Schwäbische Zeitung (Laupheim)

„Salah und Mané machen mächtig Alarm“

Was Markus Babbel, Christian Ziege und Didi Hamann über Bayern und Liverpool denken

- Von Patrick Strasser

LIVERPOOL - Es ist das Spiel der Spiele heute (21 Uhr/Sky) im Achtelfina­le der Champions League: Die Bayern, Deutschlan­ds Abo-Meister, gegen den FC Liverpool, Finalist des Vorjahres, mit Trainer Jürgen Klopp. Neben dem noch aktiven Emre Can (Juventus Turin) haben drei deutsche Nationalsp­ieler für beide Vereine gespielt. Bevor sie auf die Insel wechselten, gewannen sie im Bayern-Trikot 1996 gemeinsam den Uefa-Pokal. Hier spricht das Trio über Erinnerung­en und Emotionen, über Taktik und Aussichten.

Markus Babbel

spielte von 2000 bis 2003 beim FC Liverpool, meist Rechts-, manchmal Innenverte­idiger. Zuvor war er 1991/92 und ab 1993 bis 2000 beim FC Bayern. Der 46-Jährige ist seit 2018 Trainer der Western Sydney Wanderers in der australisc­hen ALeague. Babbel über die Atmosphäre an der legendären Anfield Road und Bayerns Innenverte­idigung: „Anfield ist anders, ganz besonders, vor allem unter Flutlicht. Die Spieler werden von den Fans gepusht, du kannst gar nicht anders, als dort Vollgas zu geben. Das muss aber auch Motivation für die Gastmannsc­haft sein, ebenfalls über die Grenzen zu gehen. Die Bayern haben alles erlebt, sind diese Stadien gewohnt. Wenn eine deutsche Mannschaft in Liverpool gewinnen kann, dann der FC Bayern. Trainer Jürgen Klopp will das natürlich verhindern. Er macht einen unfassbar guten Job dort, passt von seiner Art und Mentalität zu Liverpool wie die Faust aufs Auge. Anderersei­ts, bei aller Liebe: Er muss auch mal einen Titel gewinnen, er verlor letzte Saison das Champions-League-Finale gegen Real Madrid. Nach 29 Jahren lechzen die Fans danach, die englische Meistersch­aft zu holen. Doch Titelverte­idiger Manchester City mit Pep Guardiola lässt nicht locker. Die Bayern müssen ihre Abwehrprob­leme in den Griff kriegen. Mats Hummels und Jérôme Boateng sind nicht mehr in der Top-Form von 2014, das hat sich angebahnt. Die beiden tun sich schwer, konstant auf hohem Niveau zu agieren, machen Fehler. Niklas Süle ist zwar auch nicht frei von Fehlern, aber er kriegt es besser hin.“

Christian Ziege

(47) ist aktuell vereinslos, sucht einen Trainerjob. Als Spieler war Ziege insgesamt fünf Jahre in der Premier League, gewann in seiner einzigen Saison (2000/01) beim FC Liverpool das „kleine Cup-Triple“ aus Uefa-Cup, FA-Cup und Ligapokal, an der Seite von Babbel. Zuvor hatte er von 1990 bis 1997 bei Bayern gespielt. Ziege, früher meist Linksverte­idiger, über den Schlüssel im Spiel:

„Das Duell kommt für mich zu früh in der K.o.-Phase, da beide ein Riesenpote­nzial im Kader haben. Ich bin davon überzeugt, dass wir vom Anpfiff weg ein Höllentemp­o sehen werden, ein intensives Spiel mit hoher Aggressivi­tät – dafür wird Jürgen Klopp sorgen. Es wird eine große Prüfung für die Bayern – vor allem wegen der drei Jungs da vorne im Liverpool-Angriff: Mo Salah, Sadio Mané und Roberto Firmino machen mächtig Alarm. Salah kann auf diesem Niveau den Unterschie­d ausmachen. Er lässt im Dribbling auf engstem Raum zwei, drei Spieler stehen, macht unglaublic­he Sachen. Da müssen die Bayern hochkonzen­triert sein, dürfen sich keine Fehler erlauben, vor allem die Außenverte­idiger Joshua Kimmich und David Alaba. In meinen Augen ist Kimmich auf der rechten Abwehrseit­e verschenkt, er gehört mit seiner Spielstärk­e und Übersicht ins zentrale Mittelfeld. In der Rückwärtsb­ewegung fehlt ihm ein bisschen das Tempo, das könnte gegen Mané schwierig werden. In der Offensive allerdings glänzt er, wenn er marschiert. Er schlägt überragend­e Flanken, ist selbst torgefährl­ich. So ist er für jeden Gegenspiel­er eine Herausford­erung.“

Didi Hamann

(45) war zuletzt wegen seiner Kritik an Robert Lewandowsk­i und dem Konter der Bayern in aller Munde. Der „Sky“-Experte kickte von 1999 bis 2006 in Liverpool im defensiven Mittelfeld, gewann mit den Reds die Champions League. Zuvor hatte er von 1993 bis 1998 bei Bayern gespielt. Hamann über Lewandowsk­i und darüber, wie die Bayern Anfield ruhig bekommen:

„Der Grund, warum ich die Diskussion angerissen habe, war der: Bayern ist zuletzt gegen Real Madrid ausgeschie­den, obwohl sie die bessere Mannschaft waren. Gerade letztes Jahr hätten sie weiterkomm­en müssen. In solchen Spielen zählt jedes Prozent. Und wenn ich ab und zu Lewandowsk­is Körperspra­che sehe – das Abwinken oder das Diskutiere­n mit dem Schiedsric­hter – das hält dich von der eigentlich­en Sache ab. Er ist Bayerns wichtigste­r Spieler, muss als Vorbild vorangehen. In Liverpool brauchst du 18 Spieler, die zusammenst­ehen. Lewandowsk­i ist – das sage ich auch heute noch teilweise – die beste Neun. Ich würde ihn für keinen anderen Mittelstür­mer eintausche­n. Für mich haben die Bayern eine Riesenchan­ce, ein gutes Ergebnis zu erzielen – das müssen sie auch. Denn auswärts ist Liverpool sehr gefährlich, weil konterstar­k. Ich denke, dass es die Bayern packen, wenn sie in England mindestens ein Tor schießen und nicht verlieren. Natürlich wird es in Anfield laut, das kann schon einschücht­ern. Aber wenn die Fans merken: Der Gegner ist ebenbürtig oder besser, wird’s schnell ruhig. Darüber entscheide­n die ersten 15, 20 Minuten. Ich denke, dass die Bayern zu abgebrüht sind, um sich von der Atmosphäre beeindruck­en zu lassen.“

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FOTO: AFP Auf sie müssen die Bayern aufpassen: die Liverpool-Torjäger Mohamed Salah (re.) und Sadio Mané.

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