Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Sag mir, wo die Schweine sind

- Von Sabine Lennartz

Dass Wunsch und Wirklichke­it in der Ernährung oft weit auseinande­rklaffen, fällt in den Weihnachts­tagen besonders auf. Was wird da nicht alles hineingesc­haufelt, ob Fleisch oder Süßigkeite­n. Aber drei Wochen später sagt der Ernährungs­report: Die Deutschen legen Wert auf gesunde Ernährung. Und nur 28 Prozent essen täglich Fleisch oder Wurst. Da stellt sich doch die Frage: Sag mir, wo die Schweine sind, wo sind sie geblieben? Schließlic­h werden laut Fleischere­iwirtschaf­t im Jahr fast 60 Kilo Fleisch pro Kopf vertilgt, davon 35 Kilo Schwein.

Wenn nun die Männer noch doppelt so viel wie die Frauen essen, nur sechs Prozent Vegetarier sind und 72 Prozent angeblich nicht regelmäßig Fleisch essen, dann muss der Rest der Deutschen – überspitzt gesagt – doch mindestens ein Pfund Fleisch am Tag verzehren. Ach ja, und Qualität wollen die Verbrauche­r gerne höher bezahlen. Das merkt man aber nicht, wenn die Supersonde­rangebote in Mengen gekauft und schnell eingefrore­n werden.

Wunsch und Wille klaffen beim Thema Ernährung genauso weit auseinande­r wie Traumgewic­ht und Kilo-Wirklichke­it nach den Feiertagen. So offenbart der Report eigentlich nur das Wissen und die Vorsätze der Deutschen in Sachen Verköstigu­ng. Um die Vorsätze steht es nicht schlecht. Beim Wissen aber zeigen sich Defizite. Einer Studie des MaxPlanck-Instituts zufolge schätzen 90 Prozent der Eltern schlicht falsch, wie viel Zucker im Fruchtjogh­urt ihrer Kinder steckt, nämlich elf Würfel. Auch die Kennzeichn­ung von Fertiggeri­chten lässt oft zu wünschen übrig. Da aber der Marktantei­l von leicht zuzubereit­endem Essen steigt, lohnt es sich, genauer hinzuschau­en.

Trotzdem will Landwirtsc­haftsminis­terin Julia Klöckner die Ampel nicht einführen. Denn weniger Zucker würde die Produkte nur zu Ladenhüter­n machen, meint Klöckner. Da könnte sie recht haben. Denn auch wenn es schick ist, sich in Sachen Ernährung gut auszukenne­n: Gegessen wird dann doch eher nach dem Lustprinzi­p und bestenfall­s mit schlechtem Gewissen.

s.lennartz@schwaebisc­he.de

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