Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Bahn entschädigt mehr Reisende
Verspätungen kommen Bahn teuer zu stehen – Immer mehr Reisende verlangen Entschädigung
BERLIN (dpa/AFP) - Immer mehr Reisende nehmen ihre Rechte wahr: 2,7 Millionen füllten vergangenes Jahr das Fahrgastrechte-Formular aus, 50 Prozent mehr als 2017. Auch die durchschnittliche Entschädigungssumme steigt: Knapp 20 Euro waren es 2018, im Vorjahr noch gut 19 Euro. Bereits ab 20 Minuten Verspätung haben Reisende ein Recht auf Entschädigung. Bis zu einem Jahr nach der Reise kann man das Geld zurückfordern. Wir erklären, wie Sie an Ihr Geld kommen.
BERLIN (dpa/AFP) - Zugreisende mussten 2018 eine Menge aushalten: Jeder vierte Fernzug der DB AG kam zu spät. Immer mehr Reisende verlangen dafür Entschädigung. 2,7 Millionen Reisende füllten im vergangenen Jahr das Fahrgastrechte-Formular aus, ein Drittel mehr als 2017.
Die Kosten stiegen bei der Bahn von 34,6 Millionen Euro (2017) auf 53,6 Millionen Euro im vergangenen Jahr, sagte eine Sprecherin der Deutschen Bahn. Die durchschnittliche Entschädigungssumme stieg von gut 19 Euro (2017) auf knapp 20 Euro im vergangenen Jahr.
Künftig können sich geschädigte Kunden vielleicht noch mehr Geld zurückholen. Das EU-Parlament fordert, dass schon ab einer Stunde die Hälfte des Fahrkartenpreises fällig wird, ab eineinhalb Stunden dann drei Viertel. Bei mehr als zwei Stunden soll nach dem Willen der EUParlamentarier der volle Preis erstattet werden. Die aktuell geltenden Regelungen für Entschädigungen haben wir hier zusammengefasst.
Ab 20 Minuten
Wenn Bahnreisende erwarten können, dass ihr Zug den Zielbahnhof mit einer Verspätung von mehr als 20 Minuten erreichen wird, verfällt die Zugbindung. Quellen dafür sind die Verspätungsangaben im Internet, in der Bahn-App, auf den Anzeigetafeln und in den Durchsagen. Betroffene dürfen dann den nächstbesten, aber auch spätere Züge nehmen und sind nicht mehr an eine bestimmte Route gebunden. Wer einen teureren Zug nimmt (zum Beispiel einen ICE), muss zunächst ein neues Ticket kaufen oder einen Aufpreis zahlen. Das Geld kann er sich später wieder erstatten lassen. Länder-Tickets, das Schönes-Wochenende-Ticket und das Quer-durchs-Land-Ticket sind von der Regelung ausgenommen.
Ab 60 Minuten
Bei einer Verspätung von mehr als einer Stunde muss die Reise nicht angetreten werden. Den Fahrpreis kann man sich erstatten lassen. Bahnreisende, die schon unterwegs sind, können die Reise abbrechen und sich einen Teil des Preises auszahlen lassen – oder zum Ausgangsbahnhof zurückkehren und den gesamten Preis zurückfordern. Wer dennoch weiterfährt, hat Anrecht auf Erstattung eines Viertels des Fahrpreises. Ab zwei Stunden Verspätung ist es die Hälfte. Für Zeitkarten und regionale Angebote gibt es Pauschalen.
Formular ausfüllen
Um eine Entschädigung zu bekommen, müssen sich Betroffene ein Fahrgastrechte-Formular besorgen und ausfüllen. Das Formular wird manchmal im Zug ausgeteilt, ansonsten bekommen die Fahrgäste es an der Information, im Reisezentrum oder im Internet. Anschließend müssen sie es mit der Fahrkarte oder einer Kopie bei einem Reisezentrum der Bahn abgeben, oder per Post an das Servicecenter Fahrgastrechte in Frankfurt schicken. Das Servicecenter hat dann 28 Tage Zeit, den Antrag zu bearbeiten.
Bis zu einem Jahr rückwirkend
Kunden können Entschädigungen noch bis zu einem Jahr nach der Verspätung verlangen. Die Bahn empfiehlt, sich die Verspätung von einem Schaffner oder dem Personal an einer Information auf dem Formular bestätigen zu lassen. Bei Zeitkarten sowie Nichtantritt oder Abbruch der Reise wegen Verspätung ist das Pflicht. In den letzten beiden Fällen muss die Originalfahrkarte eingereicht werden.
Entschädigungsbeträge von weniger als vier Euro werden nicht ausgezahlt. Wer mit einer Entscheidung des Servicecenters nicht einverstanden ist, kann sich an eine Schlichtungsstelle wenden.
Wem das dauernde Ausfüllen der Formulare zu aufwendig ist, der kann auf externe Dienstleister im Internet zurückgreifen, die die Entschädigung für einen einfordern. Allerdings kostet das Geld.