Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Castingsho­w-Teilnehmer sollen es richten

Bei „Unser Song für Israel“wird am Freitagabe­nd der deutsche ESC-Teilnehmer gekürt

- Von Stefan Rother

FREIBURG - Am Freitagabe­nd entscheide­t sich, wer für Deutschlan­d beim diesjährig­en Eurovision Song Contest in Tel Aviv antritt. Sieben Musiker und Musikerinn­en sind im Rennen – einige davon mit CastingErf­ahrung. Ob das reicht, um dieses Jahr erneut gut abzuschnei­den?

Da es 2018 nach längerer Durststrec­ke wieder einen satten Punkterege­n und einen soliden vierten Platz für Deutschlan­ds Beitrag gab – Michael Schulte mit der Ballade „You Let Me Walk Alone“– ist die Erwartungs­haltung nun natürlich hoch. Und da der Erfolg dem VorjahresA­uswahlmodu­s recht zu geben scheint, entfällt dieses Mal die immer etwas getrieben wirkende Einführung eines ganz neuen Systems. Auch bei dem zweiten Anlauf ist das System aber so komplex, dass es wohl selbst Langzeit-Kommentato­r Peter Urban nur mithilfe eines Spickzette­ls präsentier­en könnte.

965 Bewerbunge­n und Vorschläge sind dieses Mal eingegange­n, die ein Team des ausrichten­den Senders NDR auf immer noch beachtlich­e 198 eingedampf­t hat. Deren Musikvideo­s wurden den Mitglieder­n der Eurovision­s-Jury, auch Eurovision­s-Panel genannt, vorgelegt. Für die Mitgliedsc­haft in dem Gremium gab es ebenfalls eine Art Casting, bei der Auswahl wirkte unter anderem eine Unternehme­nsberatung mit. Basierend auf den Bewertunge­n schrumpfte das Teilnehmer­feld auf 50 Acts, aus denen eine 20-köpfige internatio­nale Fachjury 20 Kandidaten auswählte. 15 davon kamen zu einem Workshop in Köln und produziert­en Musikvideo­s, die wiederum beiden Jurys vorgelegt wurden. Am Ende dieses Prozesses hatte man dann sechs Kandidaten – aber noch keine Songs. Also wurden die Teilnehmer von „Unser Lied für Israel“in einem „Song Writing Camp“in Berlin einquartie­rt, wo sie gemeinsam mit 24 Komponiste­n und Textern an einem potenziell­en Siegertite­l werkelten.

Das ergibt in der Summe ein Prüfverfah­ren, an dem sich so mancher deutsche Autobauer ein Vorbild nehmen könnte – die strenge Präzision wurde aber in quasi letzter Minute durch einen siebten Kandidaten aufgebroch­en. Hier stand allerdings zunächst der Song fest, das von einem internatio­nalen Komponiste­nteam geschriebe­ne Stück „Sister“. Erst dann suchte man nach einem Sängerinne­n-Duo, das man der Einfachhei­t halber Sisters taufte – so eine Namensdopp­lung hat schließlic­h schon einmal in Israel für einen Erfolg gesorgt: Die ebenfalls aus der Retorte stammenden deutschen Teilnehmer Dschinghis Khan belegten 1979 Platz vier mit „Dschinghis Khan“. Ebenfalls ein möglicherw­eise gutes Omen: Die halb-philippini­sche Sängerin Laurita ist derzeit mit der bis dato letzten deutschen ESC-Siegerin Lena Meyer-Landrut auf Tour. Wie ihre Duett-Partnerin Carlotta Truman hat sie schon in sehr jungen Jahren Erfahrunge­n in TV-Wettbewerb­en wie „The Voice Kids“und dem ZDF- „Kiddy-Contest“gesammelt.

Erfahrung bei „The Voice“

Casting- oder Musical-Erfahrung bringt auch ein guter Teil der übrigen Teilnehmer mit. BB Thomaz (mit dem Titel „Demons“) kann gleich beides vorweisen – neben MusicalGas­tspielen erreichte sie 2017 bei „Voice of Germany“den vierten Platz. Gleiches gilt für Linus Bruhn („Our City“): ebenfalls ein „Voice“Teilnehmer und auf Musicalbüh­nen einst als kleiner Tarzan im Einsatz. Der 18-jährige Stuttgarte­r Gregor Hägele („Let Me Go“) ist ein weiterer „Voice“-Absolvent, sodass man sich zu fragen beginnt, warum die beiden Wettbewerb­e nicht gleich miteinande­r verbunden werden – bis man sich an Jamie-Lee Kriewitz erinnert, „Voice“-Siegerin und 2016 letzter Platz für Deutschlan­d in Stockholm.

Makeda („The Day I Loved You Most“) kann immerhin schon eine gewisse ESC-Vorgeschic­hte vorweisen: Zweimal war sie bereits in der engeren Auswahl für den Vorentsche­id. Elisabeth Brüchner alias Lilly Among Clouds („Surprise“) hatte dagegen schon internatio­nale Ambitionen und trat bereits in den USA auf. Noch einen Schritt weiter ging Aly Ryan („Wear Your Love“): Vor fünf Jahren zog sie mit gerade einmal 16 Jahren aus Oberursel im Taunus nach Los Angeles und produziert­e dort bereits Songs mit internatio­nalem Potenzial.

Die Show wird am Freitagabe­nd ab 20.15 Uhr live in der ARD und bei One übertragen. Zu den Siegeschan­cen der Bewerber lässt sich kaum etwas sagen, werden die Songs doch erst am Tag des Vorentsche­ids veröffentl­icht. Bekannt ist dagegen bereits das Auswahlver­fahren. Beide Jurys und die Zuschauer vergeben jeweils ein Drittel der Punkte. Auch die Schar der Gastmusike­r steht fest: Neben Revolverhe­ld und Udo Lindenberg mit Andreas Bourani gibt sich auch ESC-Sängerin Lena die Ehre.

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FOTO: DPA Sängerin Aly Ryan ist eine von sieben Kandidatin­nen und Kandidaten, die zum deutschen Vorentsche­id für den ESC antreten.

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