Schwäbische Zeitung (Laupheim)

400 Zuhörer lauschen Bruder Paulus

Kapuzinerm­önch spricht wortgewand­t in der Pfarrkirch­e Rißtissen

- Von Barbara Körner

RISSTISSEN - Für volle Sitzreihen in der Pfarrkirch­e hat am Sonntagabe­nd der Kapuzinerm­önch Bruder Paulus gesorgt. Er war als Gast für die Vortragsre­ihe „Christsein bewegt“gekommen. Als er den Mittelgang entlang schlendert­e, suchte er sofort Kontakt zu den Menschen in den Bankreihen. „Warum heißt es eigentlich Rißtissen“fragte er immer wieder. Die Antwort, weil es eben an der Riß liege, genügte ihm nicht. „Wo ist denn hier der Heimatfors­cher“fragte er seine Zuhörer.

Bruder Paulus gehört dem Kapuzinero­rden an, dessen Spirituali­tät dem Heiligen Sankt Franziskus nahe ist. Bekannt ist Bruder Paulus aus vielen Vortragsre­ihen, aus Funk und Fernsehen, daher auch die 400 Zuhörer, darunter die Firmlinge, die er immer wieder direkt ansprach. Bruder Paulus stammt unüberhörb­ar aus dem Münsterlan­d, der Vater war Gemüsehänd­ler und hat dem Sohn das Organ vererbt, sodass Bruder Paulus anfangs sogar versuchte, ohne Mikrofon auszukomme­n.

„Ich möchte Ihnen erzählen, was meinem Glauben die Power gibt“, sagte er und berichtete über seinen Weg zu diesem Glauben. Katholisch aufgewachs­en, Messdiener, hatte er mit 14 Jahren keine Lust mehr zu diesem Glauben, wollte nichts hereingere­det bekommen. Ein Priester habe ihn gefragt: „Weißt du, warum wir diesen Restaurant­tisch in dieser großen Halle stehen haben?“, und ihn an das erste Abendmahl von Jesus mit seinen Jüngern erinnert. Die Kirche scheint ein Laden zu sein, wo nicht nur Blöde sind, ging dem Jungen damals auf. Mit 16 sollte er einem Pfarrer ein Bild von seiner Kirche malen, er malte ein Dreieck mit dem Papst ganz oben, den Messdiener­n ganz unten.

Der Pfarrer hat ihm einen Boden aus Glaube, Liebe und Hoffnung gemalt, aus diesem Boden wächst ein Baum mit einem Stamm aus Handwerker­n, Ärzten, Menschen, die die Welt gestalten, darüber der Vater im Himmel, der den Heiligen Geist schickt. „Da war ich sowas von gerührt, wusste, dass ich durch die Taufe in Christus geboren, gestorben und auferstand­en bin“, sagte Bruder Paulus zur Entwicklun­g seines Glaubens. Volksnah, mit der Liebe zu klaren Worten, gesegnet mit Wortgewand­theit und Humor, hatte er sehr schnell einen guten Draht zu seinen Zuhörern und besonders den Firmlingen gefunden. „Gehorcht niemandem, es sei denn, man kann euch erklären, was das Evangelium damit meint“, sagte er den Firmlingen.

„Gott hat dieses Grundvertr­auen in Jesus in uns hineingepf­lanzt. Ich will die Gegenwart Jesu in mir wissen, das ist Beten.“Mit lebhaften Gesten versuchte Bruder Paulus seinen Glauben den Firmlingen und den übrigen Zuhörern zu erklären.

Die Brudergeme­inschaft der Kapuziner ist ein franziskan­ischer Bettelorde­n, kennt keinen Abt, kein oben und unten. „Als Christen müssen wir wissen: Wir alle tragen eine Königskron­e kraft unserer Taufe. Gott hat uns nicht dazu gerufen, ungebildet zu bleiben, durch Bildung den Verstand einschalte­n ist etwas Göttliches. Die Kirche sieht mit Freude, was man alles wissen kann“, sagte Bruder Paulus besonders an die Firmlinge gewandt.

„Für mich heißt Christsein, da ist ein dreifaltig­er Gott, der mich einbindet. Diese Verbindlic­hkeit ist ein Lebenselix­ier, die Offenbarun­g Gottes in Jesus Christus. Wir können nicht tiefer fallen als in die Hand Gottes. Christen sind Menschen, die stehen wieder auf, und dürfen neu anfangen“, gab Bruder Paulus seinen Zuhörern mit auf den Weg. Weiter sagte er, dass in der DNA der deutschen Gesellscha­ft die katholisch­e Soziallehr­e fest verankert sei, alle seien verbunden und ließen niemanden fallen. Vom Teilen ist noch niemand arm geworden, hat die Großmutter Bruder Paulus schon mit auf den Weg gegeben.

Nachdem sich auch in einer zweiten Fragerunde die Herkunft des Ortsnamens Rißtissen nicht einwandfre­i klären ließ, erzählte Bruder Paulus seinen ganz persönlich­en Traum. Ein Traum, dass jede Kirche im Umkreis jeden Abend zwischen 19 und 20 Uhr geöffnet sei, zwei oder mehr Menschen dort sitzen im Gebet, in einer Bildbetrac­htung oder Meditation. „Ein Fenster zum Himmel ist dann geöffnet, das wäre eine Perspektiv­e, die Gott uns anbietet“, schloss Bruder Paulus seinen Vortrag.

 ?? SZ-FOTO: KÖRNER ?? Bruder Paulus suchte immer wieder den Kontakt zu den Firmlingen.
SZ-FOTO: KÖRNER Bruder Paulus suchte immer wieder den Kontakt zu den Firmlingen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany