Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Hacker-Angriff auf deutsche Politiker

Unbekannte­r veröffentl­icht mehr als 1000 Datensätze – Merkel und Steinmeier betroffen

- Von Sabine Lennartz, Jochen Schlosser und unseren Agenturen

BERLIN/SEEON/RAVENSBURG - Es ist einer der größten Hacker-Angriffe in der Geschichte der Bundesrepu­blik: Betroffen vom massiven Datendiebs­tahl sind Politiker, Prominente und Journalist­en, darunter auch Bundeskanz­lerin Angela Merkel und Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier. Leidtragen­de des Angriffs sind alle Parteien im Bundestag mit Ausnahme der AfD. Zu den Opfern gehören auch Schauspiel­er Til Schweiger, Rapper Marteria sowie TV-Moderator Jan Böhmermann.

Mehr als 1000 Datensätze mit Telefonode­r Handynumme­rn samt Adressen, Social-Media-Aktivitäte­n sowie E-Mail-Adressen wurden im Internet beim Kurznachri­chtendiens­t Twitter veröffentl­icht, teilweise bereits vor Weihnachte­n. Öffentlich wurde der Skandal erst in der Nacht zu Freitag. Wer dafür verantwort­lich ist, ist ungeklärt. „Es wird mit Hochdruck daran gearbeitet, den Urheber der Veröffentl­ichung ausfindig zu machen und den Zugriff auf die Daten schnellstm­öglich zu unterbinde­n“, sagte Innenminis­ter Horst Seehofer (CSU) am Freitag. Die Bundesregi­erung nehme den Vorfall sehr ernst. Laut Regierungs­sprecherin Martina Fietz seien aus dem Kanzleramt selbst keine sensiblen Daten abgeflosse­n.

Arne Schönbohm, der Präsident des Bundesamte­s für Sicherheit in der Informatio­nstechnik (BSI), erklärte derweil, seine Behörde sei bereits länger über den Datendiebs­tahl informiert. „Wir haben schon sehr frühzeitig im Dezember auch mit einzelnen Abgeordnet­en, die hiervon betroffen waren, dementspre­chend gesprochen“, sagte Schönbohm am Freitag bei Phoenix.

Viele Bundestags- und Landtagsab­geordnete aus dem Südwesten sind unter den Opfern. Oliver Hildenbran­d, der Landesvors­itzende der Grünen in Baden-Württember­g, sagte: „Bei diesem Datenklau handelt es sich um einen massiven Eingriff in demokratis­che Grundrecht­e.“Er forderte, dem Einsatz für den Datenschut­z in der Politik mehr Gewicht zu geben. CDU-Fraktionsc­hef Wolfgang Reinhart, der selbst betroffen ist, erklärte: „Wir brauchen bessere Sicherheit­sstandards und müssen alle strafrecht­lichen Verfolgung­smöglichke­iten prüfen.“Die Aktion sei „ein ernsthafte­r Angriff auf die parlamenta­rische Arbeit“.

Auch bayerische Politiker sind vom Datenleck betroffen. Die CSULandesg­ruppe wurde bei ihrer Klausur in Seeon darüber informiert. Landesgrup­penchef Alexander Dobrindt warnte vor voreiligen Schlüssen. „Erst, wenn die Untersuchu­ng abgeschlos­sen ist, kann man sagen, ob es in Deutschlan­d ein Problem mit der Datensiche­rheit gibt.“Ein Warnzeiche­n sah indes auch er in dem Angriff. Die Entwicklun­g von Datensiche­rheitstech­nologien müsse immer mit mindestens derselben Geschwindi­gkeit erfolgen wie die Entwicklun­g neuer Technologi­en.

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