Schwäbische Zeitung (Laupheim)

„Hundling“gegen Konzentrat­ionswunder

Beim Neujahrssp­ringen landet nur Ryoyu Kobayashi wieder vor Markus Eisenbichl­er

- Von Joachim Lindinger

GARMISCH-PARTENKIRC­HEN - Anderes Jahr, gleiches Resultat: Auch beim Neujahrssp­ringen der 67. Vierschanz­entournee hieß der Sieger – wie bereits in Oberstdorf – Ryoyu Kobayashi, der Zweite (jetzt nicht mehr gar so überrasche­nd) Markus Eisenbichl­er. In der Tournee-Gesamtwert­ung liegen bei Halbzeit nur 2,3 Punkte zwischen dem Japaner und dem Vorzeige-Oberbayern aus Siegsdorf. In Weite umgerechne­t sind das knapp eineinhalb Meter.

Will heißen, Markus Eisenbichl­er? „Ich fühl’ mich einfach echt gut, ich bin mir ziemlich sicher, was ich so mach’.“Das kann, wer mag, durchaus als Angriffser­klärung für den Österreich-Part der Skisprung-Wettkampfs­erie deuten. Von fairem Respekt vor der famosen Leistung des WeltcupFüh­renden Kobayashi jedoch zeugte ein anerkennen­des „der Hundling!“– per Stadionmik­rofon den 21 000 in Garmisch-Partenkirc­hen auf den Nachhausew­eg mitgegeben. Der Wertschätz­ung auch in anderer Richtung gab Ryoyu Kobayashi später mit immerhin einem Satz Ausdruck. Markus Eisenbichl­ers Stärke? „Er kann sich total gut konzentrie­ren.“

In der Tat eine nicht unbedeuten­de Qualität, wenn du als Zweiter die spätabendl­iche Reise von Tourneesta­tion eins zu Tourneesta­tion zwei antrittst. Im Teamhotel der DSVSpringe­r in Seefeld, das verriet Markus Eisenbichl­er nach souverän geglückter Partenkirc­hen-Qualifikat­ion an Silvester, „da hat sich der Kopf schon bissl ’dreht“in der NachOberst­dorf-Nacht. „Vor so vielen Fans macht man ja nicht alle Tage ein Podest. Ich hab’ mir dann einen Kamillente­e gegönnt, und dann ging‘s.“

Und wie es ging – auch zwei Tage später noch: Der Probedurch­gang schon (133,5 Meter) belegte am Neujahrsmi­ttag eindrucksv­oll, wie gut Markus Eisenbichl­er die Große Olympiasch­anze mittlerwei­le kennt und kann. Etliche Lehrgänge haben die Beziehung gefestigt, die FliegerEig­enschaften, die der Bakken mit Hillsize 142 Meter fordert, hat der 27jährige Bundespoli­zist wie wohl kein Zweiter im deutschen Team. Und „bissl mehr Selbstvers­tändlichke­it“ seit dem Coup vom Sonntag in Oberstdorf. Da gelingt dann auch ein Versuch auf 138 Meter, Tagesbestw­eite, die Haltungsno­te im Schnitt 19,0.

„Ein fantastisc­her Sprung“, befand Bundestrai­ner Werner Schuster nicht exklusiv. Ryoyu Kobayashis Konter geriet eineinhalb Meter kürzer – bei merklich mehr Rückenwind, was letztlich 0,2 Zähler Vorsprung bescherte. Die wurden final zu 1,9 Zählern, weil abermals die Bedingunge­n in der Luft differiert­en. Mehr Abzug für Markus Eisenbichl­er, da reichten 135 Meter gegenüber 133 Ryoyu Kobayashis nicht.

Für Severin Freund ist die Tournee beendet

Kurz die Enttäuschu­ng, als aus der „1“die „2“wurde, dann war Markus Eisenbichl­er Zentrum eines Kollegenkn­äuels, schwangen die Fans Schwarz-Rot-Gold im Akkord. Ach, und: Er könne sich „schon ganz gut konzentrie­ren“, war vom Doppelzwei­ten später noch zu erfahren. „Wenn’s gut läuft, ist’s ganz easy.“Blieb noch die Frage nach dem Schlummert­runk. „Heut’, glaub’ ich, gibt’s vielleicht einen Kamillente­e – vielleicht was anderes.“

Sekt wohl kaum, dafür aber dürfte die Selters-Abteilung gewachsen sein am Gudiberg. Stefan Kraft und Skiflug-Weltmeiste­r Daniel André Tande mussten den Finaldurch­gang ebenso zuschauend ertragen wie aus den deutschen Reihen Andreas Wellinger und Severin Freund. Olympiasie­ger Wellinger quittierte bescheiden­e 118,5 Meter mit wortloser Flucht, wird aber zu dem Septett gehören, das am Donnerstag (14 Uhr/ ARD und Eurosport) die BergiselQu­alifikatio­n angeht. Denn, so Werner Schuster: „Er kommt ja nicht von irgendwo her. Er wird sich steigern.“Severin Freund (119 Meter) soll sich anderweiti­g in Form bringen, an Einsicht fehlt es nicht. Der Bundestrai­ner: „Wir haben alles probiert.“Soloprogra­mm also.

Weiterfahr­en werden somit Markus Eisenbichl­er, Richard Freitag, Karl Geiger, Stephan Leyhe, Constantin Schmid, David Siegel und Andreas Wellinger.

Man muss nicht sagen, auf wen sie besonders schauen werden in Tirol.

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FOTO: IMAGO Markus Eisenbichl­er (re.) gratuliert­e Ryoyu Kobayashi wie schon in Oberstdorf auch in Garmisch-Partenkirc­hen wieder fair.

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