Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Vorläufiger Vergabestopp bleibt bestehen
Im Rechtsstreit um Bauplätze in Ummendorf verlauten erstmals inhaltliche Argumente
UMMENDORF - Im Rechtsstreit um die Bauplatzvergabe im Ummendorfer Gebiet Heidengäßle/Mühlbergle II hat sich die Hoffnung der Gemeinde, den vorläufigen Stopp des Verwaltungsgerichts (VG) Sigmaringen aufheben zu lassen, nicht erfüllt: Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Mannheim wies eine Beschwerde gegen den Zwischenbescheid des VG zurück. Bisher geht es viel um Verfahrensfragen, doch wurden zwei inhaltliche Gesichtspunkte bekannt.
Der Reihe nach: Für die 33 Bauplätze gingen 159 Bewerbungen ein. Die Gemeinde vergab zunächst 27 Parzellen nach vorher veröffentlichten Kriterien. Danach beantragte ein leer ausgegangenes Ehepaar eine einstweilige Anordnung, um die Vergabe zu stoppen, bis die Rechtmäßigkeit des Punktesystems geklärt ist. Über diesen Antrag hat das VG noch nicht entschieden, jedoch per Zwischenbescheid einen vorläufigen Stopp bis zum Abschluss des Eilverfahrens verhängt. Zum Zeitpunkt dieses Bescheids waren acht Kaufverträge bereits notariell beurkundet; 19 Familien haben zwar eine Zusage der Gemeinde, aber die Verträge müssen vorerst in der Schublade bleiben.
Im Sinne dieser 19 Familien legte die Gemeinde laut Bürgermeister Klaus B. Reichert Beschwerde beim VGH ein. Sie hoffte, die höhere Instanz könne deren Ungewissheit beenden – abgesehen von allerlei juristischen Gründen sinngemäß mit dem Argument, dass ja sechs Bauplätze übrig sind: Sollten nach einem womöglich langen Gang durch die Instanzen schlussendlich Korrekturen am Punktesystem nötig sein, könnten damit etwaige Ansprüche anderer Bewerber befriedigt werden.
Abwägung der Rechtsgüter korrekt
Das lässt der VGH schon allein deswegen nicht gelten, weil die Bewerber ihre Wunschparzelle in der Reihenfolge ihrer Punktzahl auswählen konnten; daher reiche es nicht, „irgendein Grundstück freizuhalten“. Im Übrigen stützt der VGH die Abwägung der Sigmaringer Richter: Diese hätten sich „maßgeblich von der Erwägung leiten lassen, dass der Rechtsschutz der Antragsteller bei Nichterlass der Zwischenverfügung durch den (...) Abschluss von notariell beurkundeten Kaufverträgen praktisch vereitelt würde“; dies wiegt für die Richter schwerer als die „andeutungsweise vorgetragene Behauptung“finanzieller Nachteile der ausgebremsten Häuslebauer, etwa durch steigende Baupreise oder entgangenes Baukindergeld.
Der VGH-Pressesprecher Matthias Hettich sagte, die Mannheimer Richter hätten sich nicht mit Inhalten des Rechtsstreits, also nicht mit dem Punktesystem beschäftigt, sondern mit dieser Abwägung und verfahrensrechtlichen Fragen. Hierbei bestätigt der VGH, dass die Gemeinde alle angeforderten Unterlagen vorlegen muss, es fällt das Wort vom „rechtswidrigen Prozessverhalten“. Der VGH-Sprecher sagte, damit sei gemeint, dass nicht alle Originalakten vollständig und ungeschwärzt vorgelegt worden seien.
Für Reichert ging es im Komplex Aktenvorlage darum, sich vor der Weitergabe von sehr persönlichen Daten der Bauplatzbewerber rechtlich abzusichern und die schriftliche Freigabe durch die Landesdatenschutzbehörde abzuwarten. Nach dem VGH-Beschluss habe die Gemeinde inzwischen auch Niederschriften über nichtöffentliche Besprechungen des Gemeinderats ohne Namensschwärzungen vorgelegt.
Das VG und die Gemeinde geben keine Auskunft, wer die einstweilige Verfügung beantragt hat und womit die Zweifel am Punktesystem begründet werden. Durch den VGHBeschluss wird jetzt indirekt ein inhaltliches Argument bekannt: Offenbar ist die mögliche Befangenheit von Räten bei dessen Zustandekommen ein Thema. Laut früherer Aussagen Reicherts stützte sich die Gemeinde auf Auskünfte des Gemeindetags; zudem sei das Punktesystem ja gerade im Vorfeld beschlossen worden, bevor klar war, wer sich bewerben würde. Der VGH prüfte nicht, ob eine Befangenheit vorlag, pocht aber auf Vorlage von Akten, damit das VG dies prüfen kann.
Liegt Altersdiskriminierung vor?
Das VG Sigmaringen gab keine Auskunft zum Stand und zur Dauer des Eilverfahrens; auch nicht zur Frage, ob dem VG die nun vorgelegten Akten genügen. Der VG-Sprecher OttoPaul Bitzer sagte, er könne nicht über jeden Schritt berichten, aus Kapazitätsgründen und weil es sich um ein laufendes Verfahren handle. Er bestätigte jedoch seine Aussage gegenüber der „Badischen Zeitung“, dass das Kriterium Alter der Bauplatzbewerber problematisch sein könnte – ein Kriterium im Punktesystem neben Zahl und Alter der Kinder, Ehrenämtern, Wohndauer im Ort und anderen Dingen. Die BZ-Redakteurin für Efringen-Kirchen hatte sich dafür interessiert, weil die Stadt im südwestlichen Dreiländereck aktuell Bauplatzvergabekriterien berät und manche dort das Ummendorfer Punktesystem als Vorbild erwogen. Reichert äußerte sich nach Erscheinen dieses Berichts im Badischen empört, dass das VG in diesem Fall eben doch Inhalte aus dem laufenden Verfahren preisgegeben habe.