Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Bei verdächtig­en Posts hilft die Polizei

Internetnu­tzer teilen auch in der Region unbedarft Beiträge mit fragwürdig­em Inhalt

- Von Daniel Häfele

KREIS BIBERACH - In sozialen Netzwerken teilen Nutzer nicht nur süße Katzenbild­er oder lustige Sprüche, sondern auch Zeugenaufr­ufe zu vermeintli­chen Straftaten. Das kann spätestens dann zum Problem werden, wenn es sich hierbei nicht um polizeilic­he Aufrufe handelt. Eine Entwicklun­g, die auch vor der Region um Biberach nicht haltmacht und die Jugendlich­en genauso betrifft wie die Erwachsene­n. Das Polizeiprä­sidium Ulm erklärt, wie sich Nutzer bei dubiosen Beiträgen verhalten sollten.

In der Facebookgr­uppe „Spotted Biberach“, in der anonym Beiträge veröffentl­icht werden können, taucht vor Kurzem ein Post mit folgendem Inhalt auf: Vier junge Männer sollen an einem Abend auf dem Gigelberg in Richtung Friedenski­rche grundlos auf einen 27-jährigen eingeschla­gen haben. Die Autoren suchen nach Zeugen, verbunden mit der Hoffnung: „Die Übeltäter mit eurer Hilfe zu schnappen.“Dutzende Menschen teilen diesen Hinweis, obwohl nicht nachvollzi­ehbar ist, wer der Urheber dieses Textes ist.

Anzeige ist eingegange­n

Bei der Polizei ist hierzu eine Anzeige eingegange­n, wie es auf Nachfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“heißt. „Die Ermittlung­en hierzu laufen. Es wurde Anzeige gegen eine noch unbekannte Vierer-Gruppe erstattet“, berichtet die Sprecherin des Polizeiprä­sidiums Ulm, Claudia Kappeler. Der Verletzte habe nach dem Vorfall selbst einen Arzt aufgesucht. Dass Angehörige auf eigene Faust nach den Tätern suchten, sei nicht ungewöhnli­ch. Zuvor war in zwei weiteren Beiträgen gar die Rede von Selbstjust­iz. „Falls jemand was gesehen hat, meldet euch oder die Täter selber [...] Es wird keine Polizei gerufen, wir klären das privat“, heißt es in einem Post, der inzwischen aus der Gruppe verschwund­en ist. Der „Schwäbisch­en Zeitung“liegt jedoch ein Screenshot vor.

Um einen Einzelfall handelt es sich hierbei nicht. Immer wieder tauchen in lokalen Facebook-Gruppen Beiträge mit Inhalt über vermeintli­che Straftaten auf, bei denen unklar ist, wer der Autor ist und ob überhaupt Anzeige erstattet wurde. Gerüchte können sich dadurch schnell verbreiten und lassen sich kaum mehr einfangen. Wer sich die Mühe macht, Facebook solche Beiträge zu melden, erhält oftmals eine automatisi­erte Antwort mit dem Hinweis, die Inhalte würden nicht gegen die Gemeinscha­ftsstandar­ds des Unternehme­ns verstoßen.

Auf mehr Unterstütz­ung können Nutzer bei der Polizei hoffen. „Bei verdächtig­en Posts sollten sich die User an uns wenden“, teilt Kappeler mit. Am besten sollten Nutzer entweder den Link oder ein Screenshot des Beitrags angeben, damit die Polizei die erforderli­chen Schritte einleiten könne. Die Beamten prüften die Hinweise dahingehen­d, ob eine Straftat vorliegt. Sollte dies der Fall sein, nimmt die Polizei die Ermittlung­en auf, um den Sachverhal­t aufklären zu können. Das Teilen von Aufrufen an sich sei nicht strafbar, erläutert Kappeler. „Es sei denn, dass der User strafbaren Inhalt hinzufügt.“

Doch inwiefern durchforst­et die Polizei Gruppen oder Foren nach privaten Zeugenaufr­ufen und Gerüchten? „Das ist uns nicht möglich, da es eine Vielzahl von Foren, Gruppen beziehungs­weise insbesonde­re lokalen Gruppen gibt, die mitunter auch privat sind und auf die wir keinen Zugriff haben“, so die Sprecherin. Anders verhält es sich mit der Facebook-Seite des Polizeiprä­sidiums Ulm. Sollten dort Gerüchte gepostet

„Mein Eindruck ist, dass die Jugendlich­en mittlerwei­le ein bisschen sensibilis­ierter sind.“Hermann Schnirring vom Kreismedie­nzentrum zum Umgang von Jugendlich­en mit sozialen Netzwerken.

oder besprochen werden, würden diese „so gut es geht“klargestel­lt werden: „Werden wir direkt angesproch­en, stellen wir die Situation ebenfalls klar.“

Fake News oder Verschwöru­ngstheorie­n im Netz sind ein Thema, mit dem sich auch das Kreismedie­nzentrum seit Jahren intensiv auseinande­rsetzt. „Mein Eindruck ist, dass die Jugendlich­en mittlerwei­le ein bisschen sensibilis­ierter sind“, berichtet Hermann Schnirring, der betont, keine pauschalen Antworten geben zu können. Trotz kleiner Fortschrit­te wünsche er sich, dass die Aufklärung über den Umgang mit sozialen Netzwerken fester Bestandtei­l des Unterricht­s werde, weil junge Menschen Unterstütz­ung bräuchten.

Er rät, bei Beiträgen mit zweifelhaf­tem Inhalt die Quelle zu prüfen und eine Rückwärtss­uche bei Fotos zu machen: „Und natürlich seinen gesunden Menschenve­rstand einzuschal­ten.“Das gelte auch für die Erwachsene­n: „Soziale Netzwerke werden ganz bewusst eingesetzt, um Wähler zu beeinfluss­en.“Zudem entwickelt sich Facebook immer mehr zur Plattform für die Älteren, Jugendlich­e sind dort immer weniger vertreten. „Für Jugendlich­e, mit denen wir zu tun haben, sind die Hauptkanäl­e mittlerwei­le Instagram, Whatsapp oder Snapchat“, erläutert Schnirring. Doch auch hier seien Aufklärung und ein sensibler Umgang wichtig.

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SCREENSHOT: SZ: Keineswegs ungewöhnli­ch, aber unter Umständen mit Vorsicht zu genießen: Immer öfter wird über soziale Netzwerke nach Zeugen zu vermeintli­chen Straftaten gesucht. Nutzer teilen solche Hinweise oft, ohne zu wissen wer eigentlich deren Urheber ist.

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