Schwäbische Zeitung (Laupheim)
RRPS will mehr als nur Motoren bauen
Friedrichshafener Traditionsunternehmen präsentiert gute Zahlen und wandelt sich weiter
FRIEDRICHSHAFEN - „Rolls-Royce Power Systems ist in der Vorwärtsbewegung“, sagt Andreas Schell. Damit meint der RRPS-Chef nicht nur 2018, das erfolgreichste Jahr der über 100- jährigen Firmen geschichte, sondern auch den Umbau des traditionsreichen Friedrichshafen er Motoren bauers zu einem Anbieter integrierter Systemlösungen für Antrieb und Energie versorgung.
„Wir haben 2018 bei jeder Kennzahl eine Schippe draufgelegt“, erklärte Schells Vorstandskollege Marcus A. Wassenberg, RRPS-Finanzchef, bei einer Pressekonferenz am Freitag. Demnach hat RRPS im abgelaufenen Jahr 3,94 Milliarden Euro umgesetzt. Das sind – um Verkäufe und interne Organisationsv er schiebungen bereinigt –15 Prozent mehr als im Vorjahr. Der Gewinn vor Steuern stieg um 20 Prozent auf 358 Millionen Euro, die Umsatzrendite lag bei 9,1 Prozent.
Als Hauptgrund für die guten Zahlen nannte Wassenberg die mittlerweile abgeschlossene organisatorische Neuausrichtung des Unternehmens, die intern unter dem Namen „RRPS 2018“lief. So habe man dank neuer Vertriebs strukturen neue Kunden gewonnen. Zudem wurde die Zahl der Produkte um ein Viertel vermindert und trotzdem mehr Umsatz gemacht. Dank „RRPS 2018“habe man den Gewinn in den vergangenen Jahren um 400 Millionen Euro erhöht, so Wassenberg.
Fast 11 000 Mitarbeiter
RRPS, dessen Kernmarke MTU ist, baut unter anderem Motoren für Schiffe, Lokomotiven, Baumaschinen und Panzer sowie Energieaggregate mit Diesel- und Gasantrieben. Das Unternehmen beschäftigt weltweit 10 800 Mitarbeiter, davon 6600 in Deutschland, 5500 am Stammsitz in Friedrichshafen.
Der Motorenbauer gehört zum britischen Rolls-Royce-Konzern, der momentan wegen technischer Probleme bei seinen Flugzeugturbinen in finanziellen Schwierigkeiten steckt. RRPS trägt 23 Prozent zum Umsatz des Gesamtkonzerns bei und ist derzeit die profitabelste Sparte von Rolls-Royce.
Die Konzernführung auf der Insel wird mit Freude vernehmen, dass Schell und Wassenberg auch für das Jahr 2019 ehrgeizige Ziele haben. Die Auftragsbücher seien noch nie so voll gewesen, sagt der Vorstandsvorsitzende Schell, trotzdem arbeite man daran, neue Märkte zu erschließen, vor allem in Asien. Wassenberg rechnet mit einem Umsatzwachstum im „hohen einstelligen Prozentbereich“, also erstmals mit über vier Milliarden Euro.
Die Strategie „PS 2030“sehe den weiteren Umbau des Motorenherstellers „zum integrierten Lösungsanbieter“vor, so Schell. Dazu gehöre der Ausbau von Servicedienstleistungen während der gesamten Lebenszeit der Motoren und Aggregate. Deshalb habe man fünf „Customer Care Center“eingerichtet, in Friedrichshafen, Augsburg, Singapur, China und den USA, die rund um die Uhr erreichbar sind und im vergangenen Jahr 3000 Anfragen abgearbeitet haben.
„Wir haben über 100 000 Motoren und Systeme im Feld“, sagte Schell. Man wolle den Kunden künftig noch enger begleiten. Zum Beispiel mit Apps, die anstehende Wartungen vorab erkennen, Termine vereinbaren und Ersatzteile ordern. Oder mit Verträgen wie dem mit einer britischen Eisenbahngesellschaft, die nicht nur 360 MTU Power Packs geordert hat, sondern auch über 27 Jahre lang den Service dazu. Bei MTU kann man neuerdings nicht nur den Motor für seine Yacht bestellen, sondern auch eine vernetzte Brücke mit Radar, Navigation und Motorsteuerung.
Große Hoffnungen setzt RRPS auf das Produkt „MTU Energy Pack“, einen Batteriecontainer mit 3388 Lithium-Ionen-Zellen und 154 Modulen. Er kann über 1000 Kilowattstunden Strom speichern, netzunabhängige Versorgung sicherstellen und ein wichtiger Bestandteil sogenannter Microgrids sein, kleinen Stromnetzen, die sich aus mehreren Stromquellen speisen. In Friedrichshafen und Aiken (USA) baut RRPS gerade zwei Demonstratoren solcher Microgrids, in denen sich Kunden ihren eigenen Bedarf simulieren lassen und so das für sie passende Microgrid zusammenstellen können. Die Friedrichshafener – auf dem Weg zum integrierten Lösungsanbieter – liefern dabei nicht wie früher nur die Stromaggregate, sondern auch das Batteriemodul und die intelligente Steuerung.
Alternativer Kraftstoff gesucht
Trotz all der für RRPS und MTU neuen Felder lässt die Unternehmensstrategie 2030 das Kerngeschäft und damit den Motorenbau nicht außer Acht. Hier setzen Schell und Wassenberg verstärkt auf alternative Kraftstoffe, synthetische etwa oder Wasserstoff. Und es ist auch kein Zufall, dass das Unternehmen an einem Forschungsprojekt beteiligt ist, das es sich zum Ziel gesetzt hat, CO2-neutrale Kraftstoffe zu produzieren.