Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Beweismaterial in Missbrauchsfall verschwunden
DÜSSELDORF (dpa) - Im Fall des vielfachen Kindesmissbrauchs auf einem Campingplatz bei Detmold ist seit mehreren Wochen Beweismaterial verschwunden. Ein Koffer und eine Hülle mit 155 Datenträgern wurden am 20. Dezember letztmalig in der Kreispolizeibehörde Lippe gesehen, teilte NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) am Donnerstag in Düsseldorf mit. Vier Sonderermittler seien eingesetzt worden, um das Verschwinden aufzuklären.
Das Fehlen der Asservate sei erst am 30. Januar bemerkt worden. Nur drei CDs davon seien bisher ausgewertet worden. Ob auf den Datenträgern mit 0,7 Tera-byte Speicherplatz auch kinderpornografisches Material war, sei daher unklar. „Man muss hier klar von Polizeiversagen sprechen“, sagte Reul. Den größten Teil von 15 Terabyte Filmmaterial hatte die Polizei aber bereits gesichert.
Der Bund Deutscher Kriminalbeamter sprach von einer „Katastrophe“für das Ansehen der Polizei. „Die Bevölkerung vertraut uns, die Opfer vertrauen uns – und wir haben dieses Vertrauen hier offensichtlich verspielt – oder zumindest ist ein Fragezeichen, wie die Polizei arbeitet“, sagte Oliver Huth, Vize-Landesvorsitzender des Bundes Deutscher Kriminalbeamter in der „Aktuellen Stunde“des WDR.
Unter dem Verdacht des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern und der Verbreitung von Kinderpornografie sitzen als Hauptverdächtige ein 56-Jähriger aus Lügde, ein 33-Jähriger aus Steinheim und ein 48-Jähriger aus Stade in Niedersachsen in Untersuchungshaft. Bislang sind 31 minderjährige Opfer im Alter zwischen vier und 13 Jahren identifiziert. Ausgelöst wurden die Ermittlungen durch eine Anzeige im November 2018. Zusätzlich zu den Ermittlungen gegen die Tatverdächtigen und mehrere Jugendämter wird laut Reul auch gegen eine Polizeibeamtin und einen Beamten wegen Strafvereitelung ermittelt.