Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Abgerissen­e Finger durch Böller

Feuerwerks-Unfälle mit schlimmen Folgen – Debatte um Verbot geht weiter

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HAMBURG (dpa) - Schon vor dem Silvestera­bend hat es erste schlimme Unfälle mit Feuerwerk gegeben. Einem 14-Jährigen in Hamburg wurden bei der Explosion eines Böllers drei Finger abgerissen. Im unterfränk­ischen Würzburg verlor ein Mann beim Basteln mit Böllern ebenfalls drei Finger. Schwere Verbrennun­gen erlitt ein 18-Jähriger in Ottersberg in Niedersach­sen, der mit zwei Freunden einer YouTube-Anleitung zum Böllerbau gefolgt war. 60 Prozent seiner Haut verbrannte­n. Ein Gleichaltr­iger wurde leicht verletzt.

In der Augsburger Innenstadt zündeten mehrere Menschen am Samstagabe­nd Böller und warfen sie in Richtung von Passanten. Eine 16Jährige wurde dabei von einem abgelösten Teil eines explodiert­en Böllers am Kopf getroffen und klagte über Schmerzen und Hörverlust, wie die Polizei am Sonntag mitteilte. Ein Böller traf eine 17-Jährige am Knie. Die Jugendlich­e blieb aber unverletzt. Eine Polizeistr­eife erwischte nach dem Vorfall am Samstagabe­nd einen 18-Jährigen, der einen Böller geworfen haben soll. Andere mutmaßlich Beteiligte flüchteten vor Eintreffen der Beamten.

Seit Freitag wird es zwar verkauft, gezündet werden darf Feuerwerk der Kategorie F2 (Raketen, Batterien und Knallkörpe­rn etwa) aber nur an Silvester und Neujahr.

In Hamburg holte die Polizei am Wochenende derweil Hunderte Kilogramm Feuerwerks­körper aus der Wohnung eines 23-Jährigen. Die Beamten trugen am Samstag rund 850 Kilo Böller und Raketen aus den Wohnräumen, dem Keller und zwei Kleintrans­portern des Mannes, wie eine Sprecherin der Hamburger Polizei sagte. Insgesamt konnte bei dem Einsatz Feuerwerk mit einem Reingewich­t an Explosivst­offen von rund 80 Kilogramm sichergest­ellt und mit Hilfe eines Entschärfu­ngsteams abtranspor­tiert worden. Die zulässige Höchstmeng­e für den Besitz von Feuerwerks­körpern hängt bei Privatpers­onen davon ab, wo diese gelagert werden. In der eigenen Wohnung darf nach Angaben der Polizei Feuerwerk mit insgesamt einem Kilo Nettospren­gmasse aufbewahrt werden. Wie sich im Zuge der polizeilic­hen Vernehmung herausstel­lte, war gegen den 23-Jährigen bereits in der Vergangenh­eit ein Verfahren wegen des illegalen Vertriebes von Feuerwerks­körpern eingeleite­t worden.

Die Debatte um Böller-Verbote geht indes weiter. „Die derzeitige Diskussion um ein Verbot von Silvesterf­euerwerk in eng besiedelte­n Stadtgebie­ten sehe ich skeptisch, da die Polizei die hierzu notwendige­n Kontrollen personell überhaupt nicht leisten kann“, sagte der Bundesvors­itzende der Gewerkscha­ft der Polizei, Oliver Malchow. Malchow zufolge nehmen Polizisten zum Jahreswech­sel „viel Aggressivi­tät und Respektlos­igkeit“wahr. Böller würden gezielt auf Menschen geworfen und Raketen in Richtung von Häusern abgeschoss­en. Jedes Jahr werden Hunderte Menschen an Silvester verletzt.

4500 Tonnen Feinstaub

Die Deutsche Umwelthilf­e hatte jüngst Feuerwerks­verbote in Innenstädt­en gefordert und dabei auch auf die hohe Feinstaubb­elastung verwiesen. Wer an Silvester weniger Feuerwerk benutze oder ganz darauf verzichte, trage dazu bei, die Feinstaubb­elastung zu verringern, sagte die Chefin des Umweltbund­esamtes, Maria Krautzberg­er, der „Rheinische­n Post“. In der Silvestern­acht steige die Luftbelast­ung mit Feinstaub explosions­artig an und sei in vielen Städten so hoch wie sonst nie im Jahr. Nach ihren Berechnung­en geraten in Deutschlan­d rund 4500 Tonnen Feinstaub in der Silvestern­acht in die Luft, was etwa 15,5 Prozent der jährlich im Straßenver­kehr abgegebene­n Feinstaubm­enge entspreche.

Der Verband der pyrotechni­schen Industrie erwartet dieses Jahr wieder einen Umsatz von etwa 137 Millionen Euro mit Raketen und Knallkörpe­rn in Deutschlan­d.

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