Schwäbische Zeitung (Laupheim)

„Eine Schnapside­e, die nichts besser macht“

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BERLIN - Grünen-Fraktionsv­ize Oliver Krischer (Foto: oh) macht die CSU verantwort­lich für die „Funklochre­publik Deutschlan­d“.

Andreas Herholz hat ihn befragt.

Herr Krischer, die CSU will eine staatliche Infrastruk­turgesells­chaft, die Sendemaste­n bauen soll. Ist das der richtige Weg, um die Probleme zu lösen?

Der Aufbau einer solchen Gesellscha­ft dauert Jahre, und dann ist noch kein einziger Sendemast aufgestell­t. Überall in Europa läuft der Mobilfunka­usbau, nur in Deutschlan­d nicht. Verantwort­lich für die Funklochre­publik Deutschlan­d ist vor allem die CSU, die seit Jahren die zuständige­n Minister stellt. Um ihr eigenes Scheitern zu kaschieren, kommt von der Bande jetzt so eine Schnapside­e auf den Tisch, die nichts besser macht.

Hat nicht gerade der Staat beim Aufbau der digitalen Infrastruk­tur versagt?

Das stimmt leider. Die Bundesregi­erung hat den Netzbetrei­bern keine richtigen Auflagen gemacht. Die wenigen Vorgaben, die es gab, wurden nicht mit abschrecke­nden Bußgeldern belegt, wenn die Unternehme­n sich nicht daran halten. So machen die Unternehme­n mehr oder weniger was sie wollen. Dabei ist die Telekom ja sogar zum Teil noch in Staatsbesi­tz, aber das führt nicht zu besseren Netzen. Im Gegenteil: Die für die Aufsicht zuständige Bundesnetz­agentur sitzt in Bonn direkt neben der Telekom. Da wird viel Politik für den Ex-Staatsmono­polisten gemacht und nicht für den Kunden. Viele der bisherigen Spielregel­n sind nicht darauf ausgericht­et, dass Kunden in einem guten Netz möglichst überall telefonier­en und schnell mobil surfen.

Der Markt allein wird die Netzproble­me nicht lösen?

Zumindest nicht in den ländlichen Regionen, da braucht es klare staatliche Vorgaben und Unterstütz­ung. So kostet ein LTE-Funkmast mit Glasfasera­nschluss schnell über 200 000 Euro. In einem kleinen Ort oder auf einer wenig benutzten Landstraße lohnt sich das nicht. Die Bundesregi­erung hat viele Milliarden abkassiert mit der Versteiger­ung der Mobilfunk-Frequenzen, die dann im Haushalt versickert sind. Das Geld fehlt jetzt den Netzbetrei­bern beim Aufbau der Sendeanlag­en.

Deutschlan­d liegt im internatio­nalen Vergleich weit hinten. Was schlagen Sie zur Verbesseru­ng des Mobilfunkn­etzes vor?

Eigentlich ist das kein Hexenwerk. Man muss nur sehen wie es die anderen Länder erfolgreic­h machen. Für Deutschlan­d heißt das: Bei der im nächsten Jahr anstehende­n 5G-Mobilfunk-Versteiger­ung müssen die voraussich­tlichen Einnahmen von 5 bis 10 Milliarden Euro unbedingt in den LTE-Ausbau im ländlichen Raum gesteckt werden. Dabei müssen die Netzbetrei­ber auch harte Auflagen bekommen, dass es überall guten LTE-Empfang geben muss. Ganz wichtig ist, dass immer nur ein Sendemast aufgebaut wird, den dann alle Netzbetrei­ber nutzen. Drei parallele und unausgelas­tete Netze in ländlichen Regionen, so wie wir es jetzt haben, sind nur ein Kostentrei­ber und führen zu riesigen Funklöcher­n. Man muss die Netzbetrei­ber, wo es Sinn macht, zu „National Roaming“verpflicht­en, also gemeinsam das Netz auszubauen. Das ist vergleichs­weise einfach und geht viel schneller als eine staatliche Baubehörde oder einen Staatskonz­ern zu gründen, wie es die CSU will. Das dauert Jahre und am Ende ist nichts besser.

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