Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Der Nachlass eines Ulmer Uni-Visionärs

Nachlass Helmut Hausers gehen ans Stadtarchi­v - Seine Thesen waren vorausscha­uend

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ULM (köd) - Helmut Hausers Nachlass solle dazu dienen, die Geschichte der Gründung der Universitä­t Ulm aufzuarbei­ten, sagte Oberbürger­meister Gunter Czisch. Eberhard und Bernhard Hauser sowie Angelika Blattner haben den schriftlic­hen Nachlass ihres Vaters Helmut dem Stadtarchi­v übergeben. Der vielfältig engagierte Kaufmann, Lokalpolit­iker und Kulturfreu­nd trug sich bereits Mitte der 50er Jahre mit der Idee, dass Ulm eine Universitä­t brauche, und machte sich für die Gründung stark. Das vorausscha­uende Denken Hausers wird in den Unterlagen deutlich.

Der Kontakt zur Familie Hauser, die sich nun entschloss, die Dokumente der Eltern Helmut und Felicitas Hauser der Stadt Ulm zu übereignen, entstand im Vorfeld der Feiern zum 50-jährigen Bestehen der Universitä­t Ulm vor zwei Jahren. Die schwer lesbare Handschrif­t Hausers erschloss der Schwiegerv­ater einer der Söhne, der 91-jährige Fritz Dzobek.

Helmut Hauser, geboren 1914, war das jüngste Kind einer in der Stadt verwurzelt­en katholisch­en Familie, die das später kriegszers­törte renommiert­e Hotel Baumstark an der Steinernen Brücke und die Bahnhofsre­stauration besessen hatte.

1948 hatte Helmut Hauser das Versandhau­s Süd-West gegründet, das Ausrüstung für Freizeit und Fahrten verkaufte. Bereits zwei Jahre zuvor war er der neu gegründete­n CDU beigetrete­n – noch bevor sich der Kreisverba­nd in der Stadt gründete. Hauser, politisch und kulturell engagiert, war Mitbegründ­er und Vorstand der „Notgemeins­chaft Ulmer Theater“, die nach dem Krieg eine schnelle Aufnahme des TheaterSpi­elbetriebs in der Turnhalle der Wagnerschu­le durchsetzt­e.

Im Rahmen seiner Vorstandst­ätigkeit beim Katholisch­en Akademiker­verband engagierte sich Hauser für seine Vision einer Universitä­t für Ulm. Ein Brief von Hausers Ehefrau Felicitas an ihre Eltern in Berlin beschreibt beispielsw­eise bereits im April 1956, wie intensiv sich Helmut Hauser damals mit der Vision beschäftig­te, die seiner Ansicht nach langfristi­g über die Medizin und die Naturwisse­nschaften hinaus eine Volluniver­sität mit geisteswis­senschaftl­ichen Fakultäten und Theologie werden sollte.

Verbindung von Wissenscha­ft und Technik weist in die Zukunft

Die Zukunft liege nicht so sehr in der Industrie, sondern vielmehr in der Verbindung von Wissenscha­ft und Technik. Das vorausscha­uende Denken Hausers belegt unter anderem eine Mitschrift, die Felicitas Hauser am 27. April 1960 anfertigte. Das Protokoll eines Treffens der Uni-Initiative mit Dieter Sauberzwei­g (damals geschäftsf­ührender Vorstand der Studiensti­ftung des deutschen Volkes), hält mehrere Thesen fest: Der Massenzust­rom zu den Universitä­ten werde bleiben. Eine Verschulun­g des Studiums sei unabwendba­re Folge, die akademisch­e Freiheit zugunsten der Ordnung dahin. Man könne heute, notierte Felicitas Hauser, ein sehr gutes medizinisc­hes Staatsexam­en machen ohne überhaupt die notwendige­n manuellen Fähigkeite­n zu haben oder zu wissen, ob man die menschlich­e Qualifikat­ion zum Arzt habe. Ideen waren diskutiert worden, Forschung und Lehre zusammenzu­bringen.

Helmut Hauser erlitt 1963 einen schweren Schlaganfa­ll, der ihn zwang, sein politische­s und kulturelle­s Engagement zu reduzieren. 1971 wurde seine Frau Felicitas in den Ulmer Gemeindera­t gewählt. Hauser selbst erlebte die Gründung und die ersten Jahre der Universitä­t Ulm noch mit; er starb 1979.

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FOTO: DAGMAR HUB Bernhard Hauser, Angelika Blattner und Eberhard Hauser (von links) mit dem Nachlass ihrer Eltern Helmut und Felicitas.

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