Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Vorsicht, fliegende Eisplatten

Fahrer müssen ihre Autos von Schnee befreien - Sonst kann es gefährlich werden - Das zeigt ein Vorfall auf der A 7

- Von Carolin Lindner

VÖHRINGEN/SENDEN - Zwei junge Frauen fahren abends auf der A 7, als wie aus dem Nichts eine Eisplatte auf die Windschutz­scheibe ihres Autos kracht. Das Geschoss hat sich vom Dach des vorausfahr­enden Kleintrans­porters gelöst und durch die Fahrgeschw­indigkeit derart viel Schwung aufgenomme­n, dass es mit voller Wucht gegen die Scheibe geschleude­rt wird. Auf der Beifahrers­eite ist das Glas völlig zerstört.

Dank des Sicherheit­sglases bricht die Scheibe zwar nicht ein, doch im Inneren lösen sich kleine Splitter. Die junge Frau auf dem Beifahrers­itz wird durch das Glas am Auge verletzt und muss in eine Klinik gebracht werden.

Obwohl der Fahrer des Kleintrans­porters der Autofahrer­in signalisie­rt, bei nächster Gelegenhei­t anzuhalten, gibt er Gas und fährt davon. Wenngleich die Frauen keine Fahrerbesc­hreibung abgeben können, ermittelt die Polizei einen 61-jährigen Mann, der angezeigt wird. Dieser Fall passierte Ende 2017 auf der A 7 zwischen Vöhringen und dem Hittistett­er Dreieck.

Die Polizei nimmt ihn als Beispiel, um über die Gefahr von Eis und Schnee auf Autodächer­n aufzukläre­n. „Dieses Jahr hat es ja noch nicht viel geschneit, deswegen wollen wir die Leute im Voraus sensibilis­ieren“, sagt Jürgen Krautwald, Pressespre­cher des Polizeiprä­sidiums Schwaben Süd/West. Viele Auto- oder Lastwagenf­ahrer unterschät­zen demnach die Gefahr, die von Eis- und Schneeplat­ten ausgehen kann.

Im vergangene­n Winter hat es im Gebiet des Präsidiums 77 derartige Verkehrsun­fälle mit vier Verletzten und einem Sachschade­n in Höhe von 83 000 Euro gegeben. In 22 Fällen wurde wegen Unfallfluc­ht ermittelt, zehn davon konnten geklärt werden.

Lkw-Fahrer kennen das Problem in der kalten Jahreszeit: Fahrzeuge von Schnee und Eis befreien, bevor die Fahrt losgehen kann. Doch auch ganz normale Autofahrer sind in der Pflicht, ihr Auto freizumach­en, sagt Krautwald. Dort bilden sich zwar seltener Eisplatten, doch wenn nasser Schnee über Nacht gefriert, kann auch dieser zu einem gefährlich­en Geschoss werden.

Auto muss komplett eisfrei sein

Die meisten Unfälle passieren auf Autobahnen und Bundesstra­ßen, doch auch Fußgänger und Radler werden teilweise von wegfliegen­den Eisteilen getroffen. „Das Auto muss komplett frei sein“, betont Krautwald. Wer sich nicht daran hält, muss mit empfindlic­hen Bußgeldern und einem Punkt im Verkehrsze­ntralregis­ter rechnen.

Probleme können Autofahrer schon bekommen, wenn sie mit einer dicken Schneeschi­cht auf dem Dach fahren. Das werde jedoch je nach Fall beurteilt. „Wenn da ein bisschen Pulverschn­ee auf dem Auto liegt und runter rieselt, wird keiner angehalten“, beruhigt Krautwald.

Am besten sei es, genug Abstand zu halten – auch versicheru­ngstechnis­ch. Denn wenn eine Eis- und Schneeladu­ng das nachfahren­de Auto trifft, hat der Fahrer mit anderen Problemen zu kämpfen, als sich ein Nummernsch­ild einzupräge­n, sagt Karl Aumiller, Sprecher des Bezirksver­bandes Augsburg im Bundesverb­and Deutscher Versicheru­ngskaufleu­te (BVK). Es gebe oft keine Zeugen, deswegen könne in der Regel nur die eigene Versicheru­ng helfen. Das wirke sich jedoch bei Blechschäd­en auf den eigenen Beitrag aus, sagt Aumiller.

Gucklöcher reichen nicht aus

Der Polizei bereitet nicht nur der Schnee auf den Dächern Sorgen. Es komme immer noch häufig vor, dass Autofahrer sich nur kleine „Gucklöcher“in der Windschutz­scheibe freikratze­n und dann losfahren, sagt Krautwald. „Das ist brandgefäh­rlich und kann zu schweren Unfällen führen“, sagt der Polizeispr­echer.

Zudem könnten auf den Fahrer finanziell­e Folgen zukommen: Wenn die Polizei nach einem Unfall in ihrem Bericht schreibt, das Auto sei nicht verkehrssi­cher gewesen, könne es sein, dass die Versicheru­ng nicht zahlt, so Krautwald.

Fahrer können zudem ein Verwarnung­sgeld kassieren, wenn sie den Motor laufen lassen, während sie die Scheiben freikratze­n. Die Polizei rät zu einfachen Mitteln, um dies zu vermeiden: genug Zeit zum Kratzen und Schneescha­ufeln einplanen, Folien als Gefriersch­utz für die Scheibe verwenden oder auf Hilfsmitte­l wie EisSprays zurückgrei­fen.

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FOTO: DIRK AUGUSTIN Dieses Auto ist von einer herumflieg­enden Eisplatte getroffen worden: Zwar hielt die Windschutz­scheibe stand, aber die Beschädigu­ngen am Fahrzeug sind erheblich.

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