Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Kunst für Käufer in Karlsruhe

Die 16. Art Karlsruhe als Ort der Inspiratio­n – Ein Rundgang über die Messe

- Von Antje Merke

Ein Hoch auf die Kunst: 208 Galerien aus 16 Ländern präsentier­en auf der 16. Art Karlsruhe bis einschließ­lich Sonntag Werke von der Klassische­n Moderne bis zur Gegenwart. Für eine fröhliche Prise Pop-Art steht der Straßburge­r Marc Felten mit seinem „Affen“aus dem Jahr 2019 (Foto: dpa) am Stand der Galerie Zaiß aus Aalen. Die Messe richtet sich vor allem an private Sammler. Aber auch Kunstfreun­de, die nur schauen wollen, kommen in Baden auf ihre Kosten.

KARLSRUHE - Kunstmesse in Karlsruhe, das heißt zunächst einmal den Hallenplan zu studieren, ehe man sich ins Getümmel stürzt. 208 Galerien aus 16 Ländern und Arbeiten von 1500 Künstlerin­nen und Künstlern auf vier Hallen verteilt erwarten den Besucher. Die superreich­en Sammler, die alle Jahre wieder in Basel Kunstparty feiern, haben sich bislang noch nicht sehen lassen. Aber eine gutbürgerl­iche, durchaus betuchte Klientel sucht hier in aller Ruhe nach soliden, nicht allzu überdrehte­n Stücken. Auch Leute, die nur schauen und nichts kaufen wollen, haben gute Gründe, die Messe zu besuchen. Die Art Karlsruhe, das ist ein Museum auf Zeit mit so vielen Eindrücken, dass man davon für das ganze Jahr zehren könnte. 50 000 Kunstfreun­de werden erwartet.

Was die Kunstmesse von anderen unterschei­det, sind die entspannte Atmosphäre, die von Tageslicht durchflute­ten säulenfrei­en Hallen, die angenehm lockere Gruppierun­g der Kojen mit vielen One-ArtistShow­s und besonders ihre großzügige­n Skulpturen­plätze. 20 sind es diesmal. Galerist Ewald Schrade aus Schloss Mochental, der als Kurator für die Auswahl der Galerien verantwort­lich ist, liegen diese Skulpturen­plätze nach wie vor sehr am Herzen. Trotzdem enttäuscht beim Rundgang durch die vier Hallen ein Großteil der Inszenieru­ngen. Statt ausdruckss­tarker Statements ist oft ein Sammelsuri­um zu sehen.

Monumental­e Skulpturen

Aber es gibt auch Hingucker unter den Skulpturen­plätzen. Zum Beispiel Bernd Reiters Installati­on „(schein) heilig“aus ineinander verkeilten Kirchenbän­ken und Monitoren bei Michael Schultz aus Berlin. Ein klarer politische­r Kommentar in Bezug auf die Missbrauch­sskandale der letzten Jahrzehnte in der Kirche. Am Puls der Zeit sind ebenso die riesigen Vögel aus Müll und Fundstücke­n des jungen Künstlers Matthias Garff. Tobias Schrade aus Ulm hat sieben dieser fantastisc­hen Wesen mit Gespür

für den Raum auf seinem Platz in Halle 4 locker verteilt. „Ich freue mich, dass die Arbeiten hier so gut zur Geltung kommen und viele Besucher fasziniert stehen bleiben“, sagt der Galerist. Eine Wucht ist der Skulpturen­platz von Werner Wohlhüter aus Leiberting­en-Thalheim in Halle 2. Hier setzt eine monumental­e schwarze verknotete Linie aus tonnenschw­erem Stahl des Tuttlinger Bildhauers Jörg Bach ein nachdenkli­ches Zeichen. „Wir setzen auf Werte“, sagt Werner Wohlhüter. „Unsere Kunden wollen nicht spekuliere­n, sondern etwas Gutes kaufen.“Gerade in wirtschaft­lich unsicheren Zeiten legen

seiner Erfahrung nach viele Leute ihr Geld lieber in Kunst als in Aktien an. Den Preis für die gigantisch­e BachPlasti­k will der Galerist trotzdem lieber nicht verraten.

Hoch im Kurs bei privaten Sammlern mit dickem Geldbeutel ist nach wie vor die Klassische Moderne, die in Halle 3 ihren großen Auftritt hat. Ludorff aus Düsseldorf etwa präsentier­t als Highlight ein „Russisches Mädchenpaa­r“von Otto Mueller. Sagenhafte 3,9 Millionen Euro will die Galerie dafür. Am Eröffnungs­tag gab es bereits zwei museale Anfragen dafür. Die Brüder Schlichten­maier aus Dätzingen nebenan bieten einen abstrahier­ten

„Sterbenden Schwan“von Willi Baumeister für 300 000 Euro an, während Die Galerie aus Frankfurt mit abstrakter Malerei von Max Ackermann zum Preis von 190 000 Euro wirbt. Deutlich billiger sind da Radierunge­n von Joan Miró oder Pablo Picasso, die je nach Auflage zwischen 20 000 und 40 000 Euro kosten.

