Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Die Chance hinter dem Leck

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Das riesige Datenleck, über das persönlich­e Daten von Politikern und Prominente­n an die Öffentlich­keit geraten sind, ist verstörend. Es ist ein brutaler Eingriff in die Privatsphä­re, wie eine gigantisch­e Einbruchse­rie in Hunderte Wohnungen – nach der die Einbrecher und ihre Helfer private Fotos und Briefe der Einbruchso­pfer auf Plakate kleben. Eine positive Wirkung könnte dieser Angriff am Ende aber haben – wenn er endlich eine öffentlich­e Debatte auslöst über Datensouve­ränität.

Es ist ein Thema, das in der breiten Öffentlich­keit seit Jahren kaum vorkommt, das aber entscheide­nd ist für die Zukunft der freiheitli­chen Demokratie. Denn nur, wenn Bürger selbst über ihre persönlich­en Daten bestimmen können, haben sie in einer von der Digitalisi­erung umgekrempe­lten Welt dieselben Grundrecht­e wie in der vordigital­en Zeit. Nur, wenn die Datensouve­ränität der Menschen geschützt wird – vor Verbrecher­n wie vor staatliche­r Willkür –, ist ihre Wohnung unverletzl­ich, bleibt ihre Kommunikat­ion privat und ihr Eigentum geschützt.

Vor allem in zwei Bereichen muss in Deutschlan­d einiges besser werden, um die Datensouve­ränität zu stärken: Polizei und Staatsanwa­ltschaften müssen schlagkräf­tiger werden – und die digitale Aufklärung deutlich besser. Dass bei der Strafverfo­lgung einiges im Argen liegt, darauf weist die Tatsache hin, dass die jetzt geleakten Daten wochenlang von einem Twitter-Account mit einer fünfstelli­gen Followerza­hl verbreitet wurden – und keine Behörde einschritt. Es braucht mehr Spezialein­heiten, die Verbrecher­n das Leben wirklich schwer machen können: Die Zentralste­lle Cybercrime Bayern ist ein gutes Beispiel dafür.

Bessere digitale Aufklärung ist wiederum das beste Mittel, um Datenraub vorzubeuge­n. Sie muss in der Schule beginnen, mit zeitgemäße­m Unterricht in Medienkomp­etenz – und weitergehe­n mit Aufklärung­skampagnen zur digitalen Selbstvert­eidigung für Erwachsene: Dass viele Menschen für ihre digitalen Nutzerkont­en bis heute banalste Passwörter wie „123456“benutzen, ist erschrecke­nd. Es ist, als ließen sie ihre Wohnungstü­r unverschlo­ssen.

s.heinrich@schwaebisc­he.de

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