Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Diakonie bestätigt, Spende von Relotius erhalten zu haben
HAMBURG (epd) - Vor zwei Wochen wurden die Fälschungen des „Spiegel“-Redakteurs Claas Relotius bekannt. Der Journalist soll darüber hinaus, privat eingesammelte Spenden über sein Konto geleitet haben. Das Nachrichtenmagazin möchte seinen ehemaligen Mitarbeiter deswegen anzeigen. Doch nach Angaben von Relotius’ Anwalt hat sein Mandant die Spenden an die Diakonie Katastrophenhilfe überwiesen. Dies hat die Organisation inzwischen bestätigt.
„Spiegel“prüft Anzeige
„Wie geplant werden wir unsere Erkenntnisse der Staatsanwaltschaft zur Überprüfung der Frage überlassen, ob alle Spenden erfasst wurden und vor allem, ob und wie der nicht erfüllte Spendenzweck rechtlich relevant ist“, teilte der „Spiegel“-Verlag dem epd mit. Der „Spiegel“hatte am 22. Dezember über die Spendensammlung berichtet und eine Anzeige gegen Relotius angekündigt, diese bislang aber nicht erstattet.
Dabei geht es um einen Spendenaufruf im Anschluss an die 2016 erschienene und inzwischen als in wesentlichen Punkten gefälscht enttarnte „Spiegel“-Reportage „Königskinder“. Relotius hatte darin über ein angeblich aus Syrien geflohenes Geschwisterpaar berichtet, das in der Türkei auf der Straße lebe.
Relotius’ Anwalt Michael Philippi hatte in der vergangenen Woche mitgeteilt, nach dem Erscheinen von „Königskinder“hätten sich viele spendenbereite Leser gemeldet. Diesen habe Relotius angeboten, Geld über sein privates Konto zu sammeln und an das vermeintliche Geschwisterpaar weiterzuleiten. Auf diese Weise habe er mehr als 7000 Euro erhalten, die er aus eigenen Mitteln auf 9000 Euro aufgestockt und im Oktober 2016 an die Diakonie Katastrophenhilfe überwiesen habe.
Die Hilfsorganisation bestätigte den Eingang einer entsprechenden Überweisung von Relotius. Die Spende war demnach für ein Projekt für Flüchtlingskinder im nordirakischen Suleymaniah bestimmt. Laut „Spiegel“war die Spendenaktion der Redaktion nicht bekannt. Betroffene Leser hätten sich erst nach Auffliegen der Fälschungen bei dem Nachrichtenmagazin gemeldet.
Personelle Konsequenzen
Der „Spiegel“hatte am 19. Dezember offengelegt, dass Relotius im großen Umfang eigene Geschichten manipuliert hat. Er hatte die Fälschungen nach internen Nachforschungen zugegeben und das Haus verlassen.
Der Betrugsfall hat zumindest vorerst auch personelle Konsequenzen: Der designierte Co-Chefredakteur Ullrich Fichtner und der designierte Blattmacher Matthias Geyer haben ihre neuen Positionen nicht wie geplant zum Jahreswechsel angetreten. Ihre neuen Verträge ruhen, bis die vom Verlag eingesetzte Kommission den Fall abschließend untersucht hat. ANZEIGE