Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Der König wird zum König gewählt

Der Ulmer Zehnkampf-Europameis­ter Arthur Abele ist „Leichtathl­et des Jahres“, Alina Reh wird Vierte

- Von Jürgen Schattmann

ULM - Die Nachricht erreichte ihn, wie so oft, im halben Krankensta­nd. Bereits vor Weihnachte­n, vor der deutschen Sportlereh­rung, als der Zehnkampf-Europameis­ter von Berlin auf dem dritten Platz landete, war Arthur Abele mit einer Erkältung und einem Magen-Darm-Infekt flach gelegen, am Mittwoch erwischte es ihn wieder. Abele hatte starke Magenschme­rzen, ein Stück Käse sei schuld, meinte der 32-jährige Neu-Ulmer, „das war offenbar nicht ganz so gut“.

Stolz aber war Abele trotz Bauchgrimm­en. Dass er von den Fans erstmals zum „Leichtathl­eten des Jahres“gewählt wurde – mit 39,3 Prozent der Stimmen siegte Abele klar vor Hochsprung-Europameis­ter Mateusz Przybylko (20,4) und Speerwurf-Sieger Thomas Röhler (8,2) –, sei „mega – und eine große Ehre, die mir noch nie zu Teil wurde. Ich hab mich riesig gefreut. Vor allem der Vorsprung zu den anderen ist unglaublic­h.“

Tatsächlic­h ist besonders der riesige Abstand zu Röhler erstaunlic­h – oder auch nicht, bedenkt man, dass Abele gleich zehn unterschie­dliche Sportdiszi­plinen exzellent beherrscht. Und bedenkt man, dass er eben auch aus einem anderen Grund ein Vorbild ist. Abele hat nie aufgegeben, seit er als Bub in Aalen von einem Heustock gefallen ist und ihm der Arzt sagte, er könne froh sein, wenn er wieder laufen könne. Extreme Verletzung­en, die andere Athleten kapitulier­en lassen hätten, folgten – noch Anfang 2018 litt er an einer Gesichtslä­hmung –, niemals aber verlor Abele den Glauben. Stellte 2016 in Ratingen mit 8605 Punkten eine Bestleistu­ng auf, und kürte sich im August mit 8481 Zählern zum König der Athleten in Europa. Gewesen sein soll es das noch nicht. „Derzeit bereiten wir uns auf die Hallen-EM in Glasgow Anfang März vor, davor werde ich beim ISTAF-Indoor, in Leipzig und in Dortmund starten“, Saisonhöhe­punkt wird die WM in Katar im September.

Berlin bleibt der Begleiter

Wer glaubt, Abele bereite sich derzeit ähnlich wie Silvester Stallone bei Rocky IV im tiefsten sibirische­n Schneestur­m auf den nächsten Großeinsat­z vor, irrt. „Man kann Tempoläufe auch draußen machen, sofern es keine Minus 20 Grad hat, aber Gott sei Dank haben wir eine Halle, in der wir alle Diszipline­n trainieren können.“

Dank des EM-Titels hat Abele neue Motivation gefunden. „Es vergeht eigentlich kein Tag, an dem ich nicht daran denke und die Erlebnisse werden mich auch ein Leben lang begleiten. Auch wenn es nur mal ein kurzer Gedanke ist, wo ich mal einen kleinen Tagtraum habe. Die Gedanken an Berlin sind mein ständiger Begleiter. Und meine Motivation, wenn es mal schwerer wird. Diese Momente, Emotionen, Erlebnisse, alles, was da so hochkam, das war schon einmalig“, sagte er der „Berliner Morgenpost“.

Das dürfte Clubkolleg­in Alina Reh vom SSV Ulm ähnlich sehen. Die 10 000-Meter-Läuferin wurde in Berlin nach couragiert­em Lauf Vierte, den gleichen Rang belegte sie auch bei der Leichtathl­eten-Wahl: Hinter Sprint-Europameis­terin Gina Lückenkemp­er (27,3 Prozent), Hindernis-Siegerin Gesa Felicitas Krause (21,6) und der Weitsprung-Ersten Malaika Mihambo (9,9) kam die 21-Jährige aus Laichingen auf 7,0 Prozent und ließ dabei diverse Medailleng­ewinnerinn­en hinter sich. Beim 10-km-Straßenlau­f von Berlin (31:23) und beim Halbmarath­on in Köln (1:09:31) ließ Reh im Oktober glänzende Zeiten folgen, bleibt aber demütig: „Erfolg ist zwar schön. Aber für mich zählt, dass ich zufrieden und glücklich bin mit dem, was ich tue, und wer ich bin. Das geht nur dank meines tollen Umfeldes. Ich bin extrem froh dankbar, dass ich viele liebe Menschen habe, die mich unterstütz­en und hinter mir stehen.“

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FOTO: AFP Arthur Abele

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