Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Ein großartiges Ende
Die Tenniswelt verneigt sich nach der letzten Niederlage in Australien vor Andy Murray
MELBOURNE (SID/dpa) - Schon vor dem letzten Punkt flossen die Tränen. Bei Mama Judy. Bei vielen Fans auf der Tribüne. Ganz sicher auch bei dem einen oder anderen Weggefährten vor dem Fernseher. Und schließlich war es auch um Andy Murray geschehen. Mit zittriger Stimme und feuchten Augen sprach der tapfere Schotte: „Ich habe alles gegeben, was ich hatte. Wenn das mein letztes Spiel war, dann war es ein großartiges Ende.“
Vier Stunden und zehn Minuten dauerte Murrays letztes Match bei den Australian Open, vier Stunden und zehn Minuten, die zum Mahnmal für das wurden, was die Tenniswelt in Zukunft vermissen wird. Trotz seiner unübersehbaren Hüftprobleme und drei Tage nach der emotionalen Rücktrittsankündigung kämpfte Murray gegen den Spanier Roberto Bautista Agut bis zum letzten Punkt. Bis er sich mit 4:6, 4:6, 7:6 (7:5), 7:6 (7:4) und 2:6 geschlagen geben musste.
Murray erhält Statue in Wimbledon
Wer zu diesem Zeitpunkt noch nicht ergriffen war, den rissen die Botschaften von Murrays Rivalen, Kollegen und Freunden hinweg, die über die Leinwand der Melbourne Arena flimmerten, während der Held mit offenem Mund und glasigem Blick auf dem Court zuhörte. „Wir können Dir gar nicht genug danken. Du hast so viel für diesen Sport getan“, sagten Alexander Zverev und Rafael Nadal. Roger Federer verkündete: „Ich bin Dein größter Fan. Du hast Schottland stolz gemacht, Du hast Großbritannien stolz gemacht, Du bist ein Sir – wer kann das schon von sich sagen?“Novak Djokovic erinnerte an ein Juniorenmatch, in dem ihm Murray „ziemlich heftig den Hintern versohlt“habe. Keiner habe damals die großen Karrieren beider vorhergesehen. Und die letztjährige MelbourneSiegerin Caroline Wozniacki aus Dänemark ließ wissen: „Wenn Du jemals einen Job als Coach suchst, an der Seite meines Vaters ist einer zu haben.“
Schon nach der emotionalen Pressekonferenz am Freitag, als Murray von seinen Schmerzen berichtet und unter Tränen seinen Abschied spätestens nach Wimbledon angekündigt hatte, hatte ihn eine Welle der Sympathie erfasst. „Den Respekt deiner Kollegen zu haben, ist das Wichtigste“, sagte Murray nun. Er hat ihn sich hart erarbeitet – auf und neben dem Platz. Murray (31), Olympia- und Wimbledonsieger und ehemalige Nr. 1, wird als „Braveheart“in die Tennisgeschichte eingehen, aber erst, wenn er auch den letzten Ball gespielt hat.
Dann wird er in Wimbledon auch ein echtes Denkmal bekommen. An der Stätte seiner großen Triumphe zweimal –gewann er den Grand Slam in wimbledon, einmal dort das Olaympische tennisturnier – soll er mit einer mit einer Statue auf der Anlage geehrt werden.
Wann genau das letzte Spiel Murrays sein wird, wird sich noch herausstellen und auch damit zusammenhängen, wie Murrays Körper auf die Belastung des epischen Matches gegen Bautista Agut reagiert. EurosportExperte Boris Becker, der sich selbst gut mit Hüftproblemen auskennt, ist zuversichtlich, dass es das noch nicht war. „Ich bin schwer überzeugt, dass
„Ich bin Dein größter Fan. Du bist ein Sir – wer kann das schon von sich sagen?“Roger Federer dankt und adelt Andy Murray.
wir Andy Murray in diesem Jahr noch einmal auf dem Tennisplatz sehen werden“, sagte der dreimalige Wimbledonsieger.
Und während Murrays Landsleute im All England Club an der Londoner Church Road bereits eine Statue für den zweimaligen Turniersieger und zweimaligen Olympiasieger planen, ließ der Volksheld in Melbourne sogar noch eine winzige Option auf eine Rückkehr offen: „Vielleicht sehe ich euch sogar alle wieder. Wenn ich noch mal zurückkommen wollte, wäre jedoch eine große Operation notwendig, und man wüsste dennoch nicht, ob das reichen würde.“
Wann und ob die Operation stattfindet, die vor allem seine Lebensqualität nach der Karriere erhöhen soll, will Murray in den nächsten Wochen entscheiden. Vielleicht verschiebt er sie bis nach Wimbledon, um in seiner Heimat endgültig Abschied vom Profitennis zu nehmen.