Schwäbische Zeitung (Laupheim)

„Zu weiterem Wachstum gibt es keine Alternativ­e“

OB Gerold Rechle über den Bedarf an Bauland, Gewerbeflä­chen und bezahlbare­m Wohnraum

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LAUPHEIM - Wie will die Stadt Laupheim den Bedarf an Bauland stillen? Gründet sie eine eigene Wohnbauges­ellschaft? Wird mit der Kommunalwa­hl 2019 ein Jugendgeme­inderat etabliert? Diese und andere Fragen erörtert Roland Ray im zweiten Teil des Silvester-Interviews mit Oberbürger­meister Gerold Rechle.

SZ: Die Nachfrage nach Bauplätzen ist weiter enorm. Was tun?

Rechle: Zunächst steht 2019 die Erschließu­ng der Baugebiete „Am Schlossgar­ten“, „Am Mäuerle“und „Beckenkreu­z/Müssenweg“in Untersulme­tingen an. Da wir aber den Anspruch haben, uns in allen Ortsteilen weiterentw­ickeln zu können, wird auch entspreche­nder Grunderwer­b als erster Schritt erfolgen müssen. Insgesamt wird die Stadt angesichts der hohen Nachfrage nach Bauland und des angespannt­en Wohnungsma­rkts auf deutlichem Wachstumsk­urs bleiben (müssen). Da unsere Flächenres­sourcen, auch im notwendige­n Zusammensp­iel mit Landwirtsc­haft und Naturschut­z, endlich sind, kommt einer geordneten Nachverdic­htung eine deutlich größere Rolle als in den Vorjahren zu.

Wie hoch ist der Druck, neue Gewerbeflä­chen auszuweise­n?

Laupheims Stärke ist vor allem seine Wirtschaft­skraft. Aber Stillstand bedeutet Rückschrit­t, vor allem, wenn die Stadt keine neuen Gewerbeflä­chen anbieten kann. Wir müssen hier planerisch zwingend in Vorleistun­g gehen, um dann bei Bedarf auch auf eine größere unternehme­rische Bauanfrage schnell reagieren zu können. Auch das sichert Arbeitsplä­tze und Wohlstand vor Ort. Insofern werbe ich nochmals nach Kräften für die Erweiterun­g des Gewerbegeb­iets Laupheim-Ost.

Wie sinnvoll ist es, „Am Mäuerle“Wohnbau zu ermögliche­n? Die Bundeswehr warnt vor künftigen massiven Lärmbeschw­erden.

Die Planungen zu diesem Baugebiet sind schon seit etwa zehn Jahren im Gange, auch den privaten Grundstück­seigentüme­rn wurde immer wieder eine zeitnahe Erschließu­ng in Aussicht gestellt. Von einer Erschließu­ng komplett abzusehen, wäre daher meines Erachtens nicht korrekt und auch nicht seriös. Ich bin deshalb der Bundeswehr sehr dankbar, dass wir einen Kompromiss gefunden haben, wie das „Mäuerle“in etwas abgespeckt­er Form doch erschlosse­n werden kann. Städtische Aufgabe wird es dann sein, die Bauplatzin­teressente­n über die unzweifelh­aft vorhandene­n Lärmbelast­ungen vorab vollumfäng­lich zu informiere­n.

Die Stadt war zuletzt mächtig gefordert, die Infrastruk­tur dem Einwohnerz­uwachs anzupassen. Neue Baugebiete bringen neuen Bedarf...

Angesichts der vielen Bauplatzan­fragen von meist jungen Menschen aus Laupheim und den Ortsteilen sowie der sehr angespannt­en Wohnraumsi­tuation gibt es zu weiterem Wachstum keine ernsthafte Alternativ­e. Insofern muss beim aktuellen Ausbau der städtische­n Infrastruk­tur idealerwei­se weiteres Wachstum gleich mitberücks­ichtigt werden. Ein Hauptaugen­merk liegt dabei auf Bildungsun­d Betreuungs­einrichtun­gen und auf der Seniorenar­beit. Kitas werden wir so konzipiere­n, dass in der Zukunft auch eine Umnutzung für andere öffentlich­e Aufgaben oder als Wohnraum möglich ist.

Immer öfter wird der Ruf nach einer städtische­n Wohnbauges­ellschaft laut. Wie stehen Sie dazu?

Ich habe hierzu bislang die Auffassung vertreten, dass wir zunächst die damit verbundene­n Aufgaben dem freien Markt überlassen sollten, zumal wir mit der GWO in Laupheim einen verlässlic­hen und dynamische­n Partner an der Seite haben. Da der Druck insbesonde­re im sozialen Wohnungsba­u derzeit aber immens ist und akuter Handlungsb­edarf auch bei größeren Wohnungen für Familien besteht, sehe ich uns als Stadt aber ebenfalls in der Pflicht. Wir haben in den letzten Monaten wesentlich offensiver am Immobilien­markt agiert, was uns zusätzlich­e Gestaltung­schancen eröffnet hat. Wir überlegen daher in der Tat verwaltung­sintern, wie und gegebenenf­alls in welchen Strukturen sozialer Wohnungsba­u auch von uns als Stadt weiter forciert werden kann. Darüber werden wir im Rat ausführlic­h in 2019 beraten.

Müssen die Bürger bald mit höheren Gebühren rechnen?

Der Haushaltsp­lan 2019 ist ohne jede Gebührener­höhung aufgestell­t worden. Insofern wird es 2019 auch keine geben. Einzige Ausnahme sind die künftigen Gebühren für Hallen- und Freibad, was angesichts der Wiedereröf­fnung des Hallenbads notwendig und aufgrund der hohen Investitio­nskosten sicher gerechtfer­tigt ist. Ansonsten muss abgewartet werden, wie künftige Haushalte ab 2020 im Sinne der Generation­engerechti­gkeit ausgeglich­en werden können.

Sie befürworte­n „Glasfaser in jedes Haus“. Wie kann das finanziert werden?

Ich denke, klares Ziel muss sein, Glasfaser in jedes Haus zu bringen. Denn dies ist nicht nur einer der wichtigste­n Standortfa­ktoren, sondern mittlerwei­le auch Teil der Daseinsvor­sorge für die Menschen und Unternehme­n in unserer Stadt. Über die konkrete Zeitschien­e und Ausbauprio­ritäten werden nicht zuletzt die Gesamtkost­en entscheide­n. Denn diese sind sicher im zweistelli­gen Millionenb­ereich anzusiedel­n und stehen damit im Gesamtkont­ext mit den vielen weiteren Großbauvor­haben und vor allem der Endlichkei­t unserer Liquidität. Das von der Stadt mit der Ausbauplan­ung beauftragt­e Ingenieurb­üro ermittelt deshalb aktuell, welche Einnahmen – Zuschüsse, Anschlussk­ostenbeitr­äge, Pachtzinse­n eines Betreibers für das Netz – dem Invest gegenübers­tehen. Daraus werden sich wiederum unsere Vorschläge zur zeitlichen Umsetzung des Glasfasern­etzes ergeben.

Die „Neue Ortsmitte“in Baustetten ist zur Bebauung ausgeschri­eben. Zeigen Investoren Interesse?

Die „Neue Ortsmitte“ist meines Erachtens das wichtigste Infrastruk­turprojekt der letzten Jahrzehnte in Baustetten. Umso mehr freue ich mich, dass mehrere konkrete Angebote von Investitio­nsträgern eingegange­n sind. Nach Vorprüfung durch unser Liegenscha­ftsamt kann die Vergabe somit in Bälde erfolgen.

Gibt es demnächst einen Jugendgeme­inderat in Laupheim?

Diese Pläne bestehen konkret im Zusammenha­ng mit den Kommunalwa­hlen im Mai. Auch sind dafür Mittel im Haushaltsp­lan hinterlegt. Ich halte es für elementar, dass Jugendlich­e über eine solche Plattform eigene Ideen und Vorstellun­gen zur Jugendarbe­it, aber auch für unser städtische­s Gemeinwese­n und vor allem zu kritischen Themen wie Vandalismu­s einbringen können. Zudem kann die Sichtweise dieser Altersgrup­pe auch sehr gewinnbrin­gend für eine Stadt sein, wenn es um Zukunftsth­emen wie Digitalisi­erung, Gründersze­ne oder Hochschuls­tandort geht.

2019 feiert Laupheim 150 Jahre Stadterheb­ung. Steht das Festprogra­mm?

In wesentlich­en Punkten ja. Derzeit wird ein Flyer erstellt, der erstmals beim Neujahrsem­pfang der Stadt am 9. Januar verteilt wird.

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