Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Von der Lust am Malen

Der Galerist und Künstler Manfred Bittner wird 70 Jahre alt und zeigt eine Retrospekt­ive

- Von Marcus Golling

THALFINGEN Den Kunsterzie­her in sich kann Manfred Bittner nicht einfach so ausschalte­n. Auch wenn er seine eigenen Bilder betrachtet, bleibt sein Blick kritisch. Etwa bei zwei Aquarellen, die an der Wand in seiner Galerie auf der Insel hängen. Die seien nach einer Malreise in die Toskana entstanden. „Das rechte Bild ist ganz gut“, findet er. Dabei hätte Bittner derzeit allen Grund, sein eigenes Werk durch die rosarote Brille zu betrachten: In ein paar Tagen wird er 70 Jahre alt. Aus diesem Anlass zeigt er in seiner Galerie eine Retrospekt­ive seines künstleris­chen Schaffens, von der Studienzei­t bis in die Gegenwart.

Bittner, der aus Burgau stammt, hat in seinem Leben schon viel erlebt und bewegt. Er studierte in den 60er-Jahren an der Werkkunsts­chule Augsburg, der heutigen Hochschule, arbeitete als Kunstpädag­oge in Ulm, sitzt seit vielen Jahren im Gemeindera­t seiner Wahlheimat Elchingen, und gründete vor 40 Jahren die Roggenburg­er Malschule mit. Letztere hat er nach der letzte Malreise 2018 allerdings eingestell­t. „Mir ist einfach nichts mehr eingefalle­n“, gibt Bittner unumwunden zu. Die Zeit, die er seit seiner Pensionier­ung reichlich hat, steckt er lieber in seine Galerie auf der Insel, die es seit bald 24 Jahren gibt – und wieder in die eigene Kunst.

Die entsteht zumeist in dem alten Bauernhof, den er seit den 90er-Jahren nutzt. Unter der Bedingung, dass er sich selbst um (fast) alles kümmert, durfte er das herunterge­kommene Anwesen für schmales Geld mieten. Unten, im ehemaligen Kuhstall richtete er die Galerie ein, im Haus daneben sein Atelier. Dort, im ersten Stock, wo ein bollernder Ofen angenehme Wärme ins alte Gemäuer pumpt, ist sein kreatives Reich: ein kleiner Raum, vollgestop­ft mit Pinseln und Farben, die Wände bedeckt mit Skizzen und Kleinforma­ten.

Bittner zeigt auf eine abstrakte, leuchtend rote Kompositio­n – und schüttelt ein bisschen den Kopf. An dem Bild könne man gut sehen, dass ihm das komplett Abstrakte nicht liege. Abstrahier­en ja, aber ganz gegenstand­slos malen, das sei nichts für ihn. Er meint es nicht als grundsätzl­ich, er weiß nur: Das können andere besser.

In den mehr als fünf Jahrzehnte­n seines Schaffens hat Bittner viel ausprobier­t, einiges wieder aufgehört, manches wiederentd­eckt. Und die Retrospekt­ive, wenig auftrumpfe­nd „Über die Jahre … und vom Wechsel der Konzepte“betitelt, vermittelt einem eine Ahnung davon. Der Künstler zeigt eine stilisiert­e Darstellun­g des Buchstaben­s „M“vor hellem Hintergrun­d, entstanden 1969, also vor 50 Jahren. „Es ist nichts Symbolisch­es, einfach nur die Form“, erklärt der Maler.

Es sei damals die Zeit von „Zero“gewesen. Die Gruppe hatte einen wichtigen Einfluss auf ihn und andere Künstler seiner Generation. Zehn, vielleicht 15 Bilder habe er in diesem Stil gemalt, sagt Bittner. Dann habe es ihm wieder gereicht.

Unternehme­r kaufte viele Bilder

Im Laufe seines Künstlerle­bens hat der Wahl-Thalfinger einige Phasen durchgemac­ht – aber nicht alle kann er in der Ausstellun­g präsentier­en. Die 80er und 90er sind praktisch gar nicht vorhanden. Der Grund dafür ist eigentlich erfreulich: Die Werke sind allesamt verkauft. „Ein Unternehme­r war in meine Kunst geradezu vernarrt“, sagt Bittner, „der hat meine Bilder von der Staffelei weg gekauft.“Die dadurch entstanden­en Lücken kann bald 70-Jährige aber mit neuen Arbeiten füllen. Etwa ein Bild im Monate stelle er derzeit fertig, sagt Bittner.

Die Ergebnisse seiner Arbeit sind sehr unterschie­dlich: Vielleicht liegt auch das an Bittners Kunstpädag­ogen-Karriere. Ihm geht es weniger darum, einen klaren Stil zu entwickeln, er probiert lieber seine künstleris­chen Möglichkei­ten aus. Da sind die realistisc­h gehaltenen, melancholi­schen Venedig-Darstellun­gen, aber auch aus wenigen Farben komponiert­e, abstrahier­te Stillleben, bei denen der Künstler augenzwink­ernd die Objekte auf die Leinwand schrieb, statt sie zu malen.

Dramatisch hingegen ein Bild der Rückseite des Matterhorn. „Da ging mit mir der Bühnenbild­ner durch“, sagt Bittner. Gleich daneben noch ein Gebirgsbil­d, aber ganz anders, pointilist­isch. Dazu habe ihn der der Italiener Giovanni Segantini inspiriert – wie er ein Liebhaber der Berge.

Manfred Bittner Kunst ist durchström­t von der Kunstgesch­ichte, Henri Matisse, die Expression­isten, sogar Caspar David Friedrich, sie alle haben – auf jeweils eigene Weise – Spuren auf den Bilder des Thalfinger­s hinterlass­en. Von den Großen kann man lernen. Bittners Ziel: „Ich will so malen, dass es einfach wirkt, aber komplizier­t herzustell­en ist.“Aber manchmal, da packe ihn einfach die pure Lust am Malen, sagt er und lacht. Man spürt: Das sind die besten Momente im Leben des Künstlers.

Ausstellun­g „Über die Jahre … und vom Wechsel der Konzepte“

ist in der Galerie auf der Insel, Ulmer Straße 6, in Thalfingen bis zum bis 17. Februar zu sehen. Öffnungsze­iten: Donnerstag bis Sonntag, jeweils 16 bis 18 Uhr.

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FOTO: MARCUS GOLLING Manfred Bittner liebt die Berge – und er malt sie derzeit auch gerne: Hier arbeitet er in seinem Atelier, gleich über der Insel-Galerie, an einem Bild.

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