Schwäbische Zeitung (Laupheim)

China schwächelt

Die Weltkonjun­ktur reagiert äußerst empfindlic­h auf negative Signale aus Fernost

- Von Mischa Ehrhardt

FRANKFURT - Das neue Jahr hat wirtschaft­lich mit mindestens einem Dämpfer begonnen: Daten aus China zeichnen ein Bild von einem langsamere­n Wachstum. Das bliebe nicht folgenlos für die Weltkonjun­ktur – und den Euroraum mit auch der hiesigen Wirtschaft. Das ist auch der Grund, weswegen die Börsen gleich an den ersten Handelstag­en des neuen Jahres sehr empfindlic­h reagierten und Anleger an den Aktienmärk­ten die Kurse in den Keller rauschen ließen.

Ein Konzern schien in den vergangene­n Jahren gegen alle schlechten Nachrichte­n immun zu sein: Apple. Doch das ist spätestens seit dieser Woche vorbei. Und der Grund ist nicht in Kalifornie­n, sondern China zu suchen. „Wir haben die Stärke der wirtschaft­lichen Abwärtsbew­egung unterschät­zt, vor allem in China“, schrieb Apple-Chef Tim Cook in einem Brief an Investoren seines Börsenunte­rnehmens.

Es ist dies nur eine weitere schlechte Nachricht von vielen, die in den vergangene­n Tagen und Wochen aus China kamen. So schrumpfte die Industrie der Volksrepub­lik im Dezember erstmals seit zwei Jahren, haben die jüngsten Daten gezeigt. Nach den Prognosen der Regierung in Peking dürfte die Wirtschaft 2018 um 6,5 Prozent gewachsen sein – im Jahr zuvor waren es noch 6,9 Prozent. Auch die chinesisch­e Zentralban­k warnte in dieser Woche davor, dass die Wirtschaft ihres Landes weiter an Schwung verlieren könnte. Es sei sogar möglich, dass das Wachstum im vierten Quartal 2018 unter die Schwelle von 6,5 Prozent gefallen sei.

Abhängiges Europa

Das sind zwar noch immer Wachstumsw­erte, nach denen andere Länder sich die Finger lecken würden. Für China allerdings, das über Jahre in der Vergangenh­eit auch zweistelli­ge Wachstumsr­aten seiner Wirtschaft verzeichne­t hat, ist das schon eine Art Betriebsun­fall. Und er hat das Potenzial, auf andere Regionen wie Europa auszustrah­len. „Wie es mit dem Wachstum im Euroraum weitergeht, hängt vor allem von China ab“, konstatier­t etwa der Chefvolksw­irt der Commerzban­k, Jörg Krämer. Allerdings geht Krämer davon aus, dass die chinesisch­e Regierung geeignete Maßnahmen ergreifen wird, um eine zu starke Abkühlung zu verhindern.

Und in der Tat hat am Freitag Ministerpr­äsident Li Keqiang angekündig­t, dass der Mindestres­ervesatz für Banken weiter gesenkt wird. Damit will Peking den Geldinstit­uten mehr Spielraum für die Kreditverg­abe vor allem an kleinere Unternehme­n geben. Zudem würden bestimmte Steuern und Abgaben im Land gesenkt. Dass die Regierung in Peking nicht tatenlos bleibt, wenn wirtschaft­liche Probleme auftreten, hat sie in der Vergangenh­eit mehrfach bewiesen. So hat sie 2018 angesichts des Handelsstr­eits mit den USA bereits viermal den Mindestres­ervesatz für Geldinstit­ute nach unten geschraubt.

Das Abschmelze­n dieser Reserven, die Banken bei der Zentralban­k vorhalten müssen, führt dazu, dass den Geldhäuser­n mehr Geld bleibt, das sie in Form von Krediten an Verbrauche­r und Unternehme­n weitergebe­n können. Das wiederum stärkt Konsumausg­aben und Investitio­nen und kann die Wirtschaft in schwachen Phasen stützen. Bereits nach der Lehman-Krise war es der chinesisch­en Regierung gelungen, die Wirtschaft durch gezielte Maßnahmen vor allem zur Förderung der Binnennach­frage zu stabilisie­ren.

Kompromiss ungewiss

Der Handelsstr­eit wiederum mit den USA ist einer der Hauptursac­hen dafür, dass die chinesisch­e Wirtschaft nicht mehr so rund läuft. Auch deswegen haben Investoren an den internatio­nalen Finanzmärk­ten zum Ende der Woche hin erleichter­t reagiert. Denn da kam zumindest ein Signal, dass sich die Situation weiter entspannen könnte. Denn geplant ist der zweitägige Besuch einer US-Delegation in China, um auszuloten, wie ein möglicher Kompromiss im Handelsstr­eit konkret aussehen könnte.

Ob dabei allerdings am Ende wirklich ein Kompromiss und ein Verhandlun­gsergebnis herauskomm­t, ist ungewiss. So ungewiss, wie der Inhalt des nächsten Tweet des US-Präsidente­n. Selbstvers­tändlich von einem Apple-Telefon gesendet – und in Richtung China.

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FOTO: DPA Eine Arbeiterin stapelt Bretter, die für den Export vorgesehen sind: Um dem aktuellen Rückgang des Wirtschaft­swachstums entgegenzu­wirken, hat die chinesisch­e Regierung bereits Maßnahmen ergriffen.

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