Schwäbische Zeitung (Laupheim)
So eine blöde Kuh
Das neue Kinderstück der Jungen Ulmer Bühne handelt von einer tierischen Besserwisserin
ULM (köd) - Wie geht man mit jemandem um, der an allem und an allen etwas auszusetzen hat und alles besser weiß? Jemand, der immer weiß, was richtig ist und was falsch? Richtig ist nämlich die eigene Meinung, und falsch liegen all jene, die sich anders verhalten.
Rosemarie, das schwarz-weiße Fleckvieh, ist so ein Wesen: Das Tier, Hauptfigur des Stücks „Die Kuh Rosemarie“, das in den kommenden Monaten im Alten Theater zu sehen ist, nörgelt. Sie motzt, weil sich die Schweine auf dem Hof so gern im Dreck suhlen, und das Huhn gackert ihr zu laut beim Eierlegen. Rosemarie kann sich natürlich zwar weder in ein Schwein noch in ein Huhn hineinversetzen – aber wie man ein sauberes, ordentliches Schwein wird, das weiß sie gut. Und wer ihrem Willen nicht folgt, der wird mit der Trillerpfeife klein gemacht.
Auch Kinder kennen Menschen in ihrem eigenen Umfeld, die besserwisserisch jeden belehren. Oft handelten sogar Kinder aus der eigenen Kindergartengruppe oder der eigenen Grundschulklasse so, sagt Regisseur Sven Wisser, Intendant der Jungen Ulmer Bühne (JUB). Doch wie geht man mit diesem Thema um, um es für Kinder ab vier Jahren aufzubereiten und gleichzeitig auch die Erwachsenen im Publikum gut zu unterhalten?
Der Theaterleiter und sein Team wollten in ihrer Inszenierug von Andri Beyelers Stücks „Die Kuh Rosemarie“(nach dem Kinderbuch „Die Kuh Rosalinde“von Frauke Nahrgang) nicht einfach nacherzählen, sondern emotional nachfühlen, was mit den ständig kritisierten Tieren, mit dem Bauern und letztlich auch mit Rosemarie passiert. Die sucht Aufmerksamkeit und lebt ihre Machtmomente aus, was sie auch deshalb könne, weil der Bauer konfliktscheu ist, berichtet Wisser.
Schwarz und weiß sind angesagt
Eine schön bunte Bauernhof-Szenerie wollte die Junge Ulmer Bühne im Alten Theater für dieses Stück aber gerade nicht haben: Schwarz und weiß sind angesagt, so wie Rosemarie alles in „weiß“und „schwarz“und damit in „richtig“und „falsch“einsortiert. Damit das Stück aber trotz des herben Stoffes leicht und heiter daherkommt, haben Wisser und die Schauspieler des Stückes – Leonie Hassfeld, Sina Baajour, Markus Hummel und Ferdinand Reitenspies – witzige Songs geschrieben, die die Emotionen der Protagonisten vierstimmig und sehr lebendig auf die Bühne bringen. Und sie haben eine Gesangsfortbildung gemacht. Gleichzeitig kürzte Wisser den Text des Stückes deutlich, um Raum zu schaffen für die atmosphärische Ebene.
„Dass Rosemarie so eine blöde Kuh sein kann, liegt auch daran, dass der Bauer so konfliktscheu und friedliebend ist“, erklärt der Regisseur. „Erst als die Tiere verzweifelt zu ihm kommen und sagen: ‚Tu was‘, handelt er – und verlagert den Konflikt einfach woanders hin.“Nach Afrika, um genau zu sein. Wie es weitergeht, sei aber an dieser Stelle noch nicht verraten: Es passiert Überraschendes.