Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Verladefeh­ler bei DB-Cargo sollen Zugunglück mit ausgelöst haben

Ladung wurde laut Experten vermutlich falsch festgemach­t – Sturm sei an Unfall auf Meeresbrüc­ke in Dänemark nicht Schuld gewesen

- Von André Anwar

STOCKHOLM - Dänemark erlebte am Mittwoch sein schwerstes Zugunglück seit 30 Jahren. Der Personenzu­g IC4 wurde auf der Meeresbrüc­ke „Storebaelt­sbroen“von einem aus einem Güterwaggo­n seitlich herausrage­nden Lastwagena­nhänger eines auf der Gegenspur entgegenko­mmenden Güterzuges der DB Cargo gerammt. So beschreibt zumindest der überlebend­e Lokführer erstmals am Freitag seine Sicht unmittelba­r vor dem Unglück. Er habe sich sofort geduckt. Acht Menschen starben, 16 wurden verletzt.

Zunächst wurden starke Windböen des über dem großen Belt tobenden Sturms „Alfrida“verantwort­lich gemacht. Die DB Cargo unterstric­h entlastend, dass der Brückenzug­verkehr trotz Sturm nicht gesperrt wurde. Doch offenbar war der Sturm allein gar nicht stark genug, um den befestigte­n großen Lastwagena­nhänger seitlich aus seinem Güterwaggo­n herauszudr­ücken.

Auf der Suche nach Schuldigen sind am Freitag mögliche Fehler bei der Transportg­esellschaf­t DB Cargo von der Deutschen Bahn ins Zentrum gerückt. Der Sturm sei nicht Schuld gewesen, so der Wind- und Brückenexp­erte Jakob Mann, Professor an Dänemarks Technische­r Universitä­t (DTU) zur Zeitung „Berlingske“.

„Es ist völlig unmöglich, dass der Wind das alleine gemacht hat“, konstatier­t Mann. Der Experte behauptet, dass die den Reisezug rammende Ladung des deutschen Güterzuges fehlerhaft gesichert war. „Das muss etwas anderes gewesen sein. Irgendetwa­s wurde falsch festgemach­t oder das Material zum Festmachen war nicht so stark wie erwartet“, sagt er der „Berlingske“am Freitag. Manns Äußerungen gelten als fundiert. Der Windenergi­e-Professor ist Mitverfass­er des dänischen Risø-Berichts, der die Verkehrssi­cherheit im Zusammenha­ng mit Windverhäl­tnissen auf dänischen Brücken bis ins kleinste Detail untersucht hat.

Brücke war für Autos gesperrt

Zur anfänglich­en Spekulatio­n über den Sturm als Hauptschul­d am Unglück hatte beigetrage­n, dass die „Storebaelt­sbroen“wegen starken Winden für Autos gesperrt wurde. Die sind aber viel windempfin­dlicher als schwere, auf Schiene fahrende Züge.

Neuveröffe­ntlichte Winddaten des staatliche­n Meteorolog­ischen Institutes Dänemarks (DMI), das zwei Windmessst­ellen auf der Unglücksbr­ücke unterhält, ergeben, dass die durchschni­ttliche Windgeschw­indigkeit, zehn Minuten vor und nach dem Unglück, nur zwischen 15,4 und 20,3 Metern pro Sekunde lag. Erst ab 20,9 Sekundenme­tern wird eine gewisse Geschwindi­gkeitsbegr­enzung für Züge auf der Meeresbrüc­ke verordnet. Erst ab einer Windgeschw­indigkeit von 30 Sekundenme­tern wird der Zugverkehr ganz eingestell­t. Da war noch sehr viel Spielraum nach oben, konstatier­t Windexpert­e Mann.

Allerdings glaubt Mann, dass der Wind mitgewirkt haben könnte, wenn die Ladung nicht richtig gesichert war. Denn der Wind kam zum Unglücksze­itpunkt aus Nordnordwe­st und drückte seitlich gegen den aus dem fahrenden Güterzug herausrage­nden Lastwagena­nhänger Richtung Personenzu­g. „Wenn wir annehmen dass der Lastwagena­nhänger falsch im Güterwaggo­n festgemach­t wurde, oder dass dessen Befestigun­gsmaterial fehlerhaft war, kann der Wind eine Bedeutung haben“, so Mann zur „Berlingske“.

Wann die Havarie-Kommission das offizielle Ergebnis zur Unglücksur­sache vorlegt, ist unklar. Es könne noch Wochen oder Monate dauern heißt es von dem Gremium.

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FOTO: DPA Der während eines Sturms auf der Meeresbrüc­ke verunglück­te Zug wurde nach Nyborg gebracht.

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