Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Gutachter sehen keine Hindernisse für IGI
Sitzung des Zweckverbands stößt auf großes Interesse – Bürgerinitiative verstärkt Kritik
WARTHAUSEN - Eine Sitzung vor ungewöhnlicher Kulisse: Am Dienstagabend hat sich der Zweckverband IGI Rißtal in der Warthauser Turnhalle getroffen. Auf der Tagesordnung stand vor allem die Vorstellung mehrerer Fachgutachten. Das öffentliche Interesse war immens: Rund 150 Zuschauer kamen zu der Sitzung. Rasch wurde deutlich: Die Gutachter sehen keine unlösbaren Hindernisse für das Großprojekt.
Bereits der Weg zur Warthauser Turn- und Festhalle verriet, dass keine vergnügliche Veranstaltung bevorstand. Die IGI-Gegner der Bürgerinitiative (BI) „Schutzgemeinschaft“Rißtal hatten ihre Plakate und Schilder am Straßenrand angebracht mit Sprüchen wie: „Was wächst noch, wenn alles versiegelt ist?“, „Geld kann man nicht essen!“oder auch „Die Belastung hat nur Höfen“. In der Halle schien die Sitzung dann zunächst ruhig zu verlaufen, bis sich kurz vor Schluss der Warthauser Gemeinderat Johannes Hummler in der Versammlung zu Wort meldete: „Irgendwie habe ich den Eindruck, dass jemand über den Tisch gezogen wird, und wenn es nur die Gemeinde Warthausen ist“, sagte er und erhielt dafür reichlich Beifall von den Zuschauern. Eine Antwort wünschte sich Hummler von Biberachs Baubürgermeister Christian Kuhlmann.
Kuhlmann legte nochmals dar, dass die Erweiterungsflächen in Biberach nicht mehr ausreichten und appellierte: „Das können wir nur als Raumschaft gemeinsam lösen.“Schließlich wolle man auch zukünftig den Firmen noch „Entwicklungsmöglichkeiten“bieten, davon hänge auch die „wirtschaftliche Stärke der Region“ab.
Zuvor war Kuhlmann bereits auf die Vorwürfe der BI eingegangen. Er wiederholte seine Kritik an den Zahlen, die die IGI-Gegner nach eigenen Berechnungen in Umlauf gebracht hatten: „Die Zahlen sind für uns nicht nachvollziehbar.“Der Zweckverband stehe noch am Anfang. Der Grunderwerb sei noch nicht vollzogen, zudem liefen Gespräche zum Bahnanschluss und Schritt für Schritt würden nun weitere Fachplanungen bearbeitet. Grundlage dafür seien die Fachgutachten. „Sie sind wichtig, denn ohne diese Kenntnisse kann man nicht konkret diskutieren, wie das Gebiet aussehen soll“, betonte Kuhlmann.
Die Gutachten im Detail
Im Folgenden stellten Stadtplaner und Geograf Bernd Munz vom Büro Lars Consult und sein Kollege Robert Geiß die Ergebnisse der Gutachten vor. Ihr Tenor: „Es hat sich herauskristallisiert, dass die Themen und Fragestellungen zu Lärm, Hydrologie, Naturschutz auf jeden Fall lösbar sind“, sagte Bernd Munz im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“. Im Einzelnen hätten die Gutachten folgende Ergebnisse gebracht:
Die Verkehrssituation würde sich durch das geplante IGI verschärfen. Im Bereich Herrlishöfen werden ohne das Industriegebiet für das Jahr 2030 rund 14 500 Fahrzeuge pro 24 Stunden gesamt in beiden Richtungen prognostiziert. Mit dem IGI läge die Zahl bei etwa 18 000 Fahrzeugen. Dafür sei angenommen worden, dass das IGI bei 45 Beschäftigten pro Hektar zu rund 5500 Kfz-Bewegungen am Tag führe. Davon gingen rund 60 Prozent Richtung Biberach, 40 Prozent Richtung B 30, so die Aussage von Munz. Mit dem geplanten Aufstieg zur B 30 ließe sich die Zahl der Fahrzeuge in Herrlishöfen dagegen auf geschätzte 9500 Kfz reduzieren. „IGI hin, IGI her, der Aufstieg wäre eine Erleichterung“, betont Munz. Ohne Aufstieg würde hingegen „eine Belastungsgrenze“erreicht. Allerdings gehe er davon aus, dass das IGI „schrittweise“ausgebaut werden soll, sodass die Belastung abgefedert werde.
Unklar sei noch, wie der Anschluss an die Landesstraße erfolgen soll. Es werde geprüft, ob zwei Kreisverkehre oder zwei Ampelanlagen für ein flüssigeren Verkehrsfluss sorgen können. Munz wies zudem darauf hin, dass am geplanten Bahnanschluss mit Personenhaltestelle auch ein Industriegleis vorgesehen sei. Somit soll auch Verkehr auf die Schiene verlagert werden.
Im Lärmschutzgutachten sei untersucht worden, ob die vorgeschriebenen Grenzwerte eingehalten werden könnten. Eine Möglichkeit, dies sicherzustellen, sei, „durch die Stellung von Gebäuden zu verhindern, dass Lärm nach Süden abstrahlt“. Der Lärm könnte vor allem die Karl-Arnold-Siedlung in Herrlishöfen treffen, die direkt an das Gebiet grenzt. Wichtig sei daher, im Bebauungsplan Grenzwerte festzulegen.
Mit Bohrungen und Bodenproben haben die Gutachter auch den
Baugrund untersucht. „Auf dem Schottergrund lässt sich gut bauen“, erklärte Munz. Der Boden „mag für die örtlichen Landwirte gut nutzbar sein, aber er unterliegt keinem besonderen Schutz“, betonte der Planer. Von einem „überragenden Boden“könne hingegen keine Rede sein, dennoch müsse man auch die
Bedenken der Landwirte ernst nehmen.
Weil bei Hochwasser das Grundwasser zu hoch steige, seien Teile der geplanten Flächen nun verlagert worden. „Die problematischen Flächen haben wir herausgenommen“, sagte Munz. Im Wasserschutzgebiet könnte zudem das Regenwasser gesammelt und über Rohre oder Mulden abgeleitet und dann außerhalb des Wasserschutzgebiets auf einer größeren Grünfläche entwässert werden. Dies sei rechtlich gesehen aber erst ab 2000 Kfz am Tag vorgeschrieben.
Untersucht wurde auch die Fauna in dem Gebiet. So haben alleine zur Kartierung von Vögeln 14 Ortsbegehungen stattgefunden, auch auf Fledermäuse, Tagfalter, Reptilien, Amphibien und Säugetiere hin wurde das Gebiet untersucht. „Dabei war nicht verwunderlich, dass nicht viel rauskommt“, meinte Munz. Das Gebiet sei relativ „ausgeräumt“. Lediglich an der Bahnlinie konnten Zauneidechsen gefunden werden und auf den Äckern Feldlerchen nachgewiesen werden, die auf der Roten Liste als „gefährdet“eingestuft sind. Für die Tiere müssten daher Ausgleichsmaßnahmen geschaffen werden.
In der Verbandsversammlung wurde auch der Haushaltsplan vorgestellt. Der Zweckverband rechnet demnach bis 2022 bislang mit Investitionen in Höhe von rund 6,4 Millionen für den Grunderwerb; 2,4 Millionen Euro für den Straßenbau; 800 000 Euro für den Straßenanschluss und 2,3 Millionen Euro für Regenund Schmutzwasserkanäle. Die Ermittlung der Kosten sei jedoch noch nicht abgeschlossen. „Der Grunderwerb wird zwar mit Krediten finanziert, aber auch wieder an die Gemeinde zurückgegeben“, erklärte Walter Hummler, der den Haushalt im Auftrag des Zweckverbands erstellt hatte. „Was am Zweckverband an Kosten hängen bleibt, wird relativ gering sein.“
Kritik kam erneut von Gemeinderat Johannes Hummler: Der Haushalt erscheine ihm „lückenhaft und dürftig ausgearbeitet“. Außerdem müsste die Gemeinde für die Ausgaben des Zweckverbands bürgen – das bereite ihm „Sorgen“. Walter Hummler entgegnete: Die Kosten würden an die Betriebe weitergegeben.