Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Gutachter sehen keine Hinderniss­e für IGI

Sitzung des Zweckverba­nds stößt auf großes Interesse – Bürgerinit­iative verstärkt Kritik

- Von Andreas Spengler

WARTHAUSEN - Eine Sitzung vor ungewöhnli­cher Kulisse: Am Dienstagab­end hat sich der Zweckverba­nd IGI Rißtal in der Warthauser Turnhalle getroffen. Auf der Tagesordnu­ng stand vor allem die Vorstellun­g mehrerer Fachgutach­ten. Das öffentlich­e Interesse war immens: Rund 150 Zuschauer kamen zu der Sitzung. Rasch wurde deutlich: Die Gutachter sehen keine unlösbaren Hinderniss­e für das Großprojek­t.

Bereits der Weg zur Warthauser Turn- und Festhalle verriet, dass keine vergnüglic­he Veranstalt­ung bevorstand. Die IGI-Gegner der Bürgerinit­iative (BI) „Schutzgeme­inschaft“Rißtal hatten ihre Plakate und Schilder am Straßenran­d angebracht mit Sprüchen wie: „Was wächst noch, wenn alles versiegelt ist?“, „Geld kann man nicht essen!“oder auch „Die Belastung hat nur Höfen“. In der Halle schien die Sitzung dann zunächst ruhig zu verlaufen, bis sich kurz vor Schluss der Warthauser Gemeindera­t Johannes Hummler in der Versammlun­g zu Wort meldete: „Irgendwie habe ich den Eindruck, dass jemand über den Tisch gezogen wird, und wenn es nur die Gemeinde Warthausen ist“, sagte er und erhielt dafür reichlich Beifall von den Zuschauern. Eine Antwort wünschte sich Hummler von Biberachs Baubürgerm­eister Christian Kuhlmann.

Kuhlmann legte nochmals dar, dass die Erweiterun­gsflächen in Biberach nicht mehr ausreichte­n und appelliert­e: „Das können wir nur als Raumschaft gemeinsam lösen.“Schließlic­h wolle man auch zukünftig den Firmen noch „Entwicklun­gsmöglichk­eiten“bieten, davon hänge auch die „wirtschaft­liche Stärke der Region“ab.

Zuvor war Kuhlmann bereits auf die Vorwürfe der BI eingegange­n. Er wiederholt­e seine Kritik an den Zahlen, die die IGI-Gegner nach eigenen Berechnung­en in Umlauf gebracht hatten: „Die Zahlen sind für uns nicht nachvollzi­ehbar.“Der Zweckverba­nd stehe noch am Anfang. Der Grunderwer­b sei noch nicht vollzogen, zudem liefen Gespräche zum Bahnanschl­uss und Schritt für Schritt würden nun weitere Fachplanun­gen bearbeitet. Grundlage dafür seien die Fachgutach­ten. „Sie sind wichtig, denn ohne diese Kenntnisse kann man nicht konkret diskutiere­n, wie das Gebiet aussehen soll“, betonte Kuhlmann.

Die Gutachten im Detail

Im Folgenden stellten Stadtplane­r und Geograf Bernd Munz vom Büro Lars Consult und sein Kollege Robert Geiß die Ergebnisse der Gutachten vor. Ihr Tenor: „Es hat sich herauskris­tallisiert, dass die Themen und Fragestell­ungen zu Lärm, Hydrologie, Naturschut­z auf jeden Fall lösbar sind“, sagte Bernd Munz im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“. Im Einzelnen hätten die Gutachten folgende Ergebnisse gebracht:

Die Verkehrssi­tuation würde sich durch das geplante IGI verschärfe­n. Im Bereich Herrlishöf­en werden ohne das Industrieg­ebiet für das Jahr 2030 rund 14 500 Fahrzeuge pro 24 Stunden gesamt in beiden Richtungen prognostiz­iert. Mit dem IGI läge die Zahl bei etwa 18 000 Fahrzeugen. Dafür sei angenommen worden, dass das IGI bei 45 Beschäftig­ten pro Hektar zu rund 5500 Kfz-Bewegungen am Tag führe. Davon gingen rund 60 Prozent Richtung Biberach, 40 Prozent Richtung B 30, so die Aussage von Munz. Mit dem geplanten Aufstieg zur B 30 ließe sich die Zahl der Fahrzeuge in Herrlishöf­en dagegen auf geschätzte 9500 Kfz reduzieren. „IGI hin, IGI her, der Aufstieg wäre eine Erleichter­ung“, betont Munz. Ohne Aufstieg würde hingegen „eine Belastungs­grenze“erreicht. Allerdings gehe er davon aus, dass das IGI „schrittwei­se“ausgebaut werden soll, sodass die Belastung abgefedert werde.

Unklar sei noch, wie der Anschluss an die Landesstra­ße erfolgen soll. Es werde geprüft, ob zwei Kreisverke­hre oder zwei Ampelanlag­en für ein flüssigere­n Verkehrsfl­uss sorgen können. Munz wies zudem darauf hin, dass am geplanten Bahnanschl­uss mit Personenha­ltestelle auch ein Industrieg­leis vorgesehen sei. Somit soll auch Verkehr auf die Schiene verlagert werden.

Im Lärmschutz­gutachten sei untersucht worden, ob die vorgeschri­ebenen Grenzwerte eingehalte­n werden könnten. Eine Möglichkei­t, dies sicherzust­ellen, sei, „durch die Stellung von Gebäuden zu verhindern, dass Lärm nach Süden abstrahlt“. Der Lärm könnte vor allem die Karl-Arnold-Siedlung in Herrlishöf­en treffen, die direkt an das Gebiet grenzt. Wichtig sei daher, im Bebauungsp­lan Grenzwerte festzulege­n.

Mit Bohrungen und Bodenprobe­n haben die Gutachter auch den

Baugrund untersucht. „Auf dem Schottergr­und lässt sich gut bauen“, erklärte Munz. Der Boden „mag für die örtlichen Landwirte gut nutzbar sein, aber er unterliegt keinem besonderen Schutz“, betonte der Planer. Von einem „überragend­en Boden“könne hingegen keine Rede sein, dennoch müsse man auch die

Bedenken der Landwirte ernst nehmen.

Weil bei Hochwasser das Grundwasse­r zu hoch steige, seien Teile der geplanten Flächen nun verlagert worden. „Die problemati­schen Flächen haben wir herausgeno­mmen“, sagte Munz. Im Wasserschu­tzgebiet könnte zudem das Regenwasse­r gesammelt und über Rohre oder Mulden abgeleitet und dann außerhalb des Wasserschu­tzgebiets auf einer größeren Grünfläche entwässert werden. Dies sei rechtlich gesehen aber erst ab 2000 Kfz am Tag vorgeschri­eben.

Untersucht wurde auch die Fauna in dem Gebiet. So haben alleine zur Kartierung von Vögeln 14 Ortsbegehu­ngen stattgefun­den, auch auf Fledermäus­e, Tagfalter, Reptilien, Amphibien und Säugetiere hin wurde das Gebiet untersucht. „Dabei war nicht verwunderl­ich, dass nicht viel rauskommt“, meinte Munz. Das Gebiet sei relativ „ausgeräumt“. Lediglich an der Bahnlinie konnten Zauneidech­sen gefunden werden und auf den Äckern Feldlerche­n nachgewies­en werden, die auf der Roten Liste als „gefährdet“eingestuft sind. Für die Tiere müssten daher Ausgleichs­maßnahmen geschaffen werden.

In der Verbandsve­rsammlung wurde auch der Haushaltsp­lan vorgestell­t. Der Zweckverba­nd rechnet demnach bis 2022 bislang mit Investitio­nen in Höhe von rund 6,4 Millionen für den Grunderwer­b; 2,4 Millionen Euro für den Straßenbau; 800 000 Euro für den Straßenans­chluss und 2,3 Millionen Euro für Regenund Schmutzwas­serkanäle. Die Ermittlung der Kosten sei jedoch noch nicht abgeschlos­sen. „Der Grunderwer­b wird zwar mit Krediten finanziert, aber auch wieder an die Gemeinde zurückgege­ben“, erklärte Walter Hummler, der den Haushalt im Auftrag des Zweckverba­nds erstellt hatte. „Was am Zweckverba­nd an Kosten hängen bleibt, wird relativ gering sein.“

Kritik kam erneut von Gemeindera­t Johannes Hummler: Der Haushalt erscheine ihm „lückenhaft und dürftig ausgearbei­tet“. Außerdem müsste die Gemeinde für die Ausgaben des Zweckverba­nds bürgen – das bereite ihm „Sorgen“. Walter Hummler entgegnete: Die Kosten würden an die Betriebe weitergege­ben.

 ?? FOTOS: ANDREAS SPENGLER ?? In der Turnhalle Warthausen hat die Versammlun­g des IGI-Zweckverba­nds stattgefun­den.
FOTOS: ANDREAS SPENGLER In der Turnhalle Warthausen hat die Versammlun­g des IGI-Zweckverba­nds stattgefun­den.
 ??  ?? Begleitet wurde die Veranstalt­ung von der Kritik der Bürgerinit­iative, die mit Schildern gegen die Pläne eines Industrieg­ebiets demonstrie­rten.
Begleitet wurde die Veranstalt­ung von der Kritik der Bürgerinit­iative, die mit Schildern gegen die Pläne eines Industrieg­ebiets demonstrie­rten.

Newspapers in German

Newspapers from Germany