Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Farbattacken gegen Büros von Politikern und Parteien
Rechtsextreme „Identitäre Bewegung“unter Verdacht - Anschläge auch in Berlin
ULM (mö/sz/krom/heo/epd) - Das Büro der Ulmer Bundestagsabgeordneten Hilde Mattheis, das Wahlkreisbüro der Grünen sowie das Parteibüro der Linken sind am Wochenende mit Farbe beschmiert und mit rechtspopulistischen Parolen und Flugblättern beklebt worden. Die Spuren an den Tatorten deuten in Richtung der rechtsextremen „Identitären Bewegung“.
Offenbar handelte es sich dabei um Teile einer konzertierten Aktion. Denn Unbekannte haben am Montagvormittag in Berlin das Redaktionsgebäude der Tageszeitung (taz), die SPD-Parteizentrale und das ARD-Hauptstadtstudio mit Plakaten gegen linke Gewalt beklebt. Der Staatsschutz ermittele wegen Hausfriedensbruchs und gegebenenfalls Körperverletzung. Ein möglicher Zusammenhang zwischen den unterschiedlichen Tatorten werde geprüft, teilte die Polizei mit.
Zu den Vorfällen bekannte sich auf Twitter die rechtsextreme „Identitäre Bewegung“und sprach von einer bundesweiten Aktion „gegen linke Gewalt vor sämtliche Parteibüros und Medienhäusern“.
Die „Identitäre Bewegung“wird von den Sicherheitsbehörden als verfassungsfeindlich eingestuft und vom Verfassungsschutz beobachtet. Ihren Ursprung hat sie in Frankreich (siehe Infokasten).
Augenscheinlich gehen auch die Attacken in Ulm auf das Konto der rechtsextremen Bewegung, deren Logo von den aufgeklebten Blättern prangt. „Gewalt und Terror von links – ignoriert, geleugnet, verharmlost“ist unter anderem darauf zu lesen.
„Ich lasse mich nicht einschüchtern und werde mich auch weiterhin für ein soziales Miteinander und ein weltoffenes und tolerantes Deutschland einsetzen“, erklärte Mattheis schriftlich.
Ob die Attacke als Antwort auf Mattheis ablehnende Äußerungen zu einer rechtspopulistische Veranstaltung, die noch in Ulm stattfinden soll, zu werten ist, sei unklar. Mattheis: „Diese Leute haben Demokratie und Meinungsfreiheit nicht verstanden. Das ist traurig und besorgniserregend. Es ist Auftrag an uns alle, dass wir klarmachen, dass die Mehrheit in diesem Land Gewalt als Mittel der politischen Auseinandersetzung grundsätzlich ablehnt.“
Mechtild Destruelle und Marcel Emmerich, die Kreisvorsitzende der Grünen in Neu-Ulm und Ulm, verurteilten den Anschlag auf das Büro ihrer Partei: „Die Grünen Ulm und Neu-Ulm stehen klar gegen Rechtsextremismus und für zivilisierten Umgang in der Politik und werden das auch weiterhin tun.“
Die Inspektion Staatsschutz der Ulmer Kriminalpolizei hat indes die Ermittlungen aufgenommen und spricht bei beiden Taten von einem „etwa gleichen Szenario“, so Polizeisprecher Wolfgang Jürgens im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“. Der Zusammenhang liege auf der Hand. Die Schmierereien sowie die angebrachten Folien seien schnell zu entfernen gewesen. Der entstandene Sachschaden sei „eher keiner“, so Jürgens. Ermittlungen über den Hintergrund seien dennoch angelaufen.