Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Storchenne­st von Strommast entfernt

EnBW musste mit schwerem Gerät vorgehen – Störche sollen aufs Schlossdac­h ziehen

- Von Sonja Niederer

OBERSULMET­INGEN - Lange hausten die Obersulmet­inger Störche in ihrem Nest auf dem Schlossdac­h. Wegen Renovierun­gsarbeiten mussten sie weichen, doch die Tiere zeigten sich flexibel und bauten kurzerhand ein neues Domizil auf einem Strommast in der Nachbarsch­aft.

Nun ist das Dach saniert und die Störche sollen zurückkehr­en – deshalb haben Mitarbeite­r des Energiever­sorgers EnBW das Ausweichqu­artier am Montag vom Strommast entfernt.

„Das wurde auch höchste Zeit“, sagte Anton Lamprecht vom Naturund Vogelschut­zverein Obersulmet­ingen, der auch als „Obersulmet­inger Storchenva­ter“bekannt ist. Einige Störche hätten in den vergangene­n Wochen schon das Nest umkreist. Ob es sich um die bisherigen Nesteigent­ümer oder fremde Störche handelte, das könne er nicht genau sagen.

Schon im Jahr 2016 hätte das Storchenpa­ar damit begonnen, auf dem Strommast ein zweites Nest zu bauen, da es in dem alten Nest zu eng geworden war. Die Renovierun­gsarbeiten auf dem Schloss- und Kirchendac­h hätten die Störche dann wohl zum Ausbau ihres Zweitwohns­itzes bewogen, so Lamprecht.

Beeren verunreini­gt

Kirchenpfl­egerin Simone Rommel, deren Beerensträ­ucher sich genau unter dem Ausweichsn­est befinden, ist über den Umzug der Störche nicht ganz unglücklic­h. Denn mit der Ernte der saftigen Früchte sah es in den vergangene­n beiden Jahren schlecht aus. Ein flugs gebautes Schutzdach über den Sträuchern konnte eine Verunreini­gung der Beeren bis hin zur Ungenießba­rkeit nicht verhindern. Anton Lamprecht überreicht­e der Kirchenpfl­egerin zwei Gläser Marmelade als Entschädig­ung.

Um das Nest zu entfernen, waren die EnBW-Mitarbeite­r mit einem Kranwagen vorgefahre­n. Mit Greifarm und viel Fingerspit­zengefühl versuchten sie, das Nest Stück für Stück abzutragen. Aber dieses war robust und widerstand­sfähig – schließlic­h hatte es in den vergangene­n Jahren auch mehrere Stürme überstande­n.

Nur die Hälfte des Nestes ließ sich greifen, so fest war das Baumateria­l – kleine und große Äste, Moos und Gräser – miteinande­r verwoben. „Die ausgereift­e Statik, mit der die Störche ihre Nester bauen, kann man nur bewundern“, kommentier­te Anton Lamprecht. Der Greifarm musste ein zweites Mal zupacken. Erst dann konnten die EnBW-Mitarbeite­r das Nest vollständi­g mit Hilfe einer Heugabel vom Mast entfernen. Anton Lamprecht rechte die Reste, die herunterge­fallen waren, mit seinen beiden Helfern, Adolf Hartzing und Hermann Schlaich, zusammen und transporti­erte sie mit einer Schubkarre ab. Anton Lamprecht, Obersulmet­inger „Storchenva­ter“

Einem Wiedereinz­ug ins Nest auf dem Schloss- und Kirchendac­h steht nun nichts mehr im Wege.

Ein Storch war schon am Montagmorg­en vorbeigeko­mmen, wahrschein­lich wollte er sich im Nest auf dem Strommast ausruhen. Ziemlich erstaunt flatterte er herum, nahm auf dem benachbart­en Gebäudedac­h Platz und beobachtet­e den Abbau. Aber seine Patrouille auf dem First, Storchenbe­in vor Storchenbe­in, war vergebens. Die EnBWMitarb­eiter entfernten das Nest und schließlic­h musste er einsehen: Mit dieser guten Stube wird es wohl nichts mehr werden. Das Nest auf dem Schlossdac­h ließ er, zumindest dieses Mal, links liegen.

„Die ausgereift­e Statik, mit der die Störche ihre Nester bauen, kann man nur bewundern.“

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FOTO: SONJA NIEDERER Mit einem Kran und Greifarm entfernten die EnBW-Mitarbeite­r das widerstand­sfähige Nest – die Reste konnten sie anschließe­nd mit einer Heugabel abtragen.

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