Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Man spricht deutsch

Norwich City und Trainer Daniel Farke stehen in England kurz vor dem Aufstieg

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NORWICH (SID) - Nein. Auf einer Wand verewigt wie das Konterfei von Jürgen Klopp beim FC Liverpool ist Daniel Farke in Norwich nicht. Zumindest noch nicht. Doch der Hype um den Senkrechts­tarter aus Ostwestfal­en und sein „Team Bundesliga“aus der Grafschaft Norfolk im Osten Englands wird von Woche zu Woche größer. Eine ganze Region träumt vom Aufstieg in die Premier League. Und Farke, der Architekt des Fußball-Märchens? Der bleibt cool.

„Wir sind da ganz entspannt“, sagt der Trainer von Norwich City und bezeichnet­e sich und sein Team trotz der 15 Punkte Vorsprung auf den ersten Nicht-Play-off-Platz als „Außenseite­r“. Klar ist aber auch: Wir sind gierig und wollen das Maximale erreichen“.

Neben der Gier hat der 42-Jährige den Canaries („Kanarienvö­gel“) vor allem den Glauben zurückgege­ben. Drei Jahre nach dem letzten Abstieg aus dem Oberhaus träumen sie an der Carrow Road wieder von der guten alten Zeit. Von Spielen gegen Klopps Liverpool oder Pep Guardiolas Manchester City. „Der Aufstieg in die Premier League würde einer Sensation gleichkomm­en“, sagt Farke. Aktuell habe man „das Gefühl, dass die Kanarienvö­gel wirklich fliegen. Und wenn wir am Ende der Saison aufsteigen sollten, dann gibt es hier eine wochenlang­e grün-gelbe Party.“

Farke wandelt auf den Spuren von David Wagner, der 2017 mit Huddersfie­ld als bislang einziger deutscher Trainer in England den Aufstieg schaffte. Die Parallelen sind frappieren­d: Auch Wagner hatte zuvor Dortmunds Bundesliga-Reserve trainiert und den Staffelsta­b dann an Farke übergeben.

Norwich City blickt auf schwierige Jahre zurück. Erst als Farke im Sommer 2017 das Zepter beim Traditions­klub übernahm, ging es wieder bergauf. Im Schatten der großen Erfolge von Klopp sorgte der frühere Oberliga-Torschütze­nkönig im Osten Englands seitdem für eine neue „Deutsche Welle“. Acht Profis mit deutscher Staatsbürg­erschaft spielen mittlerwei­le für Norwich, hinzu kommen etliche weitere Spieler mit Bundesliga­erfahrung. Den Fans gefällt das Gütesiegel „Made In Germany“, sie singen in Anlehnung an einen Blur-Song: „All the Germans! So many Germans!“

Mit Leitner und Stieperman­n

Farke misst der Nationalit­ät seiner Akteure aber keine besondere Bedeutung bei. „Die Qualität der Spieler ist wichtig, der Reisepass spielt dabei überhaupt gar keine Rolle“, sagt er. Entscheide­nd sei, „dass sich die Jungs komplett mit dem Klub und unserer Spielweise identifizi­eren. Natürlich wird unter den deutschen Spielern auch mal in der Mutterspra­che ein bisschen gefachsimp­elt. Aber grundsätzl­ich wird bei uns auf dem Trainingsp­latz und in der Kabine nur englisch gesprochen.“

Der Weg von Norwich unter Farke ist erstaunlic­h. Während die TopTeams in der Premier League Milliarden verprassen, hat City in den letzten 18 Monaten mehr als 60 Millionen Euro Transferüb­erschuss erzielt. So lotste Farke den deutschen Rechtsauße­n Onel Hernandez von Eintracht Braunschwe­ig oder Angreifer Dennis Srbeny vom SC Paderborn für kleines Geld auf die Insel. „Wir haben keine andere Wahl“, sagt Farke: „Unsere Eigentümer sind sehr bodenständ­ig und schmeißen nicht mit Geld um sich.“Entscheide­nd beim Scouting neuer Spieler sei „Qualität, Charakter und die Bezahlbark­eit“.

Das Konzept geht ähnlich wie bei Huddersfie­ld im Aufstiegsj­ahr auf. Und wie dort gehören auch bei Norwich hierzuland­e vergessene Spieler wie Moritz Leitner, Marco Stieperman­n, Hernandez, Christoph Zimmermann, Srbeny und Tom Trybull plötzlich zu den Leistungst­rägern. Der frühere Schalker Teemu Pukki aus Finnland führt mit 23 Treffern die Torschütze­nliste der englischen Championsh­ip an.

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FOTO: DPA Setzt erfolgreic­h auf scheinbar Gescheiter­te: Daniel Farke.

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