Schwäbische Zeitung (Laupheim)

David Siegels Zukunft beginnt jetzt

Nach zwei 17. Rängen darf der 22-jährige Schwarzwäl­der die Vierschanz­entournee erstmals zu Ende springen

- Von Joachim Lindinger

GARMISCH-PARTENKIRC­HEN - Neujahr zeigte die Möglichkei­ten. Neujahr 2016 – da sprang David Siegel in Garmisch-Partenkirc­hen Ski: Vierschanz­entournee, zweite Station. Empfohlen hatte sich der damals 19Jährige vom SV Baiersbron­n durch einen Sieg im Continenta­l Cup kurz zuvor in Rovaniemi. Garmisch-Partenkirc­hen jetzt also, nachdem in Oberstdorf der Qualifikat­ionsversuc­h eine „ziemliche Gurke“(O-Ton Siegel) und folglich zu wenig gewesen war. An Neujahr passte alles: Platz 16 vor 25 500 Zuschauern, 15 Weltcup-Punkte gleich beim ersten Start unter den Stärksten seines Fachs. Ein Verspreche­n auf die Zukunft. Beginnen könnte sie für David Siegel, 22 inzwischen, jetzt. Nach harter Zeit – und einer bislang feinen Tournee 2018/19.

Für sie hatte sich David Siegel zum Ziel gesetzt, „bis zum Ende in Bischofsho­fen zu springen“, sprich: den Cut von 13 auf sieben zu überstehen, den Bundestrai­ner Werner Schuster vor Innsbruck bei seinem Personal machen muss. Zu viel Bescheiden­heit für einen, der gleich zum Saisonauft­akt – als 13. in Wisla – mit seinem besten Karriereer­gebnis aufhorchen ließ? Der heuer bei jedem WeltcupSpr­ingen die Qualifikat­ion überstand, sechsmal den Finaldurch­gang erreichte? Von dem eben Werner Schuster sagt: „David Siegel macht sehr viel Spaß“? Das Kopfschütt­eln kommt energisch. Skispringe­n ist schnellleb­ig, Weite fragil. Und David Siegel schlicht froh, da zu sein, wo er ist: „Jetzt möcht’ ich nicht ’nen Schritt zurück machen, sondern das mindestens halten. Und wenn’s dann Zentimeter für Zentimeter, Wettkampf für Wettkampf weiter nach vorne geht, dann werd’ ich nicht meckern.“

Gemeckert hat David Siegel auch nicht, als er – nicht allzu lang nach Gold bei der Junioren-WM 2016 in Rasnov (vor Domen Prevc übrigens und Ryoyu Kobayashi) – jäh zum Zuschauen verurteilt war: Sprunggele­nkentzündu­ng, verzögerte Heilung, Operation schließlic­h und Schanzenab­stinenz bis Sommer 2017 – der Bundestrai­ner sprach von einer „fast schon tragischen Komponente, dass ein junger Mensch so auf die Probe gestellt wird“. Wieder zurück, war David Siegel „knapp dran an der Weltcup-Mannschaft“(Werner Schuster), aber letztlich nicht regelmäßig drin. Ein Wanderer zwischen den Skisprungw­elten, zwischen Continenta­l Cup (häufig; vier Siege) und Weltcup (selten). Darüber hadern? Das wäre nicht David Siegel. Der blickt nach vorne an Neujahr 2019. „Ich kann nur sagen, jetzt – da, wo ich steh’ – bin ich echt zufrieden, und da will ich weitermach­en.“Die Zeit der Verletzung hat David Siegel für sich als „einfach ’ne Pause“definiert. „Anstrengen­d“zwar sei die gewesen – „weil man nie weiß, ist es wirklich eine Pause oder ist es ein Ende oder was auch immer“. Aber das ist überstande­n. Gut überstande­n. ein Grinsen: „In der Zeit hab’ ich meine Freundin gekriegt.“In der Zeit hat David Siegel beruflich manches forciert, er ist Bundespoli­zist; in der Zeit hat er sich in Titisee-Neustadt, Ortsteil Neustadt, eingelebt, wo er seit fast zwei Jahren wohnt. Am Fuße quasi der Hochfirsts­chanze ...

Beflügelnd­e Nähe

Eine gewiss beflügelnd­e Nähe – doch so einfach erklären sich Platz 17 am Sonntag in Oberstdorf („Das waren zwei Sprünge, die waren okay“) und Rang 17 auch gestern in Garmisch-Partenkirc­hen nicht. Nach zwei halben, vor den Österreich-Stationen beendeten Tourneen war das große Ziel diesmal auch großer Antrieb. Akribische­s Arbeiten gilt als eine der Stärken des David Siegel, eine hilfreiche Stärke, will man alles hektische Drumherum ausblenden, sich aufs Wesentlich­e fokussiere­n: „Man weiß ganz genau, was seine Baustellen sind. Und wenn man sich auch daran hält, dann kann man sich auch steigern.“Zumal, wenn man David Siegels Voraussetz­ungen hat: einiges Talent, prima Proportion­en, starke Sprungkraf­twerte.

Neujahr 2019 bestätigte die Möglichkei­ten. Lohn sind Innsbruck und Bischofsho­fen.

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FOTO: JOACHIM HAHNE Den goldenen Adler für den Sieg in der Tournee wird David Siegel nicht gewinnen, aber er darf erstmals mit nach Österreich.

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