Schwäbische Zeitung (Laupheim)

So erkennt man seriöse Schlüsseld­ienste

Biberacher Unternehme­n hat mit Vorurteile­n zu kämpfen – Verbrauche­rzentrale warnt

- Von Tanja Bosch

Biberacher Unternehme­n hat mit Vorurteile­n zu kämpfen.

BIBERACH

- Wer seinen Schlüssel verlegt, verliert oder einfach in der Wohnung vergisst, hat oftmals keine andere Möglichkei­t, als einen Schlüsseld­ienst zu rufen. In diesem Bereich einen seriösen Unternehme­r zu finden, ist allerdings gar nicht so einfach. Mitunter kann das sogar sehr teuer werden. Die Biberacher­in Hildegard Sapalski hat das kürzlich selbst erlebt, erst nach dem vierten Anlauf fand sie einen seriösen Schlüsseld­ienst in ihrer Nähe.

Nach dem Spaziergan­g mit ihrem Hund stand die 77-Jährige vor verschloss­ener Tür und niemand war zu Hause. Bei einer Nachbarin suchte sie Hilfe. Bei der Online-Suche im Internet und in den Gelben Seiten kamen die beiden Frauen aber nicht weiter. „Alles waren ganz komische Nummern“, sagt die 68jährige Nachbarin. Bei einem Mann am Telefon wurde sie dann skeptisch, er verlangte mindestens 300 Euro, könne das aber nicht abschließe­nd verspreche­n. „Er stellte ganz viele komische Fragen und konnte uns nicht einmal sagen, wie lange er braucht. Irgendwann habe ich aufgelegt.“

Nach weiteren Versuchen hatten die Frauen tatsächlic­h einen Unternehme­r aus Biberach am Telefon.

So viel Glück und Geduld haben nicht alle Menschen, die schnell wieder in ihre Wohnung wollen. Matthias Bauer von der Verbrauche­rzentrale Baden-Württember­g kennt dieses Problem nur zu gut. „Ich hatte erst kürzlich einen Mann am Telefon, dem man 1500 Euro abgeknöpft hat“, sagt er. „Da stecken wirklich kriminelle Machenscha­ften dahinter, wir versuchen schon seit Jahren auf das Thema aufmerksam zu machen. In manchen Fällen ist es sogar günstiger, eine Fenstersch­eibe einzuwerfe­n.“Und dennoch schaffen es immer mehr unseriöse Anbieter, Verbrauche­r in ihre Falle zu locken. Wie das badenwürtt­embergisch­e Innenminis­terium kürzlich bekanntgab, habe sich die Zahl der sogenannte­n WucherFäll­e im Handwerk 2018 mehr als verdreifac­ht. Gab es 2017 noch 151 Fälle, waren es im vergangene­n Jahr mehr als 500 Fälle.

Das bekommen auch die heimischen Unternehme­r mit: „Oft müssen wir den Schaden beheben, den zweifelhaf­te Anbieter hinterlass­en“, sagt Peter Potztave vom Schlüsseld­ienst PeTo 24, der zwischen Biberach und Ulm tätig ist. „Einige zerstören absichtlic­h den Schließzyl­inder, damit sie noch mehr Geld rausholen können.“Als überregion­ale Firmen bezeichnet er die Schlüsseld­ienste, die Ortsnähe vortäusche­n und möglicherw­eise auch eine heimische Vorwahl haben, dann aber für die Anfahrt zwei Stunden brauchen und das auch noch berechnen.

Seit 22 Jahren ist Peter Potztave gemeinsam mit seinem Kollegen Thomas Kley in dieser Branche tätig und hat einiges gesehen und erlebt: „Erst vor Kurzem war ich bei einer Frau in Biberach, die mir ihre Rechnung gezeigt hat: 675 Euro für das Öffnen einer zugezogene­n Tür. Das ist einfach gemein.“

Fehler: Preis nicht erfragt

Den größten Fehler, den die Menschen machen würden, sei, nicht nach dem Preis zu fragen: „Wir sagen den Leuten am Telefon immer, was es kostet. Eine zugezogene Tür zum Beispiel koste um die 120 bis 140 Euro“, so der 48-Jährige. „Das Schlimmste ist, wenn die Firma am Telefon sagt, dass sie sich die Tür erst einmal ansehen müssen.“Da müsse man mit einer Kostenfall­e rechnen.

Auch Matthias Bauer kennt die Tricks: „Wenn jemand den völlig überhöhten Preis nicht bezahlen möchte, dann wird Druck aufgebaut. Vor allem Frauen zahlen, weil sie froh sind, wenn sie den Mann wieder los sind.“Seiner Meinung nach, müsse man diesen Firmen schnellstm­öglich das Handwerk legen: „Das Problem muss endlich in der Politik ankommen und ernst genommen werden.“

Hildegard Sapalski hatte Glück, sie bezahlte „nur“130 Euro für die Öffnung ihrer Tür. „Ich finde den Preis völlig in Ordnung“, sagt die Rentnerin. „Der Mann war innerhalb einer Viertelstu­nde da und hat die Tür geöffnet ohne etwas zu beschädige­n.“Auch für Matthias Bauer ist das ein „faires Angebot“: „Man darf auch nicht vergessen, der Handwerker lässt alles stehen und liegen und kommt sofort.“Im Schnitt kostet die Öffnung einer Tür in Baden-Württember­g 80 bis 84 Euro, an Sonn- und Feiertagen und nachts liegt der Preis laut Verbrauche­rzentrale bei 148 Euro.

„Einige zerstören absichtlic­h den Schließzyl­inder, damit sie noch mehr Geld rausholen können.“

Peter Potztave vom Schlüsseld­ienst aus Biberach

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FOTO: TANJA BOSCH
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FOTO: PRIVAT Peter Potztave öffnet seit 22 Jahren in und um Biberach Türen, er kennt die Tricks mancher dubioser Firmen in seiner Branche nur allzu gut.

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