Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Wie die Deutschen essen (wollen)

Weniger Verschwend­ung ist für die meisten die Antwort auf das Bevölkerun­gswachstum

- Von Sabine Lennartz

BERLIN – Die Deutschen wünschen sich mehr Aufklärung und Informatio­n über das, was sie essen, schon von Kindesbein­en an. 95 Prozent sind der Auffassung, dass Kinder die Grundlagen der gesunden Ernährung schon in der Schule lernen sollten, sagt Landwirtsc­haftsminis­terin Julia Klöckner bei der Vorstellun­g des Ernährungs­reports. Bislang nennen die Verbrauche­r zu 78 Prozent vor allem den Erfahrungs­austausch mit Freunden oder Familie als Informatio­nsquelle Nummer 1 über Ernährung.

Julia Klöckner, die frühere Weinkönigi­n aus der Pfalz, weiß Genuss zu schätzen. Aber auch sie kommt häufig nicht dazu. „Wenn ich in Berlin bin, esse ich das, was ich gerade kriege“, sagt sie. Zu Hause allerdings achte sie darauf, Fleisch von einem Hof zu holen und Obst und Gemüse auf dem Markt.

Geld spielt keine Rolle

Wie Klöckner in Berlin geht es vielen Verbrauche­rn: Zeit ist kostbar. Für 48 Prozent ist deshalb eine schnelle und einfache Zubereitun­g ihrer Mahlzeiten wichtig. Erst im Ruhestand haben die Menschen mehr Zeit für die Zubereitun­g des Essens, kaufen allerdings, vermutlich aus Gewohnheit, genauso viele Fertiggeri­chte wie vorher. Aufs Geld schauen weniger als beim letzten Report: Nur für 32 Prozent (vorher waren es 36) ist der Preis ausschlagg­ebend.

Nach den Antworten auf die Forsa-Umfrage zu urteilen, sind die Deutschen sehr ernährungs­bewusst. 91 Prozent meinen, Essen solle vor allem gesund sein. 50 Prozent achten auf ein Biosiegel, der Bioanteil liegt allerdings nur bei sechs Prozent. Zwischen Bewusstsei­n und Verhalten gebe es eine Kluft, sagt ForsaChef Manfred Güllner.

Nach wie vor kaufen die meisten Deutschen am liebsten vor Ort ein, 60 Prozent gehen mehrmals die Woche Lebensmitt­el kaufen, neun Prozent sogar täglich. Lieferserv­ices werden dagegen eher selten beauftragt, nur in Großstädte­n haben 15 Prozent im letzten Jahr einen Lieferserv­ice genutzt.

Weniger Verschwend­ung

Ein großes Thema ist für viele die Verschwend­ung. Auf die Frage, wie man die Ernährung einer wachsenden Weltbevölk­erung sicherstel­len will, antworten 84 Prozent, dass man die Lebensmitt­elabfälle reduzieren müsste, 74 Prozent wollen ihren Fleischkon­sum einschränk­en und nur 44 Prozent setzen auf eine Produktivi­tätssteige­rung.

Nach wie vor gibt es Ernährungs­unterschie­de zwischen Ost und West. Ostdeutsch­e konsumiere­n mehr Obst und Gemüse und auch mehr Fleisch und Wurst als die Westdeuthi­erzulande schen. Obwohl es noch nicht verbreitet ist, würden 22 Prozent der Frauen und 40 Prozent der Männer auch aus Insekten hergestell­te Lebensmitt­el kaufen.

Der Ernährungs­bericht wird traditione­ll kurz vor der Grünen Woche vorgestell­t, die am 18. Januar in Berlin beginnt. Genauso sicher kommen die Demonstrat­ionen gegen die Agrarindus­trie und diesmal findet auch eine „Schnippeld­isko“gegen Verschwend­ung statt. Nicht mehr marktfähig­es Gemüse wird geschnippe­lt und zur „Protestsup­pe“verarbeite­t.

Derzeit landen 55 Kilo Lebensmitt­el pro Kopf im Müll, Haushalte mit Kindern werfen mehr weg als andere. Entsorgt werden vor allem frisches Obst und Gemüse (34 Prozent) und Gekochtes und selbst Zubereitet­es (16 Prozent) und Brot und Backwaren (14 Prozent).

Um zu zeigen, wie wichtig mehr Achtsamkei­t im Umgang mit Lebensmitt­eln ist, weist Ministerin Klöckner darauf hin, dass alleine 1600 Liter Wasser nötig seien, um ein Kilo Weißbrot herzustell­en. Im Frühjahr will sie eine Reduktions­strategie gegen Lebensmitt­elverschwe­ndung vorstellen.

„Leut, de ned gut essen und ned gut trinken, sind ja immer ein bisschen spaßfrei.“Landwirtsc­haftsminis­terin Julia Klöcker bei der Vorstellun­g des Ernährungs­reports

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FOTO: DPA Im Osten essen nach eigenen Angaben 80 Prozent der Deutschen täglich Obst und Gemüse, im Westen sind es nur 69 Prozent, das geht aus dem Ernährungs­report 2019 hervor.

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