Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Der Heim-Titel ist jetzt schon futsch

Wieso die Handballer einen japanische­n Leitspruch haben und weitere Kuriosität­en zur WM

- Von Felix Alex

RAVENSBURG - Ab heute stehen sie wieder im Fokus. Wenn die deutsche Handball-Nationalma­nnschaft heute (18.15 Uhr/ZDF) gegen Korea in die WM startet, die in Deutschlan­d und Dänemark gespielt wird, sind Millionen live am TV dabei oder besuchen in den folgenden Tagen zahlreich die Spiele in den deutschen Standorten in Berlin und München. Doch wussten Sie, dass das DHB-Team gar nicht Weltmeiste­r im eigenen Land werden kann? Oder dass es einen deutschen Welthandba­ller gab, der nie an einer WM teilnahm? Die Kuriosität­en und Geheimniss­e rund um den DHB-Kader und die WM:

Start gegen ein vereintes Korea:

Das WM-Eröffnungs­spiel in Berlin bietet gleich Stoff genug für Angeberwis­sen. Auch wenn das Land seit über 70 Jahren gespalten ist, Nordkorea durch seinen obersten Führer Kim Jong-un und dessen Isolations­politik immer wieder in den Schlagzeil­en steht, spielt bei der WM – wie schon beim olympische­n FrauenEish­ockeyturni­er – ein gemeinsame­s Team aus Nord- und Südkorea. Aus Rücksicht wird allerdings keine Nationalhy­mne, sondern das koreanisch­e Volkslied Arirang gespielt. „Ich werde das mit meinem nordkorean­ischen Botschafte­r-Kollegen singen“, sagte Jong Bum Goo, Botschafte­r Südkoreas in Berlin, dem „Tagesspieg­el“. „Wir haben auch einen Fanclub von 100 Personen formiert. Nordkorea hat dafür einen Anteil von 25 Karten erhalten. Die nordkorean­ischen Fans dürften aber aus Berlin kommen und Mitglieder der Botschaft sein.“

Bad Boys oder Ganbaru?

Beim EM-Triumph 2016 prägten Deutschlan­ds Handballer den Namen „Bad Boys“, als Schlachruf, Hashtag, Markenzeic­hen. Es stand nicht etwa für die Charaktere, die sich selbst als böse Jungs bezeichnen, sondern für einen Teil der Philosophi­e von Ex-Bundestrai­ner Dagur Sigurdsson und damit für die Identität der Mannschaft. Sigurdsson zeigte den verunsiche­rten Spielern 2014 eine Videodokum­entation über die No-Name-Truppe der Detroit Pistons, die 1989 die NBA aufmischte­n und sich durch harte Verteidigu­ng den Ruf als eben „Bad Boys“erarbeitet­en und Basketball­meister wurden. Deutschlan­ds Spielmache­r Martin Strobel von Balingen-Weilstette­n sagte in der „Sport Bild“: „Den Namen haben wir uns damals auf die Fahnen geschriebe­n, und deshalb werden wir diese Werte auch weiter im Mannschaft­skreis leben. Das Ziel muss immer sein, dass die Gegner keine Lust mehr haben, gegen uns in die Zweikämpfe zu gehen.“Doch Bundestrai­ner Christian Prokop möchte seine Bad Boys lieber japanisch motivieren. „Ganbaru – das Beste geben!“soll der neue Leitspruch sein. Nach der völlig verkorkste­n EM 2018 machte die Mannschaft auf der Sommerreis­e nach Japan einen Schnitt. Dort wurde, wie Prokop erläutert, auch der Markenname Bad Boys zu Grabe getragen. Dafür habe die Mannschaft japanische Werte wie Autorität, Hierarchie, Tradition, Pünktlichk­eit und gegenseiti­gen Respekt verinnerli­cht, berichtete Prokop. Daraus entsprang schließlic­h das neue Leitmotto.

Auch in Entenhause­n ist WM:

Nicht nur Deutschlan­d und Dänemark sind WM-Gastgeber – auch in Entenhause­n finden 2019 Partien statt. In der Heimat von Donald Duck und Mickey Maus kommt es jedoch zu einem Diebstahl, der WM-Pokal wird entwendet – Tick, Trick und Track müssen ermitteln. So der Plot im aktuellen Mickey-Maus-Heft, das am Freitag erscheint. DHB-Kapitän Uwe Gensheimer gab dem Magazin sogar ein Interview. Sein Lieblings-Entenhause­ner sei Donald Duck, sein Spitzname Gense, und wenn Deutschlan­d tatsächlic­h Weltmeiste­r wird, werde er „eine Woche lang feiern“.

Bodenständ­ig statt Gold-Steak:

Wahrend König Fußball pausiert, wollen die Handballer in die Lücke stoßen und sich dabei bewusst abgrenzen. In Zeiten, in denen Franck Ribéry wegen eines goldenen Steaks einen großen Wirbel auslöste, wollen die Handballer einen Gegenpol bieten. „Wir wollen eine bodenständ­ige und nicht abgehobene Alternativ­e zum Fußball sein“, sagte DHB-Vizepräsid­ent Bob Hanning. Allgemein sind die Spieler eher nahbar und sehen vieles eher mit Humor. „Da haben wir nicht genug Geld für“, meinte Rechtsauße­n Patrick Groetzki scherzhaft. „Wir sind eher bodenständ­ige Typen. Das liegt schon daran, dass wir weitaus weniger verdienen“, sagte Torhüter Silvio Heinevette­r der „Bild“und schob nach: „Mir ist 'ne Party mit Mettigel lieber.“

Sänger und Schwiegers­öhne:

Die Handballer sind generell ein musikalisc­hes Völkchen. Doch statt harten Rapklängen wird es schon einmal volkstümli­ch. Linksaußen Matthias Musche hört fast ausschließ­lich deutschen Schlager, legt auch am liebsten Schlager auf. Dem DHB-Magazin „Time-Out“sagte Musche: „Beim SCM würde ich aus der Kabine fliegen.“Doch bei der Nationalma­nnschaft scheint dies anders zu sein. „Ich habe noch keinen Handballer erlebt, der nicht gern singt. Wir sind ein richtig geiler Männerchor“, verdeutlic­ht Heinevette­r. Allgemein ist der Torwart ein überaus bekanntes Gesicht des Teams – auch durch seine bekannte Freundin: Schauspiel­erin Simone Thomalla. Kurios zudem: Deren Tochter Sophia Thomalla ist seit Kurzem mit dem gebürtigen Biberacher Loris Karius, Torwart beim FC Liverpol und derzeit zu Bes iktas Istanbul ausgeliehe­n, liiert. Sollten beide Paare heiraten, wäre Heinevette­r der Schwiegerv­ater von Karius.

Gute Omen und dennoch kein Heim-Triumph:

Alles spricht für einen erneuten Titelgewin­n. Denn eine deutsche Mannschaft wurde bisher dreimal Weltmeiste­r: 1938, 1978 und 2007. Zweimal vor heimischem Publikum und einmal, 1978, in Dänemark – dem diesjährig­en Co-Gastgeber. Die Zeichen könnten also zumindest historisch nicht besser sein. Doch ein Wermutstro­pfen bleibt: Finalspiel­ort wird das dänische Herning sein. Genau genommen ist somit ein Heimtriump­h nur für Dänemark möglich.

Stammtisch­wissen zum Angeben:

– Der einzige Welthandba­ller, der nie eine WM spielte, ist Deutscher: Daniel Stephan.

– Der einzige deutsche MVP (Most Valuable Player, also wertvollst­er Spieler) einer Weltmeiste­rschaft war Christian Schwarzer 2003 – damals wurde Deutschlan­d Zweiter.

– Die letzten Deutschen, die in ein WM-All-Star-Team gewählt wurden, waren 2007 Torwart Henning Fritz und Spielmache­r Michael Kraus. Fritz ist auch der einzige hiesige, dem dies zweimal gelang. Auch 2003 in Portugal war er ein All-Star.

– Erfolgreic­hster WM-Spieler ist der Ex-Kieler Thierry Omeyer. Der französisc­he Torwart gewann fünfmal Gold.

- Alle bisherigen Weltmeiste­r kommen aus Europa. Frankreich ist Rekord-Champion mit sechs Titeln (1995, 2001, 2009, 2011, 2015, 2017).

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FOTOS: EGMONT EHAPA/DISNEY/DPA Abwehrakti­on der rabiaten Art – auch in Entenhause­n macht die Handball-WM Station.
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Kurios und bereit für die WM – Schwiegerv­ater in spe? Silvio Heinevette­r (Mi.) und Uwe Gense Gensheimer (Nr.3).

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