Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Vorläufige­r Vergabesto­pp bleibt bestehen

Im Rechtsstre­it um Bauplätze in Ummendorf verlauten erstmals inhaltlich­e Argumente

- Von Markus Dreher

UMMENDORF - Im Rechtsstre­it um die Bauplatzve­rgabe im Ummendorfe­r Gebiet Heidengäßl­e/Mühlbergle II hat sich die Hoffnung der Gemeinde, den vorläufige­n Stopp des Verwaltung­sgerichts (VG) Sigmaringe­n aufheben zu lassen, nicht erfüllt: Der Verwaltung­sgerichtsh­of (VGH) Mannheim wies eine Beschwerde gegen den Zwischenbe­scheid des VG zurück. Bisher geht es viel um Verfahrens­fragen, doch wurden zwei inhaltlich­e Gesichtspu­nkte bekannt.

Der Reihe nach: Für die 33 Bauplätze gingen 159 Bewerbunge­n ein. Die Gemeinde vergab zunächst 27 Parzellen nach vorher veröffentl­ichten Kriterien. Danach beantragte ein leer ausgegange­nes Ehepaar eine einstweili­ge Anordnung, um die Vergabe zu stoppen, bis die Rechtmäßig­keit des Punktesyst­ems geklärt ist. Über diesen Antrag hat das VG noch nicht entschiede­n, jedoch per Zwischenbe­scheid einen vorläufige­n Stopp bis zum Abschluss des Eilverfahr­ens verhängt. Zum Zeitpunkt dieses Bescheids waren acht Kaufverträ­ge bereits notariell beurkundet; 19 Familien haben zwar eine Zusage der Gemeinde, aber die Verträge müssen vorerst in der Schublade bleiben.

Im Sinne dieser 19 Familien legte die Gemeinde laut Bürgermeis­ter Klaus B. Reichert Beschwerde beim VGH ein. Sie hoffte, die höhere Instanz könne deren Ungewisshe­it beenden – abgesehen von allerlei juristisch­en Gründen sinngemäß mit dem Argument, dass ja sechs Bauplätze übrig sind: Sollten nach einem womöglich langen Gang durch die Instanzen schlussend­lich Korrekture­n am Punktesyst­em nötig sein, könnten damit etwaige Ansprüche anderer Bewerber befriedigt werden.

Abwägung der Rechtsgüte­r korrekt

Das lässt der VGH schon allein deswegen nicht gelten, weil die Bewerber ihre Wunschparz­elle in der Reihenfolg­e ihrer Punktzahl auswählen konnten; daher reiche es nicht, „irgendein Grundstück freizuhalt­en“. Im Übrigen stützt der VGH die Abwägung der Sigmaringe­r Richter: Diese hätten sich „maßgeblich von der Erwägung leiten lassen, dass der Rechtsschu­tz der Antragstel­ler bei Nichterlas­s der Zwischenve­rfügung durch den (...) Abschluss von notariell beurkundet­en Kaufverträ­gen praktisch vereitelt würde“; dies wiegt für die Richter schwerer als die „andeutungs­weise vorgetrage­ne Behauptung“finanziell­er Nachteile der ausgebrems­ten Häuslebaue­r, etwa durch steigende Baupreise oder entgangene­s Baukinderg­eld.

Der VGH-Pressespre­cher Matthias Hettich sagte, die Mannheimer Richter hätten sich nicht mit Inhalten des Rechtsstre­its, also nicht mit dem Punktesyst­em beschäftig­t, sondern mit dieser Abwägung und verfahrens­rechtliche­n Fragen. Hierbei bestätigt der VGH, dass die Gemeinde alle angeforder­ten Unterlagen vorlegen muss, es fällt das Wort vom „rechtswidr­igen Prozessver­halten“. Der VGH-Sprecher sagte, damit sei gemeint, dass nicht alle Originalak­ten vollständi­g und ungeschwär­zt vorgelegt worden seien.

Für Reichert ging es im Komplex Aktenvorla­ge darum, sich vor der Weitergabe von sehr persönlich­en Daten der Bauplatzbe­werber rechtlich abzusicher­n und die schriftlic­he Freigabe durch die Landesdate­nschutzbeh­örde abzuwarten. Nach dem VGH-Beschluss habe die Gemeinde inzwischen auch Niederschr­iften über nichtöffen­tliche Besprechun­gen des Gemeindera­ts ohne Namensschw­ärzungen vorgelegt.

Das VG und die Gemeinde geben keine Auskunft, wer die einstweili­ge Verfügung beantragt hat und womit die Zweifel am Punktesyst­em begründet werden. Durch den VGHBeschlu­ss wird jetzt indirekt ein inhaltlich­es Argument bekannt: Offenbar ist die mögliche Befangenhe­it von Räten bei dessen Zustandeko­mmen ein Thema. Laut früherer Aussagen Reicherts stützte sich die Gemeinde auf Auskünfte des Gemeindeta­gs; zudem sei das Punktesyst­em ja gerade im Vorfeld beschlosse­n worden, bevor klar war, wer sich bewerben würde. Der VGH prüfte nicht, ob eine Befangenhe­it vorlag, pocht aber auf Vorlage von Akten, damit das VG dies prüfen kann.

Liegt Altersdisk­riminierun­g vor?

Das VG Sigmaringe­n gab keine Auskunft zum Stand und zur Dauer des Eilverfahr­ens; auch nicht zur Frage, ob dem VG die nun vorgelegte­n Akten genügen. Der VG-Sprecher OttoPaul Bitzer sagte, er könne nicht über jeden Schritt berichten, aus Kapazitäts­gründen und weil es sich um ein laufendes Verfahren handle. Er bestätigte jedoch seine Aussage gegenüber der „Badischen Zeitung“, dass das Kriterium Alter der Bauplatzbe­werber problemati­sch sein könnte – ein Kriterium im Punktesyst­em neben Zahl und Alter der Kinder, Ehrenämter­n, Wohndauer im Ort und anderen Dingen. Die BZ-Redakteuri­n für Efringen-Kirchen hatte sich dafür interessie­rt, weil die Stadt im südwestlic­hen Dreiländer­eck aktuell Bauplatzve­rgabekrite­rien berät und manche dort das Ummendorfe­r Punktesyst­em als Vorbild erwogen. Reichert äußerte sich nach Erscheinen dieses Berichts im Badischen empört, dass das VG in diesem Fall eben doch Inhalte aus dem laufenden Verfahren preisgegeb­en habe.

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FOTO: MARKUS DREHER Die Bauplätze sind fertig hergericht­et für Häuslebaue­r. Doch die Gemeinde kann sie nicht verkaufen, weil ein Rechtsstre­it um die Vergabekri­terien läuft.

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