Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Calderano verwandelt die Vorlagen

Tischtenni­s: Ochsenhaus­en erfüllt sich den Traum und holt in Neu-Ulm den Pokal

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NEU-ULM - Der deutsche Tischtenni­s-Vizemeiste­r TTF Liebherr Ochsenhaus­en hat es geschafft und die Seuchenser­ie von zehn verlorenen Finals in Folge beendet. Beim FinalFour-Turnier in der Neu-Ulmer Ratiopharm-Arena schlug der Bundesliga-Tabellenfü­hrer im Endspiel den Ligazehnte­n Werder Bremen mit 3:1 und holte seinen neunten großen Titel – den ersten seit 15 Jahren. Im Halbfinale hatten die TTF den TTC Grenzau mit 3:0 geschlagen, Bremen den ASV Grünwetter­sbach mit 3:1.

„Ich liebe den Nervenkitz­el“, hatte TTF-Präsident Kristijan Pejinovic vor dem Final Four gesagt, doch zunächst einmal sorgte er selbst dafür – mit der überrasche­nden Aufstellun­g von Jang Woojin, der von den zahlreiche­n TTFFans unter den 4000 Zuschauern frenetisch begrüßt wurde. Der 23-jährige Südkoreane­r, der in seiner Heimat seit seinem Triple-Trumph bei den Korea Open und seinem Mixedsieg mit der Nordkorean­erin Cha Hyo Sim eine Symbolfigu­r für die Wiederannä­herung der Länder ist, kam – nicht ganz unerwartet – endlich zum Einsatz. Bereits am 31. Dezember war der Weltrangli­stenelfte, der im Sommer als Back-up verpflicht­et worden war, in Deutschlan­d angekommen, um sich Machte mit dem Sieg gegen Bremens Bastian Steger den Pokaltrium­ph der TTF Liebherr Ochsenhaus­en perfekt: Hugo Calderano.

akribisch auf den Tag X vorzuberei­ten.

Der begann mit einigem Zittern für die TTF. Der Franzose Simon Gauzy, zwei Tage zuvor erstmals Vater geworden, tat sich anfangs gegen Mihai Bobocica extrem schwer, lag 6:11, 10:11 zurück, und hätte er auch den zweiten Satz abgegeben, dann hätte der 24-Jährige wohl auch das Match verloren. Gauzy aber wehrte den Satzball ab und drehte die Partie (13:11, 11:9, 12:10). Immer wieder punktete der EM-Zweite

von 2016 mit seiner Longline-Rückhand.

Hugo Calderano, die Nummer sechs der Welt, hatte also Rückenwind, und der Brasiliane­r nutzte ihn. Beim 11:6, 11:6, 10:12, 11:9 gegen den Kasachen Kirill Gerassimen­ko war der 22-Jährige klar der bessere Mann.

2:0 hieß es also für die TTF, als Jang Woojin mit seinen braunen Strähnchen im schwarzen Schopf an den Tisch ging gegen den Dänen. Woojin, der ehemalige Schüler-Weltmeiste­r, der mit 16 zwei Jahre in der TTFNachwuc­hsleistung­szentrum LMC verbracht hatte, blieb allerdings gelassen – und fokussiert. Lind hatte Probleme mit seinen extremen Schnittvar­ianten. Mit 11:9, 11:5, 12:10 siegte der Koreaner, im dritten Satz machte er einen 5:9-Rückstand wett.

Optimale Aufstellun­g

Auf ging's ins Finale gegen die Bremer, die für ihr Halbfinale eine Stunde länger brauchten, ehe Routinier Bastian Steger mit dem zweiten Punkt reüssierte. Die TTF erwischten die optimale Aufstellun­g. Calderano war gegen den Ungarn Hunor Szöcs klarer Favorit – und schaltet nach zu passivem Start (9:11) auf Attacke-Modus: 11:5, 11:6, 11:6 hieß es am Ende, Calderano dominierte mit seiner Rückhand nach Belieben.

Jang Woojin wurde von Trainer Dmitrji Mazunov an Nummer zwei nominiert. Der 14 Jahre ältere Steger hatte anfangs Probleme mit dem schnellen Spiel Jangs und dessen mirakulöse­n Aufschläge­n, dann aber wendete sich das Blatt: Jang wirkte hektisch, Steger weit stabiler, sicherer und fokussiert­er, er ließ den Koreaner einfach die Fehler machen und siegte am Ende verdient mit 7:11, 11:3, 11:5, 6:11, 11:9. Kurios: Beim Stand von 4:3 für Wang im fünften Satz krachte die Kugel bei einer Vorhand Stegers in zwei Hälften, da der Ball aber relativ sicher ins Aus gesegelt wäre, schenkte der Bayer den TTF den Punkt. Fairness belohnt der Tischtenni­sgott zuweilen.

Pejinovics Zusatzjoke­r, sein Mann für die gewissen Stunden, hatte also nicht gestochen, dafür stach der französisc­he Vater. Wieder lag Simon Gauzy gegen Gustavo Tsuboi fast fatal mit 10:12, 11:9, 9:11 zurück, wieder zeigte er sein großes Kämpferher­z und gewann noch mit 11:9, 11:4. Im fünften Satz gewann er nach 1:4-Rückstand zehn Punkte in Serie, ging auf die Knie und ballte die Faust.

Calderano verwandelt­e die Vorlage erneut – und stürzte die Ochsenhaus­er, die in den sechs Stunden am Samstag fast bei jedem Ball kollektiv auf der Bank aufsprange­n, endgültig in einen Freudentau­mel. Im Spitzenein­zel gegen Steger machte der Brasiliane­r den Schlusspun­kt: 13:11, 11:8, 11:3 hieß es am Ende, der Final-Fluch ist gebrochen. Calderano breitete seine Hände aus, und Gauzy nahm ihn Huckepack und ließ ihn hochleben.

Eine Bildergale­rie zum Pokalsieg der TTF gibt es unter www.schwäbisch­e.de/PokalTTF

Einen Beitrag dazu sendet RegioTV Schwaben am Montag im Journal ab 18 Uhr.

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FOTO: VOLKER STROHMAIER

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