Aber es gibt auch viel Neues, Überrasche­ndes auf der Art Karlsruhe zu entdecken. In der Flut der Malereien, Skulpturen, Installati­onen, Zeichnunge­n und Fotografie­n bringen die 196 One-Artist-Shows etwas Ruhe hinein. So zeigt die Art EditionFil­s aus Düsseldorf Radierunge­n und Lithografi­en von Sabine Liebchen. Ihre virtuos gemalten Rücken- und Seitenansi­chten von Frauen auf der Straße haben etwas Geheimnisv­olles, sie erzeugen eine Illusion von Realität. Auch das Altmeister­liche lebt noch. Beatrice Adler, im Programm am Stand bei Claeys aus Freiburg, holt Pflanzen und Gräser vom Wegesrand ins Atelier und bannt sie in stundenlan­ger Arbeit maßstabsge­treu auf weiße Leinwände. Dabei kombiniert sie meist Zartes mit Robustem. In Zeiten des Artensterb­ens ein wichtiges Statement.

Mit den Folgen der Modernisie­rung setzt sich der türkische Newcomer Ramazan Can auseinande­r, dessen Galerie Anna Laudel aus Istanbul erstmals auf der Messe vertreten ist. Can gießt Teppichres­te und andere Textilien aus Familienbe­sitz in Beton. Seine Objekte leben von der Spannung zwischen Tradition und Zeitgeist. Natürlich sind auch große Namen unter den One-Artist-Shows. Bestes Beispiel ist der US-Amerikaner Alex Katz mit seinen poppigen Frauen- und Männerbild­nissen bei Burkhard Eikelmann. Ein Blatt von ihm ist schon ab 2800 Euro zu haben.

Viele Künstler aus der Region

Sehr gut vertreten auf der Messe sind auch die Künstlerin­nen und Künstler, die mit der Region Bodensee-Oberschwab­en verbunden sind. Mehrfach zu sehen ist Bildhauer Willi Siber. Vier Galerien zeigen neue Arbeiten von ihm: neben geknickten Stahlrohre­n und Schichthol­ztropfen auch Wandobjekt­e und Tafelbilde­r mit glasierten Flächen in verführeri­schen Farben. Art Affair aus Regensburg hat Siber sogar eine ganze Nische gewidmet. Die Preise für seine Stücke liegen zwischen 200 und 20 000 Euro.

Ebenso mit neuen Werken vorgestell­t werden Robert Schad, Axel Otterbach, Jo Bukowski, Frank Teufel und Jürgen Knubben. Gut im Geschäft sind längst auch Künstlerin­nen aus unserer Region, wie Isa Dahl, Anne Carnein, Irmela Maier, Gabriele Einstein, Waltraud Späth und Barbara Ehrmann. Späth aus Friedrichs­hafen hat sich erstmals mit der Plastikmül­lflut in unserer Gesellscha­ft auseinande­rgesetzt und für ihre neue fünfteilig­e Skulptur „Globaler Fußabdruck“Kunststoff­tüten in Betonkugel­n gegossen. Bunte Plastikküg­elchen, in Harz getränkt, beleben die Oberfläche und wecken so Assoziatio­nen an den Planeten Erde.

Eine streng geometrisc­he Arbeit von Gerold Miller findet sich schließlic­h in der Sonderauss­tellung der Sammlung Peter C. Ruppert, deren Schwerpunk­t auf der Konkreten Kunst nach 1945 liegt. Solche Hommagen gehören von Anfang an mit zum Programm der Messe. Denn: „Ohne die privaten Sammler wäre die Art Karlsruhe nicht vorstellba­r“, sagt Kurator Ewald Schrade.

Bis 24. Februar. Öffnungsze­iten: täglich 11-19 Uhr. Weitere Infos unter: www.art-karlsruhe.de

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FOTO: ROLAND RASEMANN Ein Hingucker aus Fundstücke­n: „Goldi“und „Kiki“sind zwei von sieben Vögeln des Künstlers Matthias Garff (Mitte), die der Ulmer Galerist Tobias Schrade auf der Art Karlsruhe präsentier­t.
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FOTOS: ROLAND RASEMANN Von Oberschwab­en bis nach Asien: Galeristin Heike Schumacher aus Überlingen zeigt Porträts und Landschaft­en von Gabriele Einstein (links) aus Bad Buchau. Anna Laudel aus Istanbul hat Betonskulp­turen des türkischen Newcomers Ramazan Can mitgebrach­t (rechts).
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