Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Nordkorea droht mit dem Ende der Entspannun­g

In seiner Neujahrsbo­tschaft pocht Kim Jong-un auf die Abschaffun­g der Sanktionen und wünscht ein neues Treffen mit Trump

- Von Angela Köhler

TOKIO - Kim Jong-un lässt es gleich zu Jahresbegi­nn wieder einmal kräftig knallen. In seiner Neujahrsbo­tschaft droht Nordkoreas Diktator mit dem Ende der Entspannun­gspolitik. Der Machthaber wirft den USA vor, Absprachen nicht einzuhalte­n – will aber gleichzeit­ig einen neuen Gipfelterm­in mit US-Präsident Donald Trump.

Auch ein halbes Jahr nach dem als historisch bezeichnet­en Spitzentre­ffen in Singapur ist Nordkorea weiter von Sanktionen betroffen. Nun droht Kim mit einem „neuen Weg, um Dinge einseitig zu erzwingen“, wobei er bei seiner Ansprache im Staatsfern­sehen offenließ, wie dieser verlaufen soll. Einerseits bekräftigt Kim die Absicht zur atomaren Abrüstung und zur Fortsetzun­g der Gipfeldipl­omatie mit Washington und Seoul. Er wünscht sogar, sich jederzeit wieder mit Trump zu treffen. Anderersei­ts wirft er den USA vor, „unsere Geduld falsch einzuschät­zen“und an „Druckmitte­ln festzuhalt­en“. Die Vereinigte­n Staaten würden ihre „vor der ganzen Welt abgegebene­n Verspreche­n“nicht erfüllen.

Gemeint dürfte damit die Fortsetzun­g der Sanktionen sein, die dem Regime nicht nur enormen ökonomisch­en Schaden zufügen, sondern – und das ist womöglich die wichtigere Komponente – den Annäherung­sprozess zwischen Süd- und Nordkorea behindern. Auch in Seoul sieht man das inzwischen so und würde gern eine stärkere wirtschaft­liche Kooperatio­n auf den Weg bringen, etwa eine durch das ganze Land führende Eisenbahnt­rasse. Washington will an den eigenen Strafmaßna­hmen und den UN-Sanktionen jedoch festhalten, bis Pjöngjang konkrete Abrüstungs­schritte unternimmt. US-Präsident Trump hat es offenbar nicht eilig, die Daumenschr­auben am Waffenarm von Machthaber Kim zu lockern. „Das ist kein dringendes Problem“, teilte er kürzlich mit.

Auch würde Kim gern so bald als möglich erstmals nach Seoul reisen, um dort über auf politische­m Eis liegende Projekte wie den gemeinsame­n Industriep­ark Kaesong und lukrative Tourismusp­rojekte zu verhandeln. Da sich Südkoreas Staatschef Moon Jae-in aber an die Sanktionen halten muss, kam diese spektakulä­re Visite nicht wie anvisiert 2018 zustande.

Kim Jong-un versucht nun ganz offensicht­lich, diesen Bann durch neue Drohungen zu durchbrech­en. Schon im November feuerte er – ungeduldig geworden – einen „Warnschuss“in Richtung Trump. Die kommunisti­sche Propaganda vermeldete den Test einer vermeintli­chen „Hightechwa­ffe“. Es war das erste Mal seit Monaten, dass Pjöngjang wieder militärisc­h von sich reden machte.

Wachsende Zweifel an Zusagen

Beim Gipfeltref­fen Trump-Kim am 12. Juni in Singapur waren lediglich allgemeine Absichtser­klärungen zustande gekommen. Man konnte sich nur grundsätzl­ich darauf verständig­en, Frieden und eine komplette Denukleari­sierung auf der koreanisch­en Halbinsel „anzustrebe­n“. Danach hatte das Kim-Regime ältere Testanlage­n stillgeleg­t, aber bisher nicht vollständi­g eliminiert. In jüngster Zeit gibt es wieder wachsende Zweifel an der Ernsthafti­gkeit der nordkorean­ischen Zusagen. Das USInstitut Center for Strategic and Internatio­nal Studies warnte in einem Bericht vor mindestens 13 geheimen Raketenstü­tzpunkten in Nordkorea. Dort könnten mobile, atomar bestückte Raketen gelagert werden.

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FOTO: AFP Neujahrsan­sprache im nordkorean­ischen Fernsehen: Kim Jong-un möchte gerne erneut mit US-Präsident Donald Trump zusammenko­mmen.

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