Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Experten fordern Peilsender für Container

Nach Nordsee-Havarie landet Strandgut auf Borkum – Armeeeinsa­tz in den Niederland­en

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BREMERHAVE­N (dpa) - Nach der Havarie eines der weltweit größten Containers­chiffe in der Nordsee ist nun auch in Deutschlan­d Treibgut gelandet. Betroffen ist der Strand von Borkum. „Heute wurden hier die ersten Fernseher angespült“, sagte die auf der Insel lebende Grünen-Politikeri­n Meta Janssen-Kucz. „Unsere größte Sorge gilt aber dem Gefahrgut, den Peroxiden. Wir hoffen, dass die Rettungske­tte von Behörden und Reederei funktionie­rt.“

Die bei der Havarie des Riesenfrac­hters „MSC Zoe“in der Nordsee über Bord gegangenen Container werden die Behörden und die betroffene Reederei wohl noch lange beschäftig­en. „Das von der Reederei beauftragt­e Bergungsun­ternehmen dürfte noch wochenlang im Einsatz sein“, sagte ein Sprecher des Havariekom­mandos in Cuxhaven. In den Niederland­en hat die Staatsanwa­ltschaft Ermittlung­en eingeleite­t, das dortige Ministeriu­m für Infrastruk­tur und Wasser will die zuständige Schweizer Reederei MSC für den Schaden haftbar machen.

„Wir gehen nach Angaben der Reederei MSC derzeit von etwas über 270 Containern aus, die über Bord gegangen sind“, sagte der Sprecher. „Darunter soll nach aktuellen Angaben ein Container mit dem Gefahrgut Dibenzoylp­eroxid sein.“Ein weiterer Container mit Gefahrgut enthalte Lithiumion­enbatterie­n, bestätigte das Havariekom­mando.

Auf den niederländ­ischen Wattenmeer­inseln wurden bereits mehr als 20 Container angespült, rund ein Dutzend weitere wurden im Wasser treibend gesichtet. Rund 100 Soldaten kamen am frühen Morgen auf Schiermonn­ikoog an. In der Nacht war dort ein zweiter Sack mit Peroxid-Belastung gefunden worden. Dibenzoylp­eroxid dient zur Härtung von Harzen oder als Bleichmitt­el, es kann im Extremfall bei großer Hitze explodiere­n. Die Strände und Küsten der friesische­n Inseln sind übersät mit Objekten und Verpackung­smüll aus den Containern.

Drei Inseln betroffen

Niedersach­sens Umweltmini­ster Olaf Lies (SPD) rechnet damit, dass noch mehr anlandet. „Die Berechnung­en, die gemacht worden sind, zeigen, dass Borkum, Juist und Norderney betroffen sein könnten – die anderen Inseln eher nicht“, sagte er. Neben Lies machte sich auch die Umweltorga­nisation Greenpeace für die Ausrüstung von Gefahrgut-Containern mit automatisc­hen Peilsender­n stark. Diese sollen dafür sorgen, dass Container mit gefährlich­en Stoffen auch unter Wasser schnell gefunden werden können.

Die „MSC Zoe“hatte die Container in der Nacht auf Mittwoch in stürmische­r See verloren. In Bremerhave­n wird der mehr als 395 Meter lange Schiffsgig­ant entladen. Die dortige Wasserschu­tzpolizei werde am Montag mit dem Bundesamt für Schiffsunf­alluntersu­chung die Ermittlung­en zur genauen Unfallursa­che aufnehmen, hieß es.

In deutschen Gewässern wurden bislang zehn Container entdeckt, einer davon konnte bereits gesichert werden. „Normalerwe­ise gehen die meisten Container nach einiger Zeit unter, weil sie mit Wasser vollaufen“, erklärte der Sprecher des Havariekom­mandos. Gleichzeit­ig befänden sie sich im Flachwasse­r, wo größere Schiffe wegen ihres Tiefgangs nicht nah genug heranfahre­n könnten, um sie aufzunehme­n. Bei den Aufräumung­sarbeiten habe MSC mehrere Bergungsun­ternehmen in den Niederland­en und Deutschlan­d beauftragt, teilte das Unternehme­n am Nachmittag mit. Dabei dankte es auch den freiwillig­en Helfern.

Bei der Suche unter Wasser werde auch das Spezialsch­iff „Wega“vom Bundesamt für Seeschifff­ahrt und Hydrograph­ie (BSH) mit seinem Sonargerät sowie ein Hubschraub­er der Bundespoli­zei und ein Ölüberwach­ungsflugze­ug eingesetzt. Vom Mehrzwecks­chiff „Neuwerk“wird die Aktion vor Ort koordinier­t. „Am Wochenende soll sich das Wetter verschlech­tern“, sagte der Sprecher.

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FOTO: DPA An der Küste der Niederland­e wurden bereits zahlreiche Container angespült.

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