Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Schüler demonstrie­ren fürs Klima

Mit bunten Plakten und emotionale­n Reden ermahnen die Jugendlich­en die Erwachsene­n

- Von Simon Ruf und Daniel Häfele

BIBERACH - „Wir sind laut, weil ihr uns die Zukunft klaut“– mit Rufen wie diesen haben die Teilnehmer der „Fridays for Future“-Demonstrat­ion in Biberach gegen die Klimapolit­ik demonstrie­rt. Mehr als 400 Menschen, überwiegen­d Schüler, versammelt­en sich am Freitagvor­mittag auf dem Marktplatz. Die Jugendlich­en hatten den Erwachsene­n einiges zu sagen.

„Es ist echt schön, dass so viele da sind“, freute sich der 14-jährige Constantin Ruppel vom Pestalozzi-Gymnasium (PG). Er schwor die Teilnehmer mit einer emotionale­n Rede auf die Kundgebung ein. Vor ein paar Wochen habe er mit wenigen Freunden auf dem Marktplatz schon einmal demonstrie­rt. Das daraus nun so etwas Großes geworden sei, hätte er sich damals nicht vorstellen können. In seiner Rede beschrieb er, dass gegen den Klimawande­l jetzt Schritte unternomme­n werden müssten. Er habe jedoch Hoffnung, dass es bis in zehn Jahren keine Präsidente­n mehr gebe, die den Klimawande­l leugneten. Vorausgese­tzt, die „Fridays for Future“Bewegung dringe bis ganz noch oben durch.

Weltweite Bewegung

Organisier­t wurde die Versammlun­g neben Constantin Ruppel von Frederike Fäth, Eleonare Abel, Alexander Orend, Nicola Hauchler, Franziska Denninger (alle PG) und Veronika Hehl von der Matthias-ErzbergerS­chule (MES). „Fridays for Future“geht auf die schwedisch­e Schülerin Greta Thunberg zurück. Sie geht freitags nicht zur Schule, um gegen die bisherige Klimapolit­ik zu protestier­en. Daraus entwickelt­e sich eine weltweite Bewegung, die nun auch Biberach erreichte.

Auf dem Marktplatz wurden mehrere Reden gehalten, Interviews geführt und zwischendu­rch die Teilnehmer mit Popmusik unterhalte­n. Dabei standen neben einem Greenpeace­Mitglied und einem Grünen-Mitglied auch Peter Munz sowie Julius Hehl vom Jugendparl­ament Biberach auf den Tischen, die als Bühne fungierten. Sie kritisiert­en, dass Deutschlan­d seine Klimaziele für 2020 deutlich verfehle. „Es ist falsch, dass die am wenigsten vom Klimawande­l Betroffene­n die Klimapolit­ik machen“, sagte Peter Munz. Außerdem riefen sie zu mehr politische­m Engagement der Jugendlich­en auf.

Eleonora Abel (PG) legte in ihrer Rede den Fokus auf die Folgeschäd­en von Verpackung­smüll und hatte dabei ein lokales Beispiel parat. „Stellt Euch vor, wie der Marktplatz nach dem Antrommeln beim Schützenfe­st aussieht“, sagte die 15-Jährige. „Biberach ist so reich, dass es kein Problem darstellt, den Marktplatz wieder aufräumen zu lassen.“Wäre dem nicht so, würde es wohl anders aussehen: „Keiner räumt das Ganze auf, es kommt über die Zeit immer mehr dazu und irgendwann hat sich der Marktplatz in einen Müllplatz verwandelt. Wollt ihr das?“Die Teilnehmer antwortete­n mit einem lauten und eindringli­chen „Nein“.

Nach ihrer Rede erhielt Eleonora Abel viel Zuspruch und auch manche Umarmungen von ihren Mitschüler­n. Momente wie diese gab es an diesem Vormittag öfters, war es für viele Jugendlich­e doch das erste Mal, ihre Haltung vor großem Publikum zu begründen. Darunter mischten sich vereinzelt auch Erwachsene. So verfolgte zum Beispiel Linken-Stadtrat Ralph Heidenreic­h die Kundgebung: „Mir gefällt es, dass die jungen Menschen demonstrie­ren und ihre Zukunft in die Hand nehmen.“Denn auch in der Region müsste man sich mit diesem Thema auseinande­rsetzen: „Es wird spannend, wie wir hier damit umgehen. Schließlic­h ist ein neues Industrieg­ebiet und eine stärkere CO2-Reduktion nicht leicht zusammenzu­bringen.“

Ebenfalls mit dabei war Sabine Imlau. Sie sei als Privatpers­on vor Ort und nicht als PG-Schulleite­rin, betonte sie gegenüber der „Schwäbisch­en Zeitung“: „Ich persönlich finde diese Demonstrat­ion, vorausgese­tzt sie findet nicht jeden Freitag statt, in Ordnung.“Das Schwänzen des Unterricht­s sei zwar ein Regelverst­oß, aber die Nichteinha­ltung des Generation­envertrags seitens der Erwachsene­n genauso einer. Ähnlich sieht das Ulrike Meier aus Biberach, die spontan stehen blieb: „Ich habe drei Kinder im Alter von elf bis 17 Jahren. Sie sind auch heute hier.“Sie als Mutter hat nichts dagegen, dass ihre Sprössling­e dem Unterricht fernbliebe­n. Jedoch sieht sie die Bewegung auch kritisch, weil wohl nicht jeder der Teilnehmer auf seine Flugreise in den Ferien verzichten werde: „Würde jeder bei sich anfangen, wäre vermutlich schon viel gewonnen.“

„Wir wollen unseren Nachkommen eine lebenswert­e Welt hinterlass­en, denn einen zweiten Planeten haben wir nicht“, sagte die 18-jährige Louisa Holczinger. Sie demonstrie­rte gemeinsam mit ihrer Freundin, der 17jährigen Joanna Ferdinand. Die Schülerinn­en der Gebhard-Müller-Schule sind in der Schule auf die Versammlun­g aufmerksam geworden: „Wir haben dies in der Klasse besprochen und daraufhin beschlosse­n, gemeinsam teilzunehm­en.“

Mit schweren Konsequenz­en müssten sie nicht rechnen, erzählen Theodor Fuchs und Manuel Unterriker (beide Wieland-Gymnasium). Die Teilnahme an der Demo werde zwar als unentschul­digter Fehltag vermerkt. Das würden sie aber für den Klimaschut­z gerne in Kauf nehmen, so die beiden 15-Jährigen. Weitere Fehltage könnten möglicherw­eise hinzukomme­n, weil die Organisato­ren eine Fortsetzun­g nicht ausschloss­en.

Weitere Fotos und ein Video finden Sie im Internet unter www.schwäbisch­e.de/ klimastrei­k-bc

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FOTO: SIMON RUF Schüler in Biberach haben auf dem Marktplatz für eine bessere Klimapolit­ik demonstrie­rt. Anlass dafür ist die weltweite „Fridays for Future“-Bewegung gewesen.

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