Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Schluss mit endlosem Schlussverkauf
69 Jahre nach der Gründung macht Sport Sohn am 2. Februar endgültig das Neu-Ulmer Stammhaus an der Augsburger Straße dicht
NEU-ULM/ULM - Es ist der wohl längste Schlussverkauf der regionalen Geschichte: „Filialschließung – Ausverkauf“und „Nur noch wenige Tage“stand bereits im Februar vergangenen Jahres in großen Lettern auf den Schaufenstern von Sport Sohn in der Augsburger Straße in Neu-Ulm. Doch erst jetzt macht das Neu-Ulmer Traditionsgeschäft wirklich dicht: Am Samstag, 2. Februar, ist der letzte Verkaufstag im 1950 gegründeten und 1964 auf über 1000 Quadratmeter Verkaufsfläche erweiterten Geschäft.
Sport Sohn gilt nach eigenen Angaben als das größte Sportfachgeschäft zwischen Stuttgart, München und dem Bodensee. Der einstige Stolz des Neu-Ulmer Einzelhandels gibt aber schon seit geraumer Zeit ein eher trauriges Bild ab: Die ersten Regale sind abgeschraubt, was die über Jahrzehnte entstandene Patina an den Wänden betont. Grellbunte „Reduziert“-Schilder und zahlreiche Kisten mit Artikeln locken preisbewusste Schnäppchenjäger in den Sport Sohn. Lediglich zwei Stockwerke der einst sechs sind zugänglich, die anderen mit Sperrholzbrettern zugenagelt. 50 Prozent Rabatt auf alle reduzierten Preise obendrauf lässt bei Sport Sohn Szenen zu, wie sie sonst nur bei Billigketten wie Primark zu sehen sind: In große Tüten wird reingepackt, was geht, vor den Kassiererinnen türmen sich Berge auf, ein Ulmer Familienvater kauft gleich sechs Paar Kinderschuhe.
Nur auf die Teamsport-Abteilung in der dritten Etage hat die Rabattjagd nicht übergegriffen. Denn Sport Sohn als Ausrüster von Vereinen zieht in die Memminger Straße um. Hier befindet sich längst der Sport-SohnTreff mit Tennis-, Squash- und Badmintonplätzen sowie der „Lagerverkauf“. Nun kommt nach Angaben von Geschäftsführer Christoph Holbein ein „Performance-Shop“hinzu. Ab Donnerstag, 7. Februar, soll auf 500 Quadratmetern die hauseigene Teamsport-Spezialabteilung einziehen, die sich um die Ausstattung von Vereinen, Betriebssportgruppen, gewerblichen Großkunden, Schulen und Behörden kümmert. Neu ist die Möglichkeit zur Thermoanpassung von Fußballschuhen zur Verbesserung von Passform und Tragekomfort, wie sie auch im Profi-Fußball eingesetzt wird. Und ein Soccer-Court, in dem eins gegen eins Fußball gespielt werden kann, soll ebenso nach Ludwigsfeld locken.
Über die Schließung der Verkaufsräume in der Augsburger Straße sowie die Zukunft des Gebäudes möchte Holbein nicht reden. Dass das Stammhaus in die Jahre gekommen ist und die Gebäude- und Raumstruktur „leider nicht mehr zukunftsfähig“ist, betonte Holbein bereits bei Bekanntwerden der Schließung vor einem Jahr. Und alle Mitarbeiter würden übernommen und auf die übrigen Standorte verteilt. Was die Zukunft der Immobilie angeht, hätten die Mitglieder einer Eigentümergemeinschaft eine „Verschwiegenheitsverpflichtung“vereinbart, sodass Holbein auch hier keine weiteren Worte zu entlocken sind.
Noch keine Entscheidung zum Haus
Vor einem Jahr hatte Holbein angekündigt, mit den Eigentümern der Immobilie in den kommenden Monaten „intensive Gespräche“zu führen, um „zukunftsfähige Räume zu erstellen“. Dass das Unternehmen nach einem Umbau dort eventuell wieder einzieht, schloss Holbein damals nicht aus. Ganz offensichtlich sind diese Gespräche nun noch nicht abgeschlossen. Mieter der Augsburger Straße 23-25 berichten von einem desolaten Zustand des Gebäudes. Infrage komme deshalb nur ein Abriss oder eine Kernsanierung. Klar ist: So nah am Donauufer ließen sich vor dem Hintergrund nach wie vor knappen Wohnraums Eigentumswohnungen bestens vermarkten.
Akteure des Ulmer Einzelhandels, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen wollen, halten es vor diesem Hintergrund für sehr unwahrscheinlich, dass Sport Sohn nach einem Umbau wieder in die Augsburger Straße einzieht. Nicht zuletzt, weil die zwei regionalen Filialen des Sport-Riesen Decathlon (Ulm im Blautalcenter sowie Senden) durchaus den wenigen lokalen Sportgeschäften zu schaffen machen. Auch wenn unzweifelhaft ist, dass inhabergeführte Geschäfte wie Sport Sohn und der Sport-Discounter Decathlon grundsätzlich andere Zielgruppen bedienen, sei ein Umsatzrückgang in bestimmten Bereichen zu spüren. Derzeit ist das 2001 eröffnete Sport-Sohn-Haupthaus in der Ulmer Bahnhofstraße einer der Hauptleidtragenden der Großbaustellen am Bahnhof und der Sedelhöfe. Doch wenn kommendes Jahr Ulms Vorzeige-Einkaufsquartier mit 18 000 Quadratmetern Verkaufsfläche eröffnet, wird das Sportgeschäft mit satten 4000 Quadratmetern als direkter Nachbar auch einer der Hauptprofiteure der neuen 1a-Lage sein.