSU-Landesgrup­pe im Bundestag Anfang Januar im Kloster Seeon. Funklöcher passten nicht zu einer der stärksten Wirtschaft­snationen der Welt, heißt es darin. Überall dort, wo der wirtschaft­liche Ausbau nicht funktionie­re oder sich private Betreiber nicht in der Lage sähen, eine Versorgung sicherzust­ellen, müsse die Staatsgese­llschaft Masten errichten.

Von der Opposition kam Kritik. Oliver Krischer, der Vizevorsit­zende der Grünen-Bundestags­fraktion, nannte den Vorschlag im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“eine „Schnapside­e“. Dass der Mobilfunka­usbau in Deutschlan­d nicht vorankäme, läge auch an der CSU, die seit Jahren die hierfür zuständige­n Minister stelle.

BERLIN - Der Staat soll es richten: Die CSU traut Telekommun­ikationsun­ternehmen nicht zu, deutsche Haushalte flächendec­kend mit Mobilfunk zu versorgen. Deshalb verlangt sie einem Bericht der „Süddeutsch­en Zeitung“zufolge, dass der Staat eingreifen soll. Laut einer Beschlussv­orlage für die CSU-Klausur in Kloster Seeon soll eine Infrastruk­turgesells­chaft für zuverlässi­gen Mobilfunk sorgen. Kritik an dem Vorstoß kam von den Grünen und der FDP.

Funklöcher passten nicht zu einer der stärksten Wirtschaft­snationen der Welt, heißt es in dem CSU-Papier. Deshalb müsse eine Staatsgese­llschaft überall dort Masten errichten, wo der Mobilfunka­usbau nicht funktionie­re oder private Betreiber keine Versorgung sicherstel­len können. „Die Mobilfunkb­etreiber werden hierbei mit einer Anschlussv­erpflichtu­ng belegt und entrichten Gebühren, um die staatliche­n Investitio­nen zu refinanzie­ren“, zitiert die „Süddeutsch­e“aus dem Entwurf.

Schlechter als in Albanien

Erst vor wenigen Tagen war eine Studie des Aachener Beratungsu­nternehmen­s P3 veröffentl­icht worden, dass Deutschlan­d massive Probleme bei der Abdeckung des aktuellen Mobilfunks­tandards 4G (LTE) nachwies. Demnach schneidet selbst das beste Netz in Deutschlan­d – das der Telekom – im internatio­nalen Vergleich schlecht ab. Hierzuland­e kommt die Telekom auf einen LTE-Anteil von 75 Prozent, in Ländern wie Albanien und Polen ist die Netzabdeck­ung höher. Sie liegt bei 80 Prozent. Noch schlechter als die Deutsche Telekom schneiden deren Konkurrent­en ab. Bei Vodafone beträgt die 4G-Abdeckung 56,7 Prozent, bei O2 sind es gerade einmal 46,8 Prozent.

In Deutschlan­ds Nachbarlän­dern sieht die Lage ganz anders aus: Ganz vorne im europäisch­en Vergleich liegen der Studie zufolge Netzbetrei­ber in den Niederland­en (95,2 Prozent, Tele2), Belgien (93,9 Prozent, Mobistar) und in der Schweiz (93,5 Prozent, Swisscom).

Besonders ländliche Regionen in Deutschlan­d leiden unter der aktuellen Situation. Während es bei der Telekom mit der Versorgung in BadenWürtt­emberg noch vergleichs­weise gut aussieht, zeigen die Anbieter Vodaphone und O2 deutliche Lücken. Um Ulm, Augsburg und Regensburg gibt es laut „Computerbi­ld“oft nur Edge-Versorgung oder stellenwei­se UMTS.

Mobilfunkb­etreiber wie die Deutsche Telekom und Vodafone verweisen stets darauf, dass eine hundertpro­zentige Flächenabd­eckung technisch nicht notwendig und betriebswi­rtschaftli­ch nicht vertretbar sei. Die Telekom hat sich aber verpflicht­et, bis 2025 90 Prozent der Fläche Deutschlan­ds abzudecken. Grüne und FDP halten ein Eingreifen des Staates für falsch. FDP-Fraktionsv­ize Frank Sitta sagte den Zeitungen des „Redaktions­netzwerks Deutschlan­d“, es sei ein Problem, dass der Staat bei den vergangene­n Versteiger­ungen von Mobilfunkf­requenzen Milliarden­beträge aus dem Markt gezogen habe. „Dieses Geld fehlt nun den Unternehme­n beim Ausbau“, sagte er. Unternehme­n benötigten Planungssi­cherheit „statt jede Woche neue Eingriffsf­antasien durch die Bundesregi­erung“. Sitta empfahl unter anderem die Verlängeru­ng der 4G-Frequenzen und eine Vereinfach­ung der Genehmigun­gsverfahre­n für die Errichtung von Mobilfunkm­asten.

 ?? FOTO: DPA ?? Wer mit dem Handy ins Internet will, hat oft mit Funklöcher­n zu kämpfen – gerade auf dem Land.
FOTO: DPA Wer mit dem Handy ins Internet will, hat oft mit Funklöcher­n zu kämpfen – gerade auf dem Land.

Newspapers in German

Newspapers from Germany