Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Der Rechtsstaat ist in der Pflicht
In einer besseren Welt ließe sich manches einfacher lösen. Dann könnten zum Beispiel IS-Kämpfer aus Europa, die in Syrien oder im Irak in Gefangenschaft geraten, dort zur Verantwortung gezogen werden und auch ihre Strafen absitzen. Die Verfahren würden rechtsstaatlichen Prinzipien genügen und die Haftbedingungen minimalen Menschenrechtsstandards. Berlin, London oder Paris könnten sich auf die konsularische Betreuung beschränken.
Doch die Wirklichkeit in Syrien und dem Irak ist eine andere. Und dass die Kurden, die um ihre eigene Staatlichkeit ringen, die fremden Gefangenen loswerden wollen, ist nachvollziehbar. Ist es nicht auch so, dass sich deutsche Politiker dafür starkmachen, dass hier straffällig gewordene Ausländer in ihre Herkunftsstaaten abgeschoben werden? Und ist die Aufregung nicht groß, wenn diese die Rücknahme verweigern? Es muss verwundern, wie zurückhaltend Donald Trumps Forderung aufgenommen wird, die IS-Kämpfer dahin zurückzuschicken, wo sie herkommen. Trumps erpresserischen Stil – nach dem Motto: Sonst lasse ich sie frei – einmal beiseitegelassen: Unter den gegebenen Bedingungen kann es gar keine Alternative zur Verantwortung der Herkunftsstaaten für diesen Personenkreis geben – einschließlich Rücknahme.
Stattdessen stellt Außenminister Heiko Maas die Probleme in den Vordergrund. Und Bayerns Innenminister Joachim Herrmann räsoniert, es mache keinen Sinn, Leute ins Land zu lassen, die schwerer Verbrechen verdächtig sind, denen aber möglicherweise nichts nachgewiesen werden könne. Diese Probleme gibt es, zweifellos. Die Bundesregierung würde sie am liebsten fernhalten. Das geht aber nicht, weil es auch im Falle von Gotteskriegern keine minderen Staatsbürgerschaften gibt.
Der Gedanke, IS-Kämpfer lieber in nahöstlichen Verließen verrotten zu lassen, mag verführerisch sein. Er folgt aber Instinkten und hat mit Recht und Gesetz wenig zu tun. Ein Rechtsstaat hat gar keine andere Wahl, als seine Leute auch hier vor Gericht zu stellen – auch wenn dies mühsame Verfahren werden.