Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Mesale Tolu kämpft weiter gegen Unrecht
Die Ulmer Journalistin kehrt nach Haft und Ausreisesperre in die Heimat zurück
ULM - Der 26. August 2018 wird Mesale Tolu in Erinnerung bleiben: An jenem Sonntag kehrte die Ulmer Journalistin mit deutschem Pass und türkischen Wurzeln nach monatelanger Untersuchungshaft mit ihrem dreijährigen Sohn nach Deutschland zurück. Kurz zuvor hatte ein Gericht in der Türkei überraschend ihre Ausreisesperre aufgehoben.
Die heute 34-jährige Tolu, die für die linke Nachrichtenagentur Etha arbeitete, hatte von Ende April 2017 bis Dezember 2017 wegen Terrorvorwürfen im Gefängnis gesessen – die Türkei wirft ihr Unterstützung der verbotenen linksextremen Gruppe MLKP vor. Nach ihrer Freilassung durfte sie zunächst nicht ausreisen. Tolus Prozess in der Türkei wird ungeachtet ihrer Ausreise fortgeführt. Auch ihr Ehemann Suat Corlu ist angeklagt, durfte aber zwischenzeitlich zu seiner Familie ausreisen.
In Deutschland angekommen, mahnt Tolu: „Wenn man einfach in seiner Zelle ausharrt und schweigt, passiert nichts. Die Türkei ist kein Rechtsstaat. Abwarten heißt, sein Schicksal anderen in die Hand legen. Und jeder Tag da drinnen ist ein Tag zu viel.“Sie betont: „Wenn man Unrecht erfährt, muss man das auf die Tagesordnung setzen.“
Nach ihrer Ankunft wohnen Mesale Tolu, ihr Mann Suat Corlu und ihr Sohn nun erst einmal in NeuUlm. Tolu sagt, es sei für sie ungewohnt, nach 17 Monaten wieder in Deutschland zu sein. Sie wolle nun erstmal Familie und Freunde treffen und alles verarbeiten. Ihr kleiner Sohn müsse in den Kindergarten. Er habe die deutsche Sprache verlernt und müsse alles neu lernen.
Der Fall Tolu hatte, zusammen mit dem des „Welt“-Reporters Deniz Yücel und des Menschenrechtlers Peter Steudtner, die Beziehungen zwischen der Türkei und Deutschland schwer belastet. Nach offiziellen Angaben sitzen noch mindestens sieben deutsche Staatsbürger „aus politischen Gründen“in türkischen Gefängnissen.