Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Bürgerinitiative für Neubau der Oper
Initiative „Aufbruch Stuttgart“schlägt Opern-Neubau vor – Stadt hält an Sanierungsplänen fest
STUTTGART (dpa) - In der Debatte um die Zukunft der Kulturmeile in der Landeshauptstadt spricht sich die Bürgerinitiative „Aufbruch Stuttgart“unter Leitung von Wieland Backes für einen Opern-Neubau aus. Der teure Umbau der alten Oper sei ein „Irrweg“, erklärte der Verein am Freitag. Das Gebäude solle „maßvoll saniert“und für kleinere Inszenierungen genutzt werden.
STUTTGART/RAVENSBURG - Marode Opernhäuser sind ein Problem vieler großer Städte. Die Sanierung verschlingt Unsummen. Seit 20 Jahren wird um die Renovierung der Staatsoper Stuttgart gerungen. Zuletzt hatte der Verwaltungsrat die Sanierung beschlossen. Jetzt meldet sich die Bürgerinitiavie „Aufbruch Stuttgart“zu Wort und fordert einen Neubau und eine umfassende Umgestaltung des Viertels.
Aus den ursprünglich veranschlagten 320 Millionen Umbaukosten für die Stuttgarter Oper sollen inzwischen 500 Millionen geworden sein. Ein Gremium von fünf international renommierten Architekturbüros hat aber 800 Millionen errechnet und fordert: Baut neu, der Umbau wird zu teuer! Die Bürgerinitiative „Aufbruch Stuttgart“, in deren Auftrag die Stadtplaner und Architekten ihre Ideen entwickelt haben, hat am Freitag Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) die Vorschläge für eine Kulturmeile an der Adenauerstraße vorgestellt.
Entmutigende Erfahrungen
Die Situation vieler großer Opernund Schauspielhäuser ist heute sehr schwierig. Es gibt einen massiven Renovierungsstau. Doch die Häuser auf heutige Standards zu bringen, vom Brandschutz bis zur Technik, hat seinen Preis. Die Erfahrungen sind nicht ermutigend: Die Lindenoper in Berlin wurde sieben Jahre lang saniert. Das verschlang 400 Millionen Euro und war damit fast doppelt so teuer wie der Voranschlag. Die Kölner Oper ist eine Baustelle. Gerechnet wurde mit 254 Millionen Euro, momentan liegen die Schätzungen bei 570 Millionen Euro.
Die Frankfurter sind in einer ähnlichen Situation wie die Stuttgarter: Sie überlegen, ob ein Neubau für Oper und Schauspielhaus nicht vielleicht billiger zu haben wäre als die auf 800 Millionen Euro geschätzte Sanierung. Auch das andere Staatstheater in Baden-Württemberg, die Oper in Karlsruhe ist renovierungsbedürftig. Dort beginnen demnächst die Arbeiten. Kostenpunkt: 270 bis 325 Millionen Euro.
Bei solchen Summen kann man schon mal ins Nachdenken kommen. Im März 2017 hat sich in Stuttgart eine Bürgerinitiative gegründet. Die Stuttgarter Bürger um Wieland Backes (Vorstand) und den Architeken Arno Lederer träumen von einer „Kulturmeile“vom Alten Schloss über den Landtag, die Oper bis hinüber zur Staatsgalerie und zum Haus der Geschichte. Doch dafür müsste natürlich etwas passieren mit der Bundesstraße 14. Die stark befahrene Straße, die mit bis zu zehn Spuren die Kulturmeile zerschneidet, solle auf maximal zwei bis vier Spuren reduziert werden. In einem der Vorschläge wird die Straße vom Österreichischen Platz bis zum Neckartor zum grünen Boulevard.
Workshop von Architekten
Die nun übergebenenen Pläne beruhen auf einem Workshop der Architektenbüros Allmann Sattler Wappner (München), Christoph Mäckler (Frankfurt), Herzog & de Meuron (Basel), KAW (Rotterdam) und UTT (Zürich). Alle fünf kommen zu dem Schluss, dass der Littmann-Bau der Oper nur für Ballett und Konzert ertüchtigt werden, dafür aber ein neues Opernhaus an anderer Stelle entstehen solle. Der Umbau, so heißt es, „käme dem Versuch gleich, aus einem Oldtimer aus dem letzten Jahrhundert einen Porsche Panamera machen zu wollen.“
Die Stadt wird beim Opernhaus aber nicht von ihren Plänen abrücken, wie Kuhn nach dem Treffen am Freitag ankündigte: „Den LittmannBau wollen wir sanieren und erweitern, sodass Oper und Ballett dort spielen können.“
Die Pläne, Oper und Ballett für die wohl auf fünf Jahre angelegte Sanierung im alten Paketpostamt unterzubringen, waren zuletzt an den Kosten gescheitert. 116 Millionen Euro für ein Provisorium, das danach hätte abgerissen werden sollen, war allen zu viel. Eine von Kuhn eingesetzte Task-Force hatte das Areal der Wagenhallen als möglichen Standort für eine Interimsspielstätte vorgeschlagen. Kuhn präsentierte dazu im Oktober mehrere Varianten, die zwischen 89 und 104 Millionen Euro kosten würden. Bis Sommer 2019 soll laut einer Sprecherin eine belastbare Kostenschätzung vorliegen. Ziel sei es, dass die Gremien von Stadt und Land Ende des Jahres zum Interim sowie zur Sanierung abstimmen